Frist für die Kündigungsschutzklage – Berechnung, Versäumnis & mehr
Wenn der Arbeitgeber Ihnen kündigt, können Sie gegen die Entlassung klagen. Allerdings gilt eine kurze Frist für die Kündigungsschutzklage. In diesem Beitrag erläutern wir, was Sie über die Klagefrist für eine Kündigungsschutzklage wissen müssen.
Wie lang ist die Frist für die Kündigungsschutzklage?
Die Frist für die Kündigungsschutzklage beträgt nur drei Wochen. Sie beginnt mit dem Zugang der Kündigung (§ 4 KSchG). Wenn Sie nicht innerhalb der drei Wochen klagen, wird die Kündigung in aller Regel wirksam – selbst wenn der Arbeitgeber Ihnen nicht hätte kündigen dürfen.
Diese Klagefrist betrifft alle Arten von Kündigungen durch den Arbeitgeber, also sowohl die ordentliche als auch die außerordentliche und fristlose Kündigung. Die 3-wöchige Klagefrist gilt auch für Arbeitnehmer, die in sogenannten Kleinbetrieben beschäftigt sind, obwohl hier ein deutlich schwächerer Kündigungsschutz herrscht (§ 23 Abs. 1 KSchG).
Beispiel:
Arbeitnehmer A erhält am 05.06.2024 per Einschreiben mit Rückschein eine Kündigung seines Arbeitgebers. Er muss nun innerhalb von drei Wochen gegen die Kündigung vorgehen, sonst wird die Entlassung endgültig wirksam.
Zum Ablauf und zur Dauer der Kündigungsschutzklage, erfahren Sie mehr im verlinkten Beitrag.
Wie berechne ich die Frist der Kündigungsschutzklage?
Manchmal fällt es schwer, den Ablauf der Klagefrist richtig zu bestimmen. Mit den folgenden Schritten gelingt die richtige Fristberechnung.
Schritt 1: Zugang der Kündigung bestimmen
Damit die Klagefrist überhaupt zu laufen beginnt, muss die Kündigung dem Arbeitnehmer wirksam zugehen.
Der Zugang ist nicht leicht zu bestimmen. Einfacher ist es, wenn Sie zunächst vom Datum auf Ihrem Kündigungsschreiben ausgehen. Wenn seit diesem Tag weniger als drei Wochen vergangen sind, können Sie in jedem Fall noch klagen.
Wenn Sie die Klagefrist aber exakt bestimmen möchten, müssen Sie den genauen Zugangszeitpunkt ermitteln. Wann das der Fall ist, hängt von der Art der Übergabe der Kündigung ab.
Persönliche Übergabe der Kündigung: Übergibt der Arbeitgeber Ihnen die Kündigung persönlich, geht die Kündigung mit der Übergabe sofort zu.
Kündigung per Post: Eine Kündigung per Post geht nicht gleich mit dem Einwurf zu. Der Zugang erfolgt erst in dem Zeitpunkt, in dem der Empfänger üblicherweise das nächste Mal den Briefkasten leert.
Regelmäßig ist mit einer Leerung am Nachmittag nach der Arbeit zu rechnen. Ob ein Zugang noch am selben Tag erfolgt, hängt von den üblichen Postzustellungszeiten an Ihrem Wohnort ab. Erhalten Sie Ihre Post beispielsweise bis 14:00 Uhr, ist ein Zugang noch am selben Tag wahrscheinlich.
Wenn der Arbeitgeber Ihnen per Einwurf-Einschreiben kündigt, wird grundsätzlich vermutet, dass die Kündigung zu den üblichen Postzustellzeiten eingeworfen wurde. Zumindest gilt das, wenn Mitarbeiter der Deutschen Post die Sendung zugestellt haben. Man spricht von einem Anscheinsbeweis. Wenn Sie diesen entkräften wollen, müssen Sie beweisen, dass gerade kein typischer Fall vorlag; das mag etwa bei Zustellung durch einen anderen Postdienstleister sein, der nicht entsprechend den Zustellzeiten der Deutschen Post arbeitet (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20.06.2024, Az. 2 AZR 213/23).
Achtung: Wann Sie die Kündigung tatsächlich zur Kenntnis nehmen, ist für die Fristberechnung unerheblich. Der Zugang setzt nur voraus, dass die Kündigung unter normalen Umständen zur Kenntnis genommen werden kann. Eine tägliche Leerung des Briefkastens ist unter normalen Umständen üblich. Wer seinen Briefkasten nur gelegentlich leert oder für mehrere Tage verreist, verhindert dadurch nicht den Zugang der Kündigung.
Beispiel:
Arbeitgeber B kündigt dem Arbeitnehmer A. Der Postbote wirft den Brief mit der Kündigung am Montag, den 01.07.2024 um 18:30 Uhr in den Briefkasten des A ein. Weil A wegen einer geplanten Operation im Krankenhaus ist, findet er den Brief erst am Freitag, den 12.07.2024.
Mit einer abendlichen Leerung ist nicht mehr zu rechnen. Eine Leerung am darauffolgenden Tag ist aber zu erwarten. Der Krankenhausaufenthalt des A hindert den Zugang nicht. Die Kündigung ist daher am Dienstag, den 02.07.2024 zugegangen.
Bei einer längeren Urlaubsreise oder anderweitigen Verhinderungsgründen ist es ratsam, jemanden um regelmäßige Leerung zu bitten. So verhindern Sie eine böse Überraschung nach dem Urlaub.
Schritt 2: Fristende berechnen
Die Frist für die Kündigungsschutzklage endet in aller Regel am selben Wochentag, an dem die Kündigung zugegangen ist.
Beispiele:
- Die Kündigung ist an einem Montag zugegangen. Die Klagefrist läuft deshalb am Montag in drei Wochen ab.
- Die Kündigung ist am Donnerstag zugegangen. Am Donnerstag in drei Wochen läuft sie ab.
Die Klagefrist endet stets erst mit Ablauf des Tages, also um 24:00 Uhr.
Aber Vorsicht: Die Frist endet nie an einem Feiertag, einem Samstag oder einem Sonntag. Fällt das Fristende auf einen solchen Tag, läuft die Frist erst mit Ablauf des nächsten Werktages ab.
Beispiel:
Arbeitnehmer A ist die Kündigung am Samstag, den 06.07.2024 zugegangen. Das Fristende fällt deshalb – eigentlich – auf Samstag, den 27.07.2024. Die Klagefrist verlängert sich aber bis zum Ablauf des Montag, den 29.07.2024.
Bei einer Kündigung beispielsweise zur Osterzeit kann sich die Klagefrist also deutlich verlängern. Fällt das Fristende auf Karfreitag, verlängert sich die Klagefrist bis zum darauffolgenden Dienstag, 24:00 Uhr, weil Karfreitag und Ostermontag als Feiertage nicht mitgezählt werden und ein Fristende am Samstag und Sonntag ebenfalls ausscheidet.
Achtung: Es reicht nicht aus, dass Sie die Klage innerhalb der Klagefrist zur Post geben. Droht Fristablauf, können Sie die Klage im äußersten Fall durch Einwurf in den Nachtbriefkasten des Arbeitsgerichts vor Mitternacht noch rechtzeitig einreichen. Ihr Anwalt wird ohnehin den (schnelleren) elektronischen Weg wählen. Eine Kündigungsschutzklage ohne Anwalt empfehlen wir nicht.
Ist eine Verlängerung der Klagefrist möglich?
Grundsätzlich kann die Klagefrist nicht verlängert werden. Das gilt selbst dann, wenn sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer auf eine längere Klagefrist einigen.
Ausnahmsweise kann das Arbeitsgericht aber verpflichtet sein, eine verspätete Klage zuzulassen (§ 5 KSchG).
Die Arbeitsgerichte gehen mit dieser Möglichkeit sehr zurückhaltend um. Ob ausnahmsweise eine verspätete Kündigungsschutzklage noch zugelassen werden muss, hängt stets von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab.
In der Praxis haben sich nur wenige Fallgruppen herausgebildet, in denen eine nachträgliche Zulassung der Klage möglich erscheint:
- Krankenhausaufenthalt, der Sie an einer schriftlichen oder telefonischen Kommunikation hindert (z.B. wegen künstlichen Komas)
- Arbeitgeber und Arbeitnehmer einigen sich auf einen Abwicklungsvertrag, der sich nachträglich als unwirksam herausstellt. Der Arbeitnehmer konnte dies trotz sorgfältiger Bemühungen nicht erkennen.
- Arglistige Täuschung des Arbeitgebers (z.B. Mitteilung, dass die Kündigung zurückgenommen werde und der Arbeitnehmer ruhig in den Urlaub fahren könne. Tatsächlich wird die Kündigung jedoch nicht zurückgenommen.)
Liegt ein möglicher Ausnahmefall vor, müssen Sie einen Antrag auf Zulassung der Klage stellen. Das ist nur innerhalb von zwei Wochen nach Behebung des Hindernisses möglich (bspw. zwei Wochen nach Erwachen aus dem künstlichen Koma und Wiederherstellung der Kommunikationsfähigkeit). Die Frist endet allerspätestens aber sechs Monate nach Ablauf der Klagefrist.
Klagefrist versäumt – Was passiert?
Verstreicht die Klagefrist und ist auch keine nachträgliche Zulassung möglich, wird die Kündigung wirksam (§ 7 KSchG). Sie beendet Ihren Arbeitsvertrag also auch dann, wenn tatsächlich kein Kündigungsgrund bestand.
Beispiel:
Arbeitgeber B kündigt dem A verhaltensbedingt, weil er meint, dieser habe Inventar gestohlen. A erhebt keine Klage, weil er nicht weiß, wie er sich gegen den Vorwurf wehren soll. Später erkennt B, dass nicht A, sondern C das Inventar gestohlen hatte. Die Kündigung ist nach Ablauf der 3-Wochen-Frist dennoch wirksam.
Die Hürde für eine wirksame Kündigung liegt hoch. Arbeitnehmer sollten daher eine Kündigungsschutzklage stets in Erwägung ziehen. Besonders häufig können Sie per Kündigungsschutzklage eine Abfindung erzielen.
Wird die Kündigung wegen Ablaufs der Klagefrist wirksam, sinken die Chancen auf eine hohe Abfindung drastisch.
Der Arbeitnehmer verliert in dem Fall sein stärkstes Druckmittel, denn Kündigungsschutzprozesse sind für den Arbeitgeber stets mit Zeitaufwand und Kosten verbunden. In vielen Fällen bieten Arbeitgeber daher stattdessen eine höhere Abfindung an, um einen lästigen Prozess loszuwerden.
Eine Klage ist nur dann nicht notwendig, wenn nicht einmal eine schriftliche Kündigung vorliegt.
Beispiel:
Arbeitgeber D ruft am 05.06.2024 den Arbeitnehmer A in sein Büro und spricht mündlich eine Kündigung aus. Am 30.06.2024 kündigt er dem A schriftlich. A erhebt am 01.07.2024 umgehend Kündigungsschutzklage. D meint die Kündigung sei wegen Ablauf der Dreiwochenfrist wirksam.
Im Beispiel ist die Dreiwochenfrist noch nicht abgelaufen, weil diese erst mit Zugang der schriftlichen Kündigung beginnt (§ 4 KSchG). Eine mündliche Kündigung ist stets unwirksam – selbst nach Ablauf der Klagefrist.
Fazit
- Arbeitnehmer können nur innerhalb von drei Wochen nach Erhalt der Entlassung Kündigungsschutzklage erheben.
- Verstreicht die Klagefrist, wird die Kündigung automatisch wirksam.
- Die Klagefrist beginnt am Tag nach Erhalt der Kündigung und endet in der Regel nach drei Wochen am selben Wochentag.
- Fällt das Fristende auf einen Samstag, Sonntag oder Feiertag, verlängert sich das Fristende auf den nächsten Werktag.
- Nur in seltenen Ausnahmefällen kann die Kündigungsschutzklage auch noch nach Ablauf der Klagefrist zugelassen werden.
- Verstreicht die Klagefrist, verlieren Arbeitnehmer ein wichtiges Druckmittel für eine höhere Abfindung.
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