Zugang der Kündigung eines Arbeitsvertrags: Wirksamkeit und Voraussetzungen
Eine Kündigung ist empfangsbedürftig – das heißt, dass sie erst mit dem Zugang beim Gekündigten wirksam ist. Doch wann genau ist eine Kündigung auch zugegangen? Welche Besonderheiten gelten, wenn der Arbeitnehmer im Urlaub ist oder wenn die Kündigung per Einschreiben versandt wird?
Dieser Beitrag beantwortet Ihnen alle Fragen zum Zugang der Kündigung im Arbeitsrecht!
Bedeutung des Zugangs der Kündigung im Arbeitsrecht
Die Wirksamkeit einer Kündigung hängt nicht allein davon ab, dass sie korrekt formuliert ist. Entscheidend ist, ob und wann diese dem Kündigungsempfänger tatsächlich zugegangen ist. Die Kündigungserklärung muss in einer Weise zugehen, die dem Arbeitnehmer unter normalen Umständen die Kenntnisnahme ermöglicht. In der Praxis beeinflusst der genaue Zeitpunkt des Zugangs oft maßgeblich, ob zum Beispiel Klagefristen (insbesondere nach dem Kündigungsschutzgesetz) eingehalten werden und wann ein Arbeitsverhältnis tatsächlich endet.

Bedeutung des Zugangs der Kündigung im Arbeitsrecht
Zugang der Kündigung unter Anwesenden
Persönliche Übergabe
Am einfachsten und rechtssichersten gelingt der Zugang, wenn beide Parteien einander begegnen – etwa am Arbeitsplatz oder in einem Besprechungsraum – und der Arbeitgeber das Kündigungsschreiben überreicht. In diesem Moment ist die Kündigung wirksam zugegangen. Wer sicherstellen möchte, dass keine späteren Streitigkeiten über den Zeitpunkt des Zugangs entstehen, lässt sich am besten den Erhalt auf einer Kopie des Kündigungsschreibens quittieren oder nimmt einen Zeugen hinzu.
Beispiel: Sie wollen einem Arbeitnehmer in einer Arztpraxis kündigen. Sie treffen ihn morgens am Empfangstresen und übergeben das Schreiben. Sobald er den Inhalt der Kündigung erfassen kann, ist der Zugang vollendet. Bestätigt er den Empfang noch auf einer Kopie mit Datum und Unterschrift, haben Sie später einen klaren Nachweis.
Mögliche Problemfälle bei persönlicher Übergabe
Falls ein Mitarbeiter die Entgegennahme verweigert, kann es dennoch zum Zugang kommen. Beispielsweise, wenn dem Arbeitnehmer erkennbar wird, dass es sich um ein Kündigungsschreiben handelt und er es sichtbar zurückweist. Hier empfiehlt es sich jedoch stets, Zeugen einzuschalten. Besteht keine Möglichkeit, dem Mitarbeiter das Dokument direkt in die Hand zu geben, greift der Zugang unter Abwesenden.
Zugang der Kündigung unter Abwesenden
Nach § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB gilt die Willenserklärung als zugegangen, sobald sie so in den Machtbereich des Empfängers gelangt ist, dass unter gewöhnlichen Umständen mit deren Kenntnisnahme zu rechnen ist. In Arbeitsverhältnissen ist dies bei Einschaltung der Post oder beim Einwurf in den Hausbriefkasten der Regelfall – allerdings nur, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind.
Der entscheidende Zeitpunkt richtet sich nach der Verkehrsanschauung. Es zählt also der Zeitpunkt, wann der Arbeitnehmer die Kündigung objektiv und unter gewöhnlichen Verhältnissen erfasst.

Zugang der Kündigung unter Abwesenden
Beispiel: Sie sind Arbeitgeber und werfen das Kündigungsschreiben an einem Dienstag um 15 Uhr in den Briefkasten des Arbeitnehmers. Selbst wenn dieser an dem Tag erst um Mitternacht nach Hause kommt, gilt das Schreiben als bereits am Dienstagabend zugegangen, weil ein Briefkasten üblicherweise am gleichen Tag noch kontrolliert wird.
Welche Besonderheiten sind beim Zugang unter Abwesenden zu beachten?
Einwurf in den Hausbriefkasten
Der Einwurf in den Hausbriefkasten sorgt dafür, dass die Kündigung wirksam zugestellt ist, sobald unter normalen Umständen (z.B. am frühen Abend) die Möglichkeit besteht, sie herauszunehmen. Ist ein Brief dagegen erst sehr spät abends, z. B. nach 20 Uhr eingeworfen worden, ist die Kenntnisnahme erst am nächsten Tag wahrscheinlich. In jedem Fall sollten Sie sich nicht nur auf bloße Vermutungen verlassen, wenn es rechtlich „eng“ werden könnte. Manchmal ist ein neutraler Bote und eine schriftliche Dokumentation des Einwurfs die sichere Variante.
Spätere Leerungszeiten oder Wochenendzustellung
Zusteller arbeiten inzwischen sehr unterschiedlich. Kommt die Post bei Ihnen erst nachmittags an, kann das durchaus die Einschätzung der „üblichen Postzustellzeiten“ beeinflussen. In der Rechtsprechung hat sich etabliert, dass allgemein die Arbeitszeiten von Postbediensteten maßgeblich sind. Das bedeutet, selbst wenn eine Sendung erst spät am Tag eingeworfen wird, kann dies nach wie vor als „am selben Tag zugestellt“ gelten, sofern es noch im Rahmen üblicher Abläufe liegt.
Wer muss den Zugang der Kündigung beweisen?
Wer trägt die Beweislast für den Zugang einer Kündigung?
Die Rechtsprechung ist eindeutig: Immer derjenige, der sich auf den Zugang einer Kündigung beruft, muss diesen auch beweisen. Spricht ein Arbeitgeber eine Kündigung aus und kommt es zum Rechtsstreit, hat er das Gericht vom Zugang der Kündigung zu überzeugen.

Wer muss den Zugang der Kündigung beweisen?
Risiken bei fehlendem Nachweis
Kommt ein Arbeitgeber seiner Beweislast nicht nach, gilt die Kündigung als nicht zugegangen und damit als unwirksam. Reine Vermutungen oder ein Ausdruck des Sendungsstatus (zum Beispiel: „Die Sendung wurde zugestellt“) reichen alleine nicht aus, wenn das Gericht dieses Indiz für nicht hinreichend hält. So betonte das Bundesarbeitsgericht in einem aktuellen Fall, dass ein bloßer Einlieferungsbeleg ohne das entsprechende Auslieferungsprotokoll oder einen eindeutig identifizierten Zusteller keine ausreichende Beweiskraft hat (BAG, Urt. v. 30.01.25, 2 AZR 68/24).
Beispiel: Sie sind Arbeitgeber und verschicken die Kündigung per Einwurf-Einschreiben. Einen Auslieferungsbeleg fordern Sie jedoch nicht an. Später bestreitet Ihre Arbeitnehmerin, das Schreiben je erhalten zu haben. Ohne Auslieferungsbeleg oder Zeugenaussage des Zustellers stehen Sie vor dem Problem, den Beweis für den rechtzeitigen Zugang nicht erbringen zu können.
Welche Besonderheiten gelten beim Post-Versand bzw. Einschreiben?
Einwurf-Einschreiben und Auslieferungsbeleg
Das Einwurf-Einschreiben wird oft gewählt, um Zustellung und Zeitpunkt zu dokumentieren. Doch Achtung: Ein Einlieferungsbeleg, der lediglich beweist, dass ein Brief verschickt wurde, reicht meist nicht, um einen sicheren Nachweis für den tatsächlichen Zugang zu erbringen. Entscheidend ist der Auslieferungsbeleg, auf dem der zustellende Postangestellte den Einwurf in den Briefkasten und das Datum bestätigt. Ohne diese Auslieferungsbestätigung kann ein Gericht den Zugang anzweifeln.

Welche Besonderheiten gelten beim Post-Versand bzw. Einschreiben?
Beispiel: Sie haben als Arbeitgeber eine Kündigung per Einwurf-Einschreiben verschickt. Sie heben nur den Einlieferungsbeleg auf. Zwei Monate später behauptet der Arbeitnehmer, er habe nichts erhalten. Ist der Auslieferungsbeleg in der Zwischenzeit nicht von der Post anforderbar oder nicht auffindbar, fehlt Ihnen ein entscheidendes Beweismittel. Eine Quittung über die Aufgabe allein genügt nicht als Zugangsbeweis.
Einschreiben mit Rückschein
Auch das Einschreiben mit Rückschein ist keine sichere Garantie, da der Empfänger unter Umständen die Annahme verweigern kann. Zwar kann in solchen Fällen ein Zugang gegeben sein, wenn der Empfänger absichtlich verhindert, dass er das Schreiben erhält. Dennoch kann es einfacher sein, auf die persönliche Zustellung durch einen Boten zurückzugreifen, der den Einwurf protokolliert oder die Übergabe bezeugt.
Geeignete Alternativen
Alternativ lassen sich spezialisierte Zustelldienste oder Kurierdienste nutzen, bei denen der Überbringer nachweislich dokumentiert, wer wann das Schreiben erhalten hat. Für eine solide Beweisführung sind detailgenaue Protokolle oder Empfangsbestätigungen unverzichtbar.
Was gilt, wenn der Arbeitnehmer im Urlaub ist?
Keine Verschiebung des Zugangs
Der Urlaub des Arbeitnehmers ändert an der rechtlichen Bewertung nichts: Die in den Briefkasten geworfene Kündigung ist zugegangen, sobald nach den üblichen Umständen mit einer Leerung zu rechnen wäre. Es spielt keine Rolle, dass der Arbeitnehmer möglicherweise erst nach seiner Rückkehr Kenntnis nimmt. Wer abwesend ist, sollte Vorkehrungen treffen (z.B. durch Familienmitglieder, Nachbarn oder eine Urlaubsvertretung), denn die gesetzlichen Fristen laufen dennoch. Das gilt sogar, wenn der Arbeitgeber die Abwesenheit des Arbeitnehmers kennt!
Beispiel: Sie als Arbeitgeber wissen, dass Ihre Mitarbeiterin drei Wochen im Sommerurlaub ist und werfen das Kündigungsschreiben in ihren Hausbriefkasten. Auch wenn sie erst nach ihrer Rückkehr davon erfährt, gilt die Kündigung als zum Einwurftag zugegangen. Damit laufen auch ab diesem Zeitpunkt etwaige Klagefristen.
Mögliche Ausnahmen
Ausnahmen können sich ergeben, wenn im Vorfeld eindeutige Absprachen existierten, wonach eine bestimmte Person gar keinen Zugriff auf den Briefkasten hat oder der Arbeitnehmer ausdrücklich eine alternative Zustelladresse benannt hat. Solche Ausnahmen sind jedoch selten und müssen im Streitfall ausführlich bewiesen werden.
Was gilt, wenn der Arbeitnehmer den Zugang der Kündigung aktiv verhindert?
Grundsatz der Zugangsvereitelung
Versucht ein Arbeitnehmer bewusst, den Zugang zu verhindern – zum Beispiel indem er den Briefkasten abbaut, Postsendungen nicht annimmt oder stets die Abholung im Postshop verzögert – kann im Einzelfall eine Zugangsvereitelung vorliegen. Dann kann das Schreiben dennoch als zugegangen gelten, weil der Arbeitnehmer willentlich den Zugang erschwert oder unmöglich gemacht hat.
Beispiel: Sie als Arbeitgeber stellen fest, dass Ihr kündigungsbedürftiger Mitarbeiter jede Annahme eines Einschreibens verweigert. Weist alles darauf hin, dass er nur darum bemüht ist, die Kündigung nicht in Empfang zu nehmen, kann das Schreiben gleichwohl als zugestellt gelten. Ein Gericht prüft hier allerdings sehr genau, ob wirklich Absicht vorlag.
Praktische Tipps für Arbeitgeber
Zeugen, Protokolle und eine umfassende Dokumentation des Zustellvorgangs sind in solchen Konstellationen überaus hilfreich. Wer konsequent vorgeht, kann auch bei Vereitelungsversuchen den Zugang gerichtlich durchsetzen. Auf reine Vermutungen sollten Sie sich allerdings nicht verlassen.
Kann die Kündigung auch jemand anderem als dem Arbeitnehmer wirksam zugehen?
Empfangsboten aus demselben Haushalt
Bestimmte Personen, etwa Ehegatten oder Familienmitglieder im gemeinsamen Haushalt, können als Empfangsboten fungieren. Geht die Kündigung nachweislich an eine solche Person und gelangt damit in den Machtbereich des Arbeitnehmers, ist der Zugang grundsätzlich gegeben. Die Kündigung ist dann wirksam, wenn mit ihrer Weitergabe an den Arbeitnehmer zu rechnen wäre. Wichtig: Sobald der Arbeitnehmer tatsächlich Kenntnis nimmt, ist die Kündigung wirksam. Auch, wenn es aus Zufall direkt nach Übergabe an den Boten geschieht!
Beispiel: Sie sind Arbeitnehmerin und wohnen mit Ihrem Ehemann in einer gemeinsamen Wohnung. Ein Bote wirft die Kündigung nicht in den Briefkasten, sondern übergibt sie dem Ehemann, den er zufällig beim Einkauf trifft. Zu dem Zeitpunkt, ab dem eine Weitergabe der Kündigung an Sie erwartbar ist, ist Ihnen die Kündigung zugegangen: In diesem Beispielsfall also spätestens einige Stunden später.
Erhalten Sie das Kündigungsschreiben allerdings schon ein paar Minuten später, ist die Kündigung bereits damit zugegangen!

Kann die Kündigung auch jemand anderem als dem Arbeitnehmer wirksam zugehen?
Grenzen
Nicht jede beliebige Person im Umfeld des Arbeitnehmers gilt automatisch als Empfangsbote. Wohnt die betreffende Person nicht unter derselben Anschrift oder ist sie nicht berechtigt, Sendungen entgegenzunehmen, fehlt es an der erforderlichen Eignung und Bestimmung. Arbeitgeber sollten daher sorgfältig prüfen, wer tatsächlich in Betracht kommt.
Beispiel: Sie geben das Kündigungsschreiben der volljährigen Tochter des Arbeitnehmers, die ebenso in derselben Wohnung lebt. Diese bringt den Brief nachweislich in die Küche und legt ihn auf den Esstisch. Damit liegt ein wirksamer Zugang vor, auch wenn der Arbeitnehmer erst Stunden später nach Hause kommt.
Fazit: Best Practices und Zusammenfassung
Die Zustellung einer Kündigung im Arbeitsrecht erfordert Sorgfalt und einen klaren Blick für die rechtlichen Vorgaben. Sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer sollten wissen, dass der Moment des Zugangs weitreichende Folgen für Kündigungsfristen und die Möglichkeit der gerichtlichen Überprüfung hat. Wer als Arbeitgeber auf Nummer sicher gehen will, erledigt die Kündigung vorzugsweise unter Anwesenden oder durch einen zuverlässigen Boten. Eine persönliche Übergabe mit Empfangsbestätigung bleibt das bewährteste Mittel. Ist der Arbeitnehmer abwesend, sollte die Dokumentation bei Postsendungen möglichst lückenlos sein.
Wichtige Punkte im Überblick:
- Unter Anwesenden: unmittelbarer Zugang durch Aushändigung.
- Unter Abwesenden: Zugang in dem Moment, in dem die Erklärung in den Machtbereich des Empfängers gelangt (z.B. Briefkasten).
- Besonderheiten können sich ergeben bei späten Zustellzeiten, Urlaub, Vereitelung oder Übergabe an Dritte (Empfangsbote).
- Beweislast: Der Arbeitgeber muss beweisen, dass die Kündigung tatsächlich zugegangen ist.
- Einschreiben: Ein Einlieferungsbeleg allein reicht in der Regel nicht; ein Auslieferungsbeleg oder ein Zeuge ist zwingend wichtig.
- Urlaub, Verweigerung oder andere Abwesenheiten hindern den Zugang nicht, sofern die Möglichkeit zur Kenntnisnahme objektiv besteht.
Beherzigen Sie diese Grundsätze, sind Sie sowohl als Arbeitgeber als auch als Arbeitnehmer optimal gerüstet, um Konflikte rund um das Thema Kündigungszugang zu minimieren oder im Streitfall erfolgreich zu begegnen. So sichern Sie Ihre Rechte und wahren zugleich Rechtssicherheit – ganz gleich, ob Sie das Arbeitsverhältnis beenden oder es verteidigen möchten.
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