ChatGPT & Arbeitsrecht
Die rasante Entwicklung der künstlichen Intelligenz hat dazu geführt, dass immer mehr Unternehmen Chatbots wie ChatGPT in ihren Arbeitsprozessen einsetzen. Doch neben den Chancen stellen sich auch wichtige rechtliche Fragen. Wir erklären, was bei der Integration von ChatGPT am Arbeitsplatz zu beachten ist.
Was ist ChatGPT?
ChatGPT ist ein von der amerikanischen Firma OpenAI entwickeltes Sprachmodell, das künstliche Intelligenz nutzt, um eine menschenähnliche Konversation zu führen. Dadurch ist der Chatbot einfach und intuitiv zu bedienen. Seine Antworten basieren auf dem Wissen, das während des Trainings des Modells aus einer großen Datenmenge gewonnen wurde. Da es sich bei ChatGPT um eine öffentlich zugängliche Forschungs-Version handelt, weist das Unternehmen OpenAI darauf hin, dass der Chatbot gelegentlich auch falsche Informationen und Antworten ausgeben kann.
Kann der Arbeitgeber die Nutzung von ChatGPT am Arbeitsplatz verbieten?
Die Anwendungsmöglichkeiten von ChatGPT sind vielfältig. In der Arbeitswelt könnte das Sprachmodell bei der Recherche, beim Formulieren oder Verbessern von E-Mails und anderen Texten oder bei der Datenanalyse helfen. ChatGPT kennt sogar gängige Programmiersprachen, kann Codes schreiben und erkennt Fehler im Code (sog. Debugging).
Nutzt der Arbeitnehmer den Chatbot am Arbeitsplatz, sieht es fast so aus, als würde er ChatGPT die ganze Arbeit machen lassen. Das Gesetz verlangt jedoch, dass der Arbeitnehmer seine Dienste selbst erbringt und nicht an Dritte delegiert. Künstliche Intelligenz gilt aber nach manchen Stimmen in der juristischen Literatur nicht als Dritter. KI-Chatbots wie ChatGPT sind danach vielmehr Arbeitsmittel, die der Arbeitnehmer grundsätzlich zur Unterstützung bei bestimmten Aufgaben einsetzen darf. Allerdings ist diese Frage noch nicht gänzlich geklärt.
Allerdings hat der Arbeitgeber das Recht, die Nutzung bestimmter Hilfsmittel oder Ressourcen am Arbeitsplatz zu regeln und zu kontrollieren. Im Hinblick auf die mit ChatGPT verbundenen Risiken wie Sicherheitslücken, mangelnde Qualität und Quellenarbeit liegt es im Ermessen des Arbeitgebers, die Nutzung im Rahmen seines Weisungsrechts gegenüber dem Arbeitnehmer zu untersagen.
Was passiert, wenn Mitarbeiter trotzdem ChatGPT nutzen?
Nutzt der Arbeitnehmer ChatGPT trotz Verbot, drohen ihm arbeitsrechtliche Konsequenzen. Zunächst muss der Arbeitgeber den Betroffenen abmahnen. In der Abmahnung weist der Arbeitgeber erneut auf das Verbot von ChatGPT hin und droht mit arbeitsrechtlichen Sanktionen (z.B. einer Kündigung), sollte der Mitarbeiter weiter die Anwendung nutzen. Erst nach vorheriger Abmahnung kann der Arbeitgeber bei erneuter Nutzung von ChatGPT kündigen. Bei Verstößen im Zusammenhang mit ChatGPT ist es sogar denkbar, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer mehrfach abmahnen muss, bevor er kündigen darf. Sowohl die Abmahnung(en) als auch die anschließende Kündigung müssen sich auf einen ChatGPT-Verstoß oder gleichgelagerte Pflichtverletzungen beziehen.
Beispiel:
Der Arbeitgeber hat vor einigen Monaten eine Abmahnung wegen häufiger Unpünktlichkeit ausgesprochen. Nun greift er zur Kündigung, weil der Mitarbeiter ChatGPT nutzt, obwohl dies im Unternehmen untersagt ist. Die Kündigung ist ohne vorherige Abmahnung, die einen ähnlichen Verstoß beträfe, sehr wahrscheinlich angreifbar.
Kann der Arbeitgeber die Nutzung von ChatGPT anordnen?
So wie der Arbeitgeber die Nutzung von ChatGPT verbieten darf, kann er sie auch ausdrücklich erlauben bzw. anordnen. Die Nutzung bietet zahlreiche Chancen, aber auch Risiken. Daher empfiehlt es sich, mit dem Arbeitnehmer die Rahmenbedingungen der Nutzung zu vereinbaren.
Ist die Nutzung von ChatGPT durch den Arbeitgeber uneingeschränkt erlaubt?
Auch Arbeitgeber und leitende Angestellte können ChatGPT nutzen, um ihre Unternehmensabläufe effizienter und mit weniger Aufwand zu gestalten. Im HR-Bereich könnten Texte für Stellenausschreibungen, Zeugnisse, Absagen etc. schneller generiert werden.
Der Einsatz stößt aber auch an rechtliche Grenzen: Die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) schützt Menschen davor, ausschließlich KI-basierten Entscheidungen unterworfen zu werden. Nutzt der Arbeitgeber ChatGPT, um Absagen, Abmahnungen oder gar Kündigungsentscheidungen automatisiert zu treffen, kann dies zu einem Verstoß gegen die DSGVO führen. Das bedeutet, dass Arbeitgeber auch in Zukunft die Ausstellung von Zeugnissen, Abmahnungen oder auch die Durchführung von Bewerbungsverfahren nicht vollständig automatisieren können. Am Ende muss immer eine menschliche Entscheidung stehen.
Darf der Betriebsrat über die Benutzung von ChatGPT mitbestimmen?
Die Entscheidung des Arbeitgebers, ob und wie weit Mitarbeiter ChatGPT benutzen dürfen oder sogar sollen, betrifft die konkrete Ausführungsweise der Arbeitsleistung. Der Betriebsrat hat in Bezug auf das Arbeitsverhalten der Belegschaft kein Mitbestimmungsrecht.
Laut Gesetz hat der Betriebsrat bei der Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen mitzubestimmen, wenn diese das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer überwachen sollen. Hierunter kann man ChatGPT aber jedenfalls nicht fassen, da der Arbeitgeber keinen Zugriff auf die von OpenAI gesammelt Daten hat. Ob sich der Katalog der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrat hinsichtlich KI-Sprachmodellen wie ChatGPT anpasst, bleibt abzuwarten.
Sind Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse durch die Arbeit mit ChatGPT gefährdet?
ChatGPT behält sich in seinen Nutzungsbedingungen das Recht vor, die von den Benutzern eingegebenen Fragen und Informationen für eigene Zwecke und zur Verbesserung seiner Dienste zu verwenden. Wenn ein Mitarbeiter bei der Nutzung des Werkzeuges Geschäftsgeheimnisse oder Informationen über Kunden oder Geschäftspartner preisgibt, um eine genauere Antwort zu erhalten, ist nicht ausgeschlossen, dass diese Informationen bei anderen Nutzern als Output landen. Wenn Arbeitnehmer den Chatbot mit personenbezogenen Daten von Mitarbeitern, Kunden und Geschäftspartnern füttern, speichert das Werkzeug auch diese Informationen.
Arbeitgeber sollten ihre Mitarbeiter daher unbedingt sensibilisieren, keine Informationen preiszugeben, die Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse gefährden oder vertrauliche Kundendaten preisgeben könnten.
Ausblick: rechtliche Entwicklung im Zusammenhang mit Künstlicher Intelligenz
Der Einsatz von künstlicher Intelligenz und Sprachmodellen wie ChatGPT wird die Arbeitswelt stark beeinflussen. Die Arbeitserleichterungen einerseits und die drohenden Risiken andererseits, die mit ChatGPT einhergehen, machen langfristig gesetzliche Regelungen notwendig. Die bisher bestehenden Gesetze können KI-Chatbots nur bedingt erfassen. Der EU-Gesetzgeber arbeitet derzeit an einer EU-KI-Verordnung und einer KI-Haftungsrichtlinie. Sinnvolle Regelungen für einen praxisgerechten und rechtssicheren Einsatz von Künstlicher Intelligenz im Arbeitsrecht bleiben daher abzuwarten.
Fazit
- ChatGPT ist ein KI-gestütztes Sprachmodell, das menschenähnliche Konversationen mit seinen Nutzern ermöglicht und Fragen beantworten oder Informationen bereitstellen kann.
- Es liegt im Ermessen des Arbeitgebers die Nutzung von KI am Arbeitsplatz zu verbieten.
- Nutzt der Arbeitgeber ChatGPT trotz Verbot drohen arbeitsrechtliche Konsequenzen wie eine Abmahnung und schließlich ggf. die Kündigung.
- Der Arbeitgeber hat ein Weisungsrecht gegenüber seinen Arbeitnehmern und kann die Nutzung von ChatGPT auch ausdrücklich anordnen.
- Nutzt der Arbeitgeber ChatGPT, um Personalentscheidungen automatisiert zu treffen, liegt in der Regel ein Verstoß gegen die DSGVO vor.
- Der Betriebsrat darf derzeit (noch) nicht über die Benutzung von ChatGPT mitbestimmen.
- ChatGPT speichert alle von Nutzern eingegeben Daten zum eigenen Nutzen. So können preisgegebene Geschäftsgeheimnisse bei Dritten landen.
- Der EU-Gesetzgeber arbeitet derzeit an einer EU-KI-Verordnung und einer KI-Haftungsrichtlinie, welche Einfluss auf arbeitsrechtliche Fragen haben könnten.
Wie unsere Mandanten das Engagement von Dr. Drees bewerten