Versetzung langjähriger Mitarbeiter – das ist zu beachten!
Langjährige Mitarbeiter verbringen einen großen Teil ihres Arbeitslebens in ihrem Betrieb und haben sich dementsprechend an feste Abläufe gewöhnt. Doch nun steht eine Versetzung im Raum; nach welchen rechtlichen Maßstäben ist die Versetzung langjähriger Arbeitnehmer zu messen?
Der folgende Beitrag klärt über die Versetzung langjähriger Arbeitnehmer auf.
Was ist eine Versetzung?
Eine Versetzung liegt vor, wenn ein Arbeitnehmer eine andere Tätigkeit oder einen anderen Arbeitsort zugewiesen bekommt, als zuvor vertraglich oder faktisch vereinbart war. Oft ist dies im Arbeitsvertrag oder in einer betrieblichen Vereinbarung bereits vorgesehen. Typische Beispiele für eine Versetzung können sein:
- Die Zuweisung neuer Aufgaben innerhalb derselben Abteilung, etwa wenn ein langjähriger Sachbearbeiter künftig stärker im Kundenkontakt arbeiten soll.
- Der Wechsel in eine andere Abteilung mit einem abweichenden Aufgabenprofil, zum Beispiel vom Innendienst in den Außendienst.
- Die Verlegung des Arbeitsortes, beispielsweise von der Niederlassung in Hamburg zur Filiale in Berlin.

Was ist eine Versetzung?
Gerade für langjährige Mitarbeiter kann eine Versetzung einen großen Einschnitt darstellen. Schließlich haben sie oft einen festen Platz im Unternehmen, bewährte Routinen und eingespielte Kontakte. Vielleicht sind sogar persönliche Lebensumstände auf den langjährigen Standort oder bestimmte Arbeitszeiten abgestimmt. Bei einer Versetzung geht es also nicht nur um eine formale Änderung des Arbeitsplatzes, sondern häufig auch um Aspekte wie den Arbeitsweg, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie und die eigene Karriereentwicklung im Betrieb.
Beispiel:
Frau Meier arbeitet seit 15 Jahren als langjährige Mitarbeiterin der Geschäftsleitung. Das Unternehmen plant eine neue Stabsstelle, die umfangreiche Verwaltungsaufgaben übernimmt. Aufgrund ihrer langen Berufserfahrung und ihrer Kenntnisse der betrieblichen Abläufe soll Frau Meier dorthin versetzt werden. Die Arbeitszeit bleibt gleich, der Arbeitsort bleibt derselbe – nur die Aufgaben ändern sich. Trotzdem bedeutet dies für Frau Meier eine Umstellung, weil sie nun eng mit anderen Abteilungen zusammenarbeiten und neue Software nutzen muss.
Beispiel:
Herr Schulze ist bereits seit 20 Jahren in der technischen Abteilung einer Firma beschäftigt. Bisher arbeitete er im Werk in Köln, doch nun soll er an den Standort Düsseldorf wechseln, weil dort neues Fachwissen benötigt wird, das Herr Schulze über die Jahre aufgebaut hat. Zwar bleibt das Aufgabengebiet ähnlich, doch Herr Schulze muss täglich 30 Kilometer weiter pendeln.
In solchen Fällen sollten Arbeitgeber und Mitarbeiter frühzeitig das Gespräch suchen, um den Übergang so reibungslos wie möglich zu gestalten und persönliche Interessen zu berücksichtigen.
Wann ist die Versetzung eines langjährigen Mitarbeiters rechtmäßig?
Eine Versetzung ist nicht automatisch erlaubt, nur weil der Arbeitgeber es wünscht. Damit eine Versetzung rechtmäßig ist, müssen im Wesentlichen zwei Voraussetzungen erfüllt sein:
a. Rechtsgrundlage
Die meisten Arbeitsverträge enthalten sogenannte „Versetzungsklauseln“. Darin steht, dass der Arbeitgeber den Mitarbeiter auf eine andere Tätigkeit oder an einen anderen Arbeitsort versetzen darf, sofern es die betrieblichen Interessen erfordern. Ist eine solche Klausel wirksam vereinbart, kann sich der Arbeitgeber auf diese vertragliche Grundlage berufen.
Wichtig: Versetzungsklauseln dürfen nicht grenzenlos sein. Sie müssen den Rahmen abstecken, innerhalb dessen eine Versetzung möglich ist. So kann es sein, dass zwar eine Versetzung in andere Standorte im selben Bundesland vorgesehen ist, nicht jedoch ins Ausland.
Wenn keine solche Versetzungsklausel vereinbart ist, bleibt dem Arbeitgeber noch sein Weisungs- und Direktionsrecht. Er darf einseitig bestimmen, wie genau die Berufsbezeichnung aus dem Arbeitsvertrag auszuführen ist. Dabei ist sein Spielraum umso enger, je spezifischer die Berufsbezeichnung im Arbeitsvertrag gefasst ist.

Wann ist die Versetzung eines langjährigen Mitarbeiters rechtmäßig?
b. Billiges Ermessen
Selbst wenn eine Versetzungsklausel existiert, muss der Arbeitgeber die konkreten Umstände des Einzelfalls abwägen. Dieses Vorgehen nennt man „billiges Ermessen“. Er muss also die betrieblichen Interessen an der Versetzung mit den persönlichen Interessen des langjährigen Mitarbeiters sorgfältig in Einklang bringen.
Gerade bei Beschäftigten, die schon lange im Unternehmen sind, spielen Aspekte wie familiäre Verpflichtungen, soziale Verwurzelung am aktuellen Standort oder auch gesundheitliche Einschränkungen eine größere Rolle.
Betriebliche Belange können dagegen sein, dass dringend Fachkräfte an einem anderen Standort gebraucht werden, oder eine Umstrukturierung im Unternehmen stattfindet, bei der gewisse Tätigkeitsfelder zusammengelegt werden.
Erst wenn eine wirksame vertragliche oder tarifliche Grundlage vorliegt und eine faire Interessenabwägung erfolgt ist, gilt die Versetzung als rechtmäßig.
Unabhängig davon ist aber auch ggf. die Zustimmung des Betriebsrats einzuholen.
Welche Faktoren sind für die Abwägung einer Versetzung relevant?
Die Abwägung ist besonders wichtig, weil sie klärt, ob die Versetzung für den langjährigen Mitarbeiter zumutbar ist. Dabei spielen folgende Aspekte eine zentrale Rolle:
Betriebliche Erfordernisse
Der Arbeitgeber kann eine Versetzung nicht willkürlich anordnen. Es muss einen sachlichen Grund geben. Dies können etwa sein:
- Neustrukturierung im Betrieb: Zum Beispiel, wenn bestimmte Abteilungen zusammengelegt werden, um Prozesse zu verschlanken.
- Fachkräftemangel in einem anderen Bereich: Langjährige Mitarbeiter bringen oft besondere Expertise mit, die an anderer Stelle dringend gebraucht wird.
- Projektbezogene Einsätze: Ein Betrieb kann spezielle Projekte starten, für die erfahrene Mitarbeiter benötigt werden.
Dauer der Betriebszugehörigkeit
Je länger jemand im Betrieb ist, desto schwerer wiegen dessen Interessen. Wer zum Beispiel 25 Jahre im Unternehmen tätig war, hat häufig ein besonderes Vertrauen in betriebliche Abläufe, ein gewachsenes Netzwerk und nicht selten eine fest verankerte Rolle im Team. Eine abrupt angeordnete Versetzung kann diese gewachsene Struktur durcheinanderbringen. Arbeitgeber sollten daher besonders darauf achten, dass langjährige Mitarbeitende keine unangemessenen Nachteile erleiden.
Persönliche und familiäre Situation
Hat jemand seit Jahren seinen Lebensmittelpunkt in der Nähe seines Arbeitsplatzes, ist oft ein Umzug oder ein deutlich längerer Arbeitsweg bei einem Standortwechsel nur schwer zumutbar. Besonders relevant kann dies sein, wenn ein langjähriger Mitarbeiter:
- Kinder oder pflegebedürftige Angehörige zu versorgen hat.
- Auf bestimmte Arbeitszeiten angewiesen ist, etwa weil ein Partner im Schichtdienst arbeitet.
- Gesundheitliche Einschränkungen hat, die eine lange Pendeldistanz erschweren.

Welche Faktoren sind für die Abwägung einer Versetzung relevant?
Qualifikationen und Weiterbildung
Nicht jede neue Aufgabe passt automatisch zu den Fähigkeiten, die ein langjähriger Mitarbeiter in seinem bisherigen Aufgabengebiet erworben hat. Zwar kann eine Versetzung auch eine Chance sein, sich in einen neuen Bereich einzuarbeiten. Doch gerade langjährige Beschäftigte möchten oft die Früchte ihrer bisherigen Qualifizierung nicht verlieren. Arbeitgeber sollten deshalb sicherstellen, dass bei einem Wechsel in einen anderen Bereich ausreichende Einarbeitung oder Weiterbildungsmöglichkeiten angeboten werden.
Beispiel:
Frau Becker ist seit über 18 Jahren in einer Personalabteilung beschäftigt. Ihr Mann arbeitet ebenfalls im selben Ort, ihre zwei Kinder besuchen dort die Schule. Der Arbeitgeber möchte Frau Becker in eine Filiale versetzen, die 200 Kilometer entfernt liegt. Eine tägliche Anreise wäre kaum machbar, ein Umzug würde die gesamte Familie aus ihrem Umfeld reißen. Ob eine derartige Versetzung rechtmäßig ist, hängt davon ab, ob die vertragliche Versetzungsklausel eine solch große Entfernung zulässt und ob es wirklich dringend notwendig ist, genau Frau Becker an diesem entfernten Standort einzusetzen. Hier muss der Arbeitgeber sehr gute Gründe vorbringen, um die Interessen von Frau Becker zu überwiegen.
Welche Rolle spielt der Betriebsrat bei der Versetzung langjähriger Mitarbeiter?
In Unternehmen mit einem Betriebsrat hat dieser bei Versetzungen ein Mitbestimmungsrecht, § 95 BetrVG. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber den Betriebsrat über die geplante Versetzung informieren und dessen Zustimmung einholen muss, bevor die Maßnahme umgesetzt werden kann. Kommt es zu keiner Einigung, kann die Angelegenheit im Zweifel vor die Einigungsstelle oder sogar vor ein Gericht gehen.
Gerade bei langjährigen Mitarbeitern achtet der Betriebsrat häufig besonders darauf, dass:
- die verdienten Leistungen des Mitarbeiters gewürdigt werden,
- die persönlichen Interessen angemessen berücksichtigt werden,
- die Versetzung nicht als versteckte Maßregelung genutzt wird, um einen unliebsamen Mitarbeiter abzuschieben.

Welche Rolle spielt der Betriebsrat bei der Versetzung langjähriger Mitarbeiter?
Der Betriebsrat kann Einwände geltend machen, wenn er die geplante Versetzung als unverhältnismäßig oder willkürlich ansieht. Er kann auch vorschlagen, alternative Lösungen zu erarbeiten, die die Ziele des Arbeitgebers erfüllen, ohne den Mitarbeiter übermäßig zu belasten.
Beispiel:
Herr Lange arbeitet seit 22 Jahren im Lager eines Unternehmens. Er soll in ein neu eröffnetes Zentrallager an einen anderen Standort versetzt werden. Da Herr Lange aber seit Jahren eine feste Fahrgemeinschaft hat und die neue Strecke nur schwer bewältigen kann, erhebt er Einspruch. Der Betriebsrat prüft mit dem Arbeitgeber, ob Herr Lange stattdessen in der bestehenden Lagerabteilung eine leicht andere Schicht übernehmen kann, damit ein Kollege mit ähnlicher Qualifikation ins Zentrallager wechseln kann. So finden beide Seiten einen Kompromiss, der für alle tragbar ist.
Was gilt bei der Versetzung eines schwerbehinderten langjähriger Mitarbeiter?
Schwerbehinderte Beschäftigte genießen im Arbeitsrecht einen besonderen Schutz, etwa bei einer Kündigung. Dieser besondere Schutz tritt zusätzlich neben die allgemeinen Regeln über Versetzungen. Der Arbeitgeber ist daher verpflichtet, die spezielle Situation der schwerbehinderten Mitarbeiter zu berücksichtigen und mögliche Nachteile weitestgehend auszugleichen.

Was gilt bei der Versetzung eines schwerbehinderten langjähriger Mitarbeiter?
Einbindung der Schwerbehindertenvertretung und des Integrationsamts
Bevor eine Versetzung wirksam wird, sollten bei schwerbehinderten langjährigen Mitarbeitern in der Regel auch die Schwerbehindertenvertretung und gegebenenfalls das Integrationsamt eingebunden werden. Bei fehlender Anhörung durch die Schwerbehindertenvertretung kann der Betriebsrat seine Zustimmung verweigern (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 5.10.2011, Az. 8 TaBV 9/11)!
Behindertengerechte Anpassungen
Eine Versetzung darf nicht dazu führen, dass sich die Arbeitsbedingungen für den schwerbehinderten Beschäftigten unzumutbar verschlechtern. Ist beispielsweise ein höher gelegener Arbeitsplatz ohne Aufzug vorgesehen, so muss der Arbeitgeber sicherstellen, dass ein barrierefreier Zugang vorhanden ist. Gelingt dies nicht, kann die Versetzung unzulässig sein.
Beispiel:
Herr Müller ist seit 25 Jahren im Unternehmen, hat eine schwere Gehbehinderung und sitzt seit kurzem im Rollstuhl. Sein Arbeitsplatz in der Verwaltung ist barrierefrei erreichbar. Nun soll Herr Müller in den Produktionsbereich wechseln, weil dort Personal knapp ist und Herr Müller über umfassendes technisches Wissen verfügt. Allerdings ist die Produktion nur über mehrere Treppenstufen erreichbar, auch gibt es keine behindertengerechten Toiletten. Bevor die Versetzung ausgesprochen wird, müsste der Arbeitgeber entweder die Räumlichkeiten umbauen oder eine geeignete Alternative vorschlagen, damit Herr Müller seine Tätigkeit dort ausüben kann. Ist das nicht möglich, wäre die Versetzung ausgeschlossen.
Wann ist die Versetzung eines langjährigen Mitarbeiters ausgeschlossen?
Es gibt verschiedene Gründe, warum eine Versetzung nicht zulässig sein kann. Die wichtigsten sind:
- Fehlende Rechtsgrundlage
Steht im Arbeitsvertrag nicht, dass der Arbeitgeber den Beschäftigten an einen anderen Ort oder in eine andere Tätigkeit versetzen darf, und ergibt sich eine solche Befugnis auch nicht aus dem Weisungsrecht, Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen, fehlt dem Arbeitgeber die Rechtsgrundlage. Insbesondere wenn der Arbeitsvertrag klar auf einen bestimmten Standort oder eine ganz bestimmte Tätigkeit beschränkt ist, kann eine Versetzung nicht einseitig erzwungen werden. - Schikane oder mangelhafte Abwägung
Wenn die Interessen des langjährigen Mitarbeiters vollkommen ignoriert werden und die Versetzung unverhältnismäßig in dessen Privatleben eingreift, kann sie rechtswidrig sein. Beispiele hierfür sind unzumutbar weite Arbeitswege, radikale Änderungen der Arbeitszeiten ohne Not oder gar eine offensichtliche Schikane. - Besondere Schutzvorschriften
Ist ein Mitarbeiter schwerbehindert, jugendlich oder greift ein spezieller Tarifvertrag mit strengeren Regelungen, kann eine Versetzung gesetzlich oder tarifvertraglich ausgeschlossen sein. - Degradierung eines Arbeitnehmers Bei dem bloßen Versuch einen langjährigen Arbeitnehmer zu degradieren, ist eine Versetzung ebenfalls rechtswidrig.
Beispiel:
Frau Schubert hat sich vor Kurzem mit dem Vorgesetzten gestritten. Plötzlich soll sie in einen kleinen Außenposten versetzt werden, wo es kaum Arbeit gibt und die Bedingungen erheblich schlechter sind. Frau Schubert arbeitet schon seit 16 Jahren im Unternehmen. Ihr Verdacht: Die Versetzung dient weniger dem betrieblichen Interesse als vielmehr einer Sanktionierung. Kommt hinzu, dass alle anderen Fachkräfte in ihrem Team ebenfalls für diese Tätigkeit geeignet wären und ein Wechsel für Frau Schubert besonders nachteilig ist (z. B. längere Fahrzeiten, schlechte Infrastruktur), könnte dies auf eine unzulässige Versetzung hindeuten.
Fazit
- Vertragliche Grundlage prüfen: Ist eine Versetzungsklausel im Arbeitsvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung vorhanden und wirksam?
- Billiges Ermessen: Der Arbeitgeber muss sowohl betriebliche als auch persönliche Interessen (gerade bei langjährigen Beschäftigten) fair abwägen.
- Einschaltung des Betriebsrats: Bei Vorliegen eines Betriebsrats hat dieser ein Mitbestimmungsrecht und kann Einwände erheben oder Änderungen vorschlagen.
- Zusätzlicher Schutz bei Schwerbehinderung: Schwerbehindertenvertretung und Integrationsamt müssen ggf. eingebunden werden. Der Arbeitsplatz muss barrierefrei sein oder angepasst werden.
- Unzumutbare Eingriffe: Zu weite Distanzen, familienfeindliche Arbeitszeiten oder mutmaßliche Schikanen können eine Versetzung rechtswidrig machen.
- Rechtzeitig Beratung suchen: Langjährige Mitarbeiter haben aufgrund ihrer starken Betriebsverwurzelung gute Argumente, bei einer Versetzung besondere Rücksicht zu verlangen.
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Langjährige Mitarbeiter stehen oft vor großen Herausforderungen, wenn es um eine Versetzung geht. Ob es um familiäre Verpflichtungen, gesundheitliche Einschränkungen oder rechtliche Unklarheiten geht – eine frühzeitige Information und gegebenenfalls eine juristische Beratung sind sinnvoll. Unsere Kanzlei unterstützt Sie dabei, Ihre Interessen zu wahren und gemeinsam mit dem Arbeitgeber ein faires Ergebnis zu finden. Sprechen Sie uns an, wir begleiten Sie gerne.
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