Kündigung im öffentlichen Dienst erfolgreich angreifen
Besonders ein staatlicher Arbeitgeber muss sich an Regeln halten, gerade bei Kündigungen. Angestellte im öffentlichen Dienst sind durch den TVöD vor Kündigungen gut geschützt.
Dieser Beitrag klärt Sie über die Kündigung im öffentlichen Dienst auf.
Kündigungsfrist im öffentlichen Dienst
Für den öffentlichen Dienst gelten Kündigungsfristen. Sowohl Angestellte als auch Arbeitgeber müssen sie bei ihrer Kündigung einhalten.
Anknüpfungspunkt ist die Dauer der Betriebszugehörigkeit. Die Länge der Kündigungsfrist für unbefristete Arbeitsverhältnisse steigt mit der Dauer der Beschäftigungsdauer stetig an.
Die Kündigungsfristen im öffentlichen Dienst sind etwas länger als in den meisten privatwirtschaftlichen Arbeitsverträgen:
Betriebszugehörigkeit | Kündigungsfrist |
< 6 Monate | 2 Wochen zum Monatsende |
< 1 Jahr | 1 Monat zum Monatsende |
> 1 Jahr | 6 Wochen zum Quartalsende |
> 5 Jahre | 3 Monate zum Quartalsende |
> 8 Jahre | 4 Monate zum Quartalsende |
> 10 Jahre | 5 Monate zum Quartalsende |
> 12 Jahre | 6 Monate zum Quartalsende |
Besonderer Kündigungsschutz nach § 34 TVöD
Angestellte des öffentlichen Dienstes genießen Kündigungsschutz. Das heißt, dass der Arbeitgeber eine Kündigung aufwendig rechtfertigen muss. Auf die einzelnen Kündigungsgründe gehen wir im nächsten Abschnitt noch ein.
Besonders weit reicht der Kündigungsschutz für langjährige Angestellte des öffentlichen Dienstes:
Wenn Sie über 40 Jahre alt sind und seit mindestens 15 Jahren für denselben Dienstherrn tätig sind, kann Ihr Arbeitgeber Ihnen nicht mehr ordentlich kündigen. Selbst wenn also einer der Kündigungsgründe aus dem nächsten Abschnitt vorliegen sollte, sind Sie vor einer Kündigung sicher. Das gilt jedenfalls, wenn Ihr Dienstsitz in einem der alten Bundesländer liegt, denn nur hier gilt der tarifliche Sonderkündigungsschutz.
Dem Dienstherrn bleibt dann einzig die außerordentliche Kündigung, wenn er sich von Ihnen trennen möchte. Daneben können Sie natürlich einen einvernehmlichen Aufhebungsvertrag abschließen, der aber von Ihrem Willen abhängig ist.
Gründe für eine Kündigung im öffentlichen Dienst
Wie erwähnt, darf der Arbeitgeber im öffentlichen Dienst nicht einfach kündigen. Er benötigt einen Kündigungsgrund. Im Folgenden finden Sie typische Kündigungsgründe mit Beispielen aufgelistet.
Achtung: Wenn Sie gegen Ihre Kündigung vorgehen möchten, haben Sie ab Zugang nur drei Wochen Zeit, um Kündigungsschutzklage zu erheben.
Kündigung wegen Krankheit im öffentlichen Dienst
Eine Erkrankung kann Ihren Arbeitgeber möglicherweise zur Kündigung berechtigen. Ihre Arbeitskraft muss dabei so eingeschränkt sein, dass Sie nicht mehr effektiv arbeiten können. Ferner bestehen folgende drei Voraussetzungen:
- Ihre Gesundheitsprognose ist negativ und eine Verbesserung Ihres Gesundheitszustands nicht absehbar. Sie werden voraussichtlich also in den nächsten Monaten nicht wieder vollständig einsetzbar sein. Der Arbeitgeber verweist dafür meist auf die Fehlzeiten in der Vergangenheit. Sie können dem z.B. entgegentreten, indem Sie eine positive Gesundheitsprognose Ihres Arztes vorlegen.
- Das Kündigungsinteresse überwiegt dem Interesse an einer Weiterbeschäftigung. Das bedeutet, dass Ihr Arbeitgeber durch Ihre Weiterbeschäftigung stärker beeinträchtigt ist, als Sie durch Ihre Kündigung. Grund kann etwa sein, dass der Betriebsablauf erheblich gestört ist, wenn Ihre Stelle unbesetzt bleibt.
- Es darf kein milderes Mittel als die Kündigung geben. Ein solches kann etwa Ihre Weiterbeschäftigung auf einer anderen Stelle sein, die Sie gesundheitlich weniger beansprucht.
Brisant sind Kündigungen wegen psychischen Erkrankungen vorliegt. Hier ist besonders hilfreich, wenn Sie eine positive Aussage über Ihre Gesundheitsprognose von einem Arzt vorlegen können. Einige Kündigungen wegen psychischer Erkrankungen scheitern auch daran, dass dem psychisch Erkrankten Teilzeitarbeit oder eine Versetzung helfen würden. Der Betroffene sollte dann klagen.
Auskunft über eine psychische Erkrankung müssen Sie Ihrem Arbeitgeber übrigens nur erteilen, wenn dieser ein berechtigtes Interesse daran hat. Es muss also ein Bezug zur konkreten Arbeitsleistung bestehen.
Bsp.: Auskunft über soziale Phobie bei einem Angestellten mit direktem Kundenkontakt.
Betriebsbedingte Kündigung im öffentlichen Dienst
Auch ohne Ihr Zutun kann Ihr Arbeitgeber berechtigt sein, Sie unter gewissen Umständen zu kündigen. Man spricht von dringenden betrieblichen Gründen, die eine Kündigung rechtfertigen.
Im öffentlichen Dienst sind solche Kündigungen allerdings ein Sonderfall. Es gelten viele Sondervorschriften zur Personalplanung und auch der Tarifvertrag sorgt für zusätzliche Sicherheit der Stellen.
Bsp. für valide betriebsbedingte Kündigungsgründe:
- Streichung einer konkreten Stelle aus dem Haushaltsplan
- Anweisung, den Personalbestand auf ein bestimmtes Niveau zu senken
Doch auch, wenn ein valider Kündigungsgrund besteht, sind Sie nicht der Willkür Ihres Arbeitgebers ausgesetzt. Der Arbeitgeber hat eine Sozialauswahl zu treffen. Das bedeutet, dass er diejenigen Arbeitnehmer zu entlassen hat, die eine Kündigung am ehesten verkraften.
Dazu muss der Arbeitgeber zunächst ermitteln, welche Arbeitnehmer untereinander vergleichbar sind. Grundsätzlich sind Angestellte vergleichbar, die ähnlich verdienen und gleichen Tätigkeiten nachgehen, möglicherweise sogar in derselben Abteilung.
Sodann hat der Arbeitgeber grundsätzlich diejenigen vorrangig zu entlassen, die am wenigsten schutzwürdig und auf dem Arbeitsmarkt am einfachsten zu vermitteln sind. Grundsätzlich gilt:
- Alte Personen sind schutzwürdiger als junge Personen. Das gilt für rentennahe Jahrgänge allerdings nicht zwingend.
- Schwerbehinderte sind schutzbedürftig.
- Personen, die anderen Unterhalt leisten müssen, sind schutzbedürftig.
- Personen, die dem Betrieb schon lange angehören, sind schutzbedürftig.
Wenn Sie als schutzwürdige Person entlassen wurden und weniger schutzwürdige Kollegen von einer Entlassung verschont geblieben sind, können Sie Ihre Kündigung unter Umständen angreifen.
Kündigung im öffentlichen Dienst wegen schlechter Arbeit
Der Arbeitgeber kann Sie kündigen, wenn Sie Ihre arbeitsvertraglichen Pflichten nicht oder nur unzureichend erfüllen. Erforderlich ist, dass Sie das Vertrauen Ihres Arbeitsgebers so schädigen, dass Ihre Kündigung wegen Schlechtleistung verhältnismäßig ist.
Bsp.: Arbeitszeitbetrug, Arbeitsverweigerung, wiederholte Verspätungen.
Zuvor ist allerdings grundsätzlich eine Abmahnung notwendig. Hat Ihr Arbeitgeber Ihnen ohne vorherige Abmahnung verhaltensbedingt gekündigt, so ist die Kündigung in aller Regel unwirksam.
Außerordentliche/fristlose Kündigung im TVöD
Auch im öffentlichen Dienst kann es zu außerordentlichen Kündigungen kommen. Sie sind allerdings besonders fehleranfällig.
Fristlose Kündigung im öffentlichen Dienst
Außerordentliche Kündigungen sind oft fristlos. Fristlose Kündigungen kommen meist nur in Betracht, wenn der Angestellte einen schweren Fehler gemacht hat. Man spricht von einem wichtigen Grund:
- Diebstahl / Betrug zu Lasten des Arbeitgebers.
- Sexuelle Belästigung oder Tätlichkeiten im Betrieb.
- Beharrliche Arbeitsverweigerung.
- Sonderfall im öffentlichen Dienst: Annahme von Schmiergeld.
Besonders dem letzten Punkt sollten Sie Ihre Aufmerksamkeit widmen. Sobald Sie ein Geschenk annehmen und dadurch eine dienstliche Beeinflussung droht, ist eine fristlose Kündigung nicht weit.
Die außerordentliche fristlose Kündigung muss spätestens zwei Wochen nach Kenntnis des Grundes erklärt werden. Obendrein besteht das Gebot der Verhältnismäßigkeit. Lässt sich der Kündigungsgrund anderweitig effektiv ausräumen, ist die Kündigung zu einschneidend und deshalb rechtswidrig.
Außerordentliche Kündigung mit Frist
Eine außerordentliche Kündigung ist nicht automatisch fristlos.
Hauptfall einer außerordentlichen Kündigung mit Frist ist die Betriebsstillegung. Bekannt ist dies auch als außerordentliche Kündigung ohne Verschulden. Betroffen sind die sog. unkündbaren Angestellten, bei denen eine ordentliche Kündigung ausgeschlossen ist (s. Abschnitt 2). Die Frist entspricht der theoretischen Kündigungsfrist, wenn kein Fall der Unkündbarkeit vorliegen würde.
Abfindung im öffentlichen Dienst
Falls Sie betriebsbedingt gekündigt wurden, greift der Rationalisierungsschutz. Sie erhalten also kampflos eine Abfindung, die im Tarifvertrag festgeschrieben ist. Bei langer Beschäftigungszeit und hohem Lebensalter sind bis zu 18 Monatsgehälter möglich.
Im Falle eines anderen Kündigungsgrundes können Sie oft eine Abfindung aushandeln. Hintergrund ist, dass viele Kündigungen unwirksam sind. Sollte sich Ihre Kündigung tatsächlich als unwirksam herausstellen, müsste Ihr Arbeitgeber für die gesamte Prozessdauer den Lohn nachzahlen. Um einen langen und teuren Prozess zu vermeiden, können Sie, gegen Klageverzicht, eine Abfindungszahlung Ihres Arbeitgebers vereinbaren. Die Einhaltung der Klagefrist (3 Wochen nach Erhalt der Kündigung) ist für diesen Weg allerdings zwingend!
Häufig beginnen die Verhandlungen bei einem halben Bruttomonatsgehalt pro Beschäftigungsjahr. Allerdings können Sie in vielen Fällen mehr herausholen.
Eine Abfindung ist auch in Aufhebungsverträgen (nächster Abschnitt) frei verhandelbar.
Aufhebungsvertrag im TVöD
Der Aufhebungsvertrag ist eine Alternative zur Kündigung.
Durch einen einvernehmlichen Aufhebungsvertrag erlischt das Arbeitsverhältnis ohne eine Kündigung. Die Anforderungen sind im Vergleich zur Kündigung minimal: Sie können jederzeit mit Ihrem Arbeitgeber einvernehmlich einen solchen Vertrag ohne jegliche Fristen beschließen. Geregelt ist der Aufhebungsvertrag in § 33 Abs. 1 b) TVöD.
Da der Arbeitgeber an keine Kündigungsschutzgesetze mehr gebunden ist, lohnt sich ein solcher Vertrag meist nur gegen Vereinbarung einer hohen Abfindung! Zudem besteht für Sie das Risiko einer Ruhens- und Sperrzeit beim Arbeitslosengeld I. Sie erhalten dann nur mit Verzögerung und insgesamt weniger ALG I.
Fazit
- Die Kündigungsfrist im öffentlichen Dienst steigt mit wachsender Betriebszugehörigkeit stetig an.
- Sie genießen im öffentlichen Dienst hohen Kündigungsschutz. Ihr Arbeitgeber darf nur kündigen, wenn verhaltens-, personen- oder betriebsbedingte Gründe vorliegen.
- Ab 40 Lebensjahren und mit 15 Jahren Betriebszugehörigkeit sind Sie ordentlich unkündbar!
- Eine außerordentliche fristlose Kündigung ist nur mit wichtigem Grund zulässig. Sie kommt nur ausnahmsweise in Betracht, etwa bei besonders schwerwiegenden Verfehlungen.