Befristete Arbeitsverträge erfolgreich angreifen oder gestalten
Oft bieten Arbeitgeber Bewerbern nur einen befristeten Arbeitsvertrag an. Dabei haben sie kein freies Spiel. Rechtsanwalt Dr. Drees berät Arbeitnehmer und Arbeitgeber, welche Grenzen zu beachten sind. Er entwirft vertragliche Gestaltungen und vertritt Mandanten vor Gericht im Falle einer Entfristungsklage.
1. Darf der Arbeitsvertrag befristet werden?
Wenn ein Arbeitsvertrag befristet ist, endet das Arbeitsverhältnis automatisch ohne Kündigung. Die Parteien einigen sich im Voraus auf ein bestimmtes Datum oder Ereignis (z.B. Abschluss eines Projektes), womit das Arbeitsverhältnis enden soll.
Grundsätzlich ist eine solche Vereinbarung erlaubt. Weil die Befristung aber für den Arbeitnehmer Nachteile hat, gibt das Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) gewisse Grenzen vor. So wird der Arbeitnehmer geschützt.
Nach dem TzBfG soll ein Arbeitsverhältnis grundsätzlich nur befristet werden, wenn dafür ein sachlicher Grund besteht. Eine Befristung ohne Sachgrund ist zwar möglich, dann gelten aber strengere Regeln für den Arbeitgeber. Zur Befristung mit und ohne Sachgrund finden Sie unten im Beitrag Genaueres.
Die Befristung ist nur wirksam, wenn sie schriftlich vereinbart wurde, entweder im Arbeitsvertrag oder in einer separaten Abmachung. In jedem Fall muss das Dokument vor Arbeitsantritt von beiden Seiten unterschrieben werden, sonst gilt der Vertrag als unbefristet.
Dazu folgendes Beispiel:
Arbeitnehmer A und sein neuer Arbeitgeber einigen sich auf eine befristete Anstellung. Den Arbeitsvertrag (mit Befristungsklausel) will der Arbeitgeber bei Gelegenheit vorbereiten. Zwei Wochen nach Arbeitsantritt liegt der vom Arbeitgeber unterschriebene Vertrag bei der Personalabteilung bereit und A unterschreibt. In diesem Fall ist der Vertrag unbefristet. Ein Arbeitsvertrag (ohne Befristungsklausel) ist nämlich schon bei Arbeitsbeginn zustande gekommen, wenn auch nicht schriftlich.
2. Befristung ohne Sachgrund
Wenn der Arbeitgeber sich auf keinen Sachgrund berufen kann, darf er den Arbeitsvertrag nur begrenzt befristen. Das TzBfG erlaubt in diesem Fall grundsätzlich eine Befristung für maximal zwei Jahre. Innerhalb dieser Zeit darf das Arbeitsverhältnis höchstens dreimal verlängert werden.
Die sachgrundlose Befristung ist grundsätzlich unzulässig, wenn der Arbeitnehmer schon einmal für denselben Arbeitgeber gearbeitet hat. Dieses Verbot gilt nach Meinung der Gerichte aber nicht absolut. Eine Befristung ist trotz Vorbeschäftigung ausnahmsweise zulässig, wenn:
- die Vorbeschäftigung nur sehr kurz angedauert hat
- ganz anders geartet war oder
- sehr lange zurückliegt
Dazu ein Beispiel aus der Rechtsprechung:
Arbeitnehmerin A war vor 22 Jahren schon einmal bei demselben Arbeitgeber beschäftigt. Nun wird sie erneut angestellt und erhält einen befristeten Arbeitsvertrag. Das Bundesarbeitsgericht hielt die Befristung trotz Vorbeschäftigung für wirksam. Weil die Vorbeschäftigung sehr lange zurückliege, sei nicht zu befürchten, dass der Arbeitgeber seine stärkere Position ausnutze.
Es gibt im TzBfG mehrere Ausnahmeregelungen für die sachgrundlose Befristung:
- Bei neu gegründeten Unternehmen (jünger als 4 Jahre) ist die sachgrundlose Befristung für eine Dauer von bis zu 4 Jahren zulässig. Der Vertrag darf in dieser Zeit mehrfach verlängert werden (§ 14 Abs. 2 a TzBfG)
- Für Arbeitnehmer über 52 Jahre liegt die Höchstdauer der sachgrundlosen Befristung bei 5 Jahren, wenn der Arbeitnehmer vorher vier Monate arbeitslos war oder an Beschäftigungsmaßnahmen teilgenommen hat. Auch hier sind mehrfache Verlängerungen möglich (§ 14 Abs. 3 TzBfG)
- In Tarifverträgen können die Höchstdauer und die zulässige Anzahl der Verlängerungen abweichend bestimmt werden (§ 14 Abs. 2 Satz 3 TzBfG)
3. Befristung mit Sachgrund
Wenn der Arbeitgeber sich auf einen sachlichen Grund berufen kann, gelten die oben genannten zeitlichen Einschränkungen nicht. Das Gesetz gibt eine Liste mit den wichtigsten Sachgründe vor (§ 14 Abs. 1 TzBfG):
- Der Arbeitsbedarf ist nur vorübergehend
- Ein Mitarbeiter soll vertreten werdenr
- Die Eigenart der Arbeitsleistung rechtfertigt die Befristung (häufiger Fall: Mitarbeiter im Rundfunk, um Programmvielfalt zu ermöglichen)
- Die Befristung erfolgt zur Erprobung des Arbeitnehmers
- Gründe in der Person des Arbeitnehmers rechtfertigen die Befristung (z.B., weil der Arbeitnehmer nur Zeit bis zu Beginn seines Studiums überbrücken möchte)
- Der Arbeitnehmer ist im öffentlichen Dienst beschäftigt und die Haushaltsmittel für seine Bezahlung sind für eine befristete Stelle vorgesehen
- Die Befristung beruht auf einem gerichtlichen Vergleich
Diese Liste ist nicht abschließend. Auch andere Sachgründe sind für eine Befristung denkbar. Es hängt stark von den Umständen des Einzelfalls ab, ob ein ungeschriebener Grund für die Rechtfertigung ausreicht. Deshalb sollten sich Arbeitgeber eher auf die geschriebenen Gründe berufen.
Wenn der Arbeitgeber einen Sachgrund vorweisen kann, darf er das Arbeitsverhältnis theoretisch so oft er möchte verlängern. Grundsätzlich ist also eine sogenannte „Kettenbefristung“ zulässig. Allerdings prüfen die Gerichte bei sehr langen Kettenbefristungen genau, ob der Arbeitgeber den Sachgrund nicht nur vorschiebt.
Dazu folgendes Beispiel:
Die Arbeitnehmerin A ist beim Land NRW als Justizangestellte beschäftigt. Für 11 Jahre wurde sie mit insgesamt 13 befristeten Verträgen zur Vertretung von Kollegen eingesetzt. Das Bundesarbeitsgericht prüfte die letzte Befristung und zweifelte an deren Wirksamkeit. Bei einer so langen Kettenbefristung und konstantem Vertretungsbedarf bestehe der Verdacht des Missbrauchs.
Es gilt zwar keine feste Obergrenze für Kettenbefristungen. Bei extremen Fällen wird es dem Arbeitgeber jedoch schwerfallen zu begründen, dass die Arbeitskraft tatsächlich nur vorübergehend gebraucht wird.
4. Ist die Kündigung eines befristeten Arbeitsvertrags möglich?
Ein befristeter Arbeitsvertrag kann nur fristgerecht gekündigt werden, wenn dies im Arbeits- oder Tarifvertrag vereinbart ist (§ 15 Abs. 3 TzBfG). Eine Ausnahme gilt dann, wenn die Befristung für mehr als 5 Jahre vereinbart wurde. In diesem Fall kann der Arbeitnehmer (nicht der Arbeitgeber!) nach 5 Jahren mit einer Frist von 6 Monaten kündigen (§ 15 Abs. 4 TzBfG).
Für den Arbeitgeber sind auch beim befristeten Vertrag die allgemeinen Regeln für Kündigungen zu beachten. Das heißt:
- Der allgemeine Kündigungsschutz ist nach 6 Monaten Betriebszugehörigkeit und in Unternehmen mit mehr als 10 Mitarbeitern anwendbar. Der Arbeitgeber muss dann einen gesetzlich zugelassenen Kündigungsgrund vorweisen.
- Für manche Mitarbeiter (z.B. schwerbehinderte Personen, Schwangere, Betriebsräte) gilt ein besonderer Kündigungsschutz.
- Regelmäßig ist der Betriebsrat vor der Kündigung anzuhören.
Die außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund (§ 626 BGB) ist immer möglich, egal was vertraglich festgelegt ist. Das heißt: Beide Seiten können bei Vorliegen eines wichtigen Grundes mit sofortiger Wirkung auch ein befristetes Arbeitsverhältnis beenden.
- Dem Arbeitgeber steht die fristlose Kündigung etwa zu, wenn der Arbeitnehmer ihn bestiehlt.
- Der Arbeitnehmer selbst kann zum Beispiel fristlos kündigen, wenn der Arbeitgeber standhaft die Bezahlung verweigert
5. Was Arbeitnehmer gegen einen befristeten Arbeitsvertrag tun können
Bei der Befristung eines Arbeitsverhältnisses müssen viele Beschränkungen beachtet werden (s.o.). Lässt der Arbeitgeber sie außer Acht, ist das Arbeitsverhältnis unbefristet. Der Arbeitnehmer kann in diesem Fall eine sogenannte Entfristungsklage vor dem Arbeitsgericht erheben. Das Gericht prüft dann die Wirksamkeit der Befristung. Bei mehreren aufeinander folgenden Befristungen wird nur die letzte überprüft.
Dabei ist allerdings Eile geboten: Der Arbeitnehmer muss innerhalb von drei Wochen nach Ende des Arbeitsverhältnisses (meist also nach Ablauf der vorgesehenen Befristung) Klage erheben.
Herr Dr. Drees vertritt sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber im Rahmen der Entfristungsklage. Er hat bereits zahlreiche Prozesse dieser Art erfolgreich begleitet. Seine Erfahrung als Fachanwalt für Arbeitsrecht setzt Herr Dr. Drees auch ein, um Arbeitgebern bei der optimalen Gestaltung von befristeten Verträgen zu unterstützen.