Arbeitgeber zahlt Gehalt nicht? So setzen Sie Ansprüche rechtssicher durch
Wenn der Arbeitgeber das Gehalt nicht zahlt, kann dies für Sie als Arbeitnehmer ärgerlich sein. Gleichwohl ist Vorsicht besser als Schnellschuss: Planvolles Vorgehen wahrt Fristen, vermeidet Fallstricke und maximiert Chancen auf vollständige Nachzahlung inklusive Zinsen.
Dieser Beitrag zeigt Schritt für Schritt, wie Sie als Arbeitnehmer vorgehen können und welche Rechte Sie haben.
Fälligkeit des Gehalts: Wann muss der Arbeitgeber den Lohn zahlen?
In den meisten Arbeitsverträgen ist die Fälligkeit des Lohns eigens geregelt. Tarifverträge können Abweichendes bestimmen.
Fehlt eine vertragliche Regelung, ist das Gehalt regelmäßig nach Ablauf des jeweiligen Monats fällig. Ab Fälligkeit und Nichtzahlung gerät der Arbeitgeber ohne weiteres in Verzug. Eine Mahnung ist nicht zwingend nötig, kann aber trotzdem sinnvoll sein.
Halten Sie die Fälligkeit Ihres Vertrags fest (Klausel/Datum), archivieren Sie Lohnabrechnungen und Kontoauszüge und dokumentieren Sie jede Verspätung.
Welche Fristen müssen Sie beachten, wenn Ihr Arbeitgeber das Gehalt nicht zahlt?
In vielen Arbeits- und Tarifverträgen finden sich Ausschluss- bzw. Verfallfristen. Wer sie versäumt, verliert Lohnansprüche regelmäßig endgültig. Meist gelten zweistufige Fristen:
- Schriftliche Geltendmachung gegenüber dem Arbeitgeber innerhalb der ersten Frist und
- Gerichtliche Geltendmachung (Klage) innerhalb einer zweiten Frist, wenn der Arbeitgeber nicht zahlt.
Ein Arbeitgeber, der in seinem Betrieb einen Tarifvertrag anwendet, den Arbeitnehmer gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 15 NachwG in einer Niederschrift darauf hinweisen muss. Ein gesonderter Hinweis auf die im Tarifvertrag enthaltene Ausschlussfrist ist jedoch nicht erforderlich. In vielen Tarifverträgen, etwa dem TVöD, sind Ausschlussfristen festgeschrieben.
Welche Fristen müssen Sie beachten, wenn Ihr Arbeitgeber das Gehalt nicht zahlt?
Ausschluss- bzw. Verfallfristen sind für Arbeitnehmer brandgefährlich. Vielen Arbeitnehmer ist nicht bewusst, dass es solche Regelungen gibt oder verstehen sie nicht richtig, was in der arbeitsrechtlichen Praxis immer wieder zum Wegfall von Lohnansprüchen führt.
Hinweis: Bitte prüfen Sie sofort, ob Ausschlussfristen existieren. Machen Sie die Geltendmachung immer deutlich und in der richtigen Form. Wichtig ist dabei, dass der Zugang der Geltendmachung beim Arbeitgeber rechtsicher dokumentiert wird (z. B. durch eine Botenzustellung oder ein Einwurf-Einschreiben). Lesen Sie mehr zur Ausschlussfrist in diesem Beitrag.
Was sollten Sie tun, wenn Ihr Arbeitgeber den Lohn nicht zahlt?
Sie haben einige Möglichkeiten, um auf eine ausbleibende Zahlung Ihres Lohns zu reagieren. In Ihrem Interesse lohnt sich die Konsultierung eines Anwalts schon von Anfang an. So können Sie rechtssicher handeln, ohne die Gefahr einer fristlosen Kündigung in Kauf nehmen zu müssen.
- Starten Sie mit einer Fristsetzung. Weisen Sie auf den Verzug sowie weitere Schritte (Anwalt, Klage, Zurückbehaltungsrecht) hin.
- Wenn Sie ohnehin zeitnah aus dem Arbeitsverhältnis austreten wollen, ist eine Abmahnung wegen Zahlungsverzugs notwendig. Sie ist Voraussetzung für eine außerordentliche, fristlose Eigenkündigung, wenn der Arbeitgeber weiterhin nicht zahlt und der Rückstand erheblich ist.
- Bei erheblichem Lohnrückstand dürfen Beschäftigte ihre Arbeitsleistung vorübergehend zurückbehalten (§ 273 BGB), bis der Rückstand ausgeglichen ist. Dieses Recht ist ein „scharfes Schwert“ und sehr sorgfältig anzuwenden:
- Vorherige Androhung gegenüber dem Arbeitgeber ist Pflicht („Wenn bis Datum X nicht gezahlt ist, übe ich ab Datum Y mein Zurückbehaltungsrecht aus“).
- Bagatellfälle sind ausgenommen (ganz geringe Rückstände oder kurzfristige Verzögerung).
- Wenn dem Arbeitgeber ein unverhältnismäßig hoher Schaden droht oder Ihr Lohnanspruch gesichert ist, kann das Zurückbehaltungsrecht wegen Rechtsmissbrauch ausgeschlossen sein.
Annahmeverzugslohn (also Lohn, obwohl nicht gearbeitet wurde, weil der Arbeitgeber nicht annahm) setzt aber Leistungswillen voraus.
Was sollten Sie tun, wenn Ihr Arbeitgeber den Lohn nicht zahlt?
Sie verlieren den Annahmeverzugslohn, wenn Sie nicht (mehr) leistungswillig sind (§ 297 BGB). Wichtig ist also die klare, rechtssichere Kommunikation, dass die Arbeit nur bis zur Zahlung zurückbehalten wird und danach sofort angeboten wird (BAG, Urt. v. 19.01.2022, 5 AZR 346/21).
Halten Sie Androhung, Umfang und Zeitpunkt des Zurückbehaltungsrechts schriftlich fest. Bieten Sie die Arbeit unverzüglich wieder an, sobald Ihr Arbeitgeber zahlt, um nicht in den Verdacht mangelnden Leistungswillens zu geraten.
Muss der Arbeitgeber auch Verzugszinsen und Verzugspauschale nachzahlen?
Verzugszinsen
Bei Lohnverzug schuldet der Arbeitgeber Verzugszinsen in Höhe von jährlich 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz (§ 288 Abs. 1 BGB). Maßgeblich ist das Bruttoentgelt. Die Zinsen laufen ab Fälligkeit.
40-€-Verzugspauschale
Einige Instanzgerichte bejahten die 40-€-Pauschale aus § 288 Abs. 5 BGB auch im Arbeitsverhältnis.
In letzter Instanz entschied das Bundesarbeitsgericht jedoch durchaus umstritten, dass Arbeitnehmer keinen Anspruch auf die Verzugspauschale haben (BAG, Urt. v. 25.09.2018, 8 AZR 26/18).
Im Bereich des LAG Köln gilt jedoch:
Das LAG Köln entschied auch nach der letztinstanzlichen Entscheidung darauf, dass die Verzugspauschale auch zu Gunsten von Arbeitnehmern greift. Im Kölner Gerichtsbezirk können Sie also noch am wahrscheinlichsten mit einem Zuspruch der Pauschale rechnen (LAG Köln, Urt. v. 14.02.2019, 8 Ca 4245/18). Rechtsanwalt Dr. Drees berät gerne hierzu.
Wie funktioniert die Lohnklage?
Eine Lohnklage ist das rechtliche Mittel, mit dem Arbeitnehmer ihren Anspruch auf ausstehendes Gehalt oder sonstige Vergütungen vor dem Arbeitsgericht durchsetzen können.
Sie kommt immer dann in Betracht, wenn der Arbeitgeber vereinbarte Zahlungen nicht oder nicht vollständig leistet. Maßgeblich ist allein, dass der Arbeitnehmer laut Arbeits- oder Tarifvertrag einen Anspruch auf die Zahlung hat.
Mehr zur Lohnklage lesen Sie in diesem Beitrag.
Kann ich Schadensersatz fordern, wenn mein Arbeitgeber das Gehalt nicht zahlt?
Zahlt der Arbeitgeber das Gehalt verspätet, muss er dem Arbeitnehmer grundsätzlich jeden daraus entstehenden Schaden ersetzen.
Kann ich Schadensersatz fordern, wenn mein Arbeitgeber das Gehalt nicht zahlt?
Dazu gehören insbesondere Nachteile wie eine höhere Steuerlast aufgrund einer einmaligen Gesamtnachzahlung, als bei einer monatlich ordnungsgemäßen Zahlung. Ebenso können Sie Bankgebühren, Mahnkosten oder sonstige Verzugsschäden ersetzt verlangen. Auch die Kosten für die Beauftragung eines Steuerberaters zur Ermittlung des entstandenen Schadens sind vom Schadensersatzanspruch umfasst.
Beispiel: Der Arbeitgeber zahlt den vereinbarten Lohn trotz vereinbarten Datums nicht fristgerecht und gerät ohne Mahnung in Verzug. Wegen des Zahlungsverzugs kann der Arbeitnehmer eine fällige Darlehensrate nicht zahlen; die Bank leitet die Zwangsversteigerung ein und es entsteht ein Mindererlös sowie zusätzliche Kosten.
Der Arbeitgeber muss diesen Verzugsschaden ersetzen. Ein Mitverschulden des Arbeitnehmers liegt nicht vor, wenn feststeht, dass der Arbeitgeber auch nach einem Hinweis nicht rechtzeitig gezahlt hätte (LAG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 24. September 2015, 2 Sa 555/14).
Hinweis: Arbeitnehmer sollten sämtliche Schäden, etwa Steuerbescheide, Gebührenbelege oder Nachweise, sorgfältig dokumentieren.
Kann ich Arbeitslosengeld bekommen, wenn der Arbeitgeber den Lohn nicht zahlt?
Ja. Wer wegen fehlender Lohnzahlung seine Arbeit berechtigt zurückbehält oder nicht einsetzt, kann Arbeitslosengeld erhalten, auch wenn das Arbeitsverhältnis formal noch besteht. Das nennt sich Gleichwohlgewährung § 157 Abs. 3 SGB III, § 33 SGB II.
Voraussetzungen sind Beschäftigungslosigkeit und Verfügbarkeit.
Wichtig: Melden Sie sich unverzüglich bei der Agentur für Arbeit, um keine Ansprüche zu verlieren.
Bei Krankheit, Schwangerschaft oder Beschäftigungsverbot ist Ihre Krankenkasse zuständig, die Krankengeld im Rahmen der Gleichwohlgewährung zahlen kann.
Was passiert, wenn der Arbeitgeber das Gehalt wegen Insolvenz nicht mehr zahlen kann?
Häufig bleiben Gehaltszahlungen nicht deshalb aus, weil der Arbeitgeber sie verweigern möchte, sondern weil er finanziell dazu nicht mehr in der Lage ist. In solchen Fällen steht oft eine Insolvenz bevor.
Was passiert, wenn der Arbeitgeber das Gehalt wegen Insolvenz nicht mehr zahlen kann?
Wird der Arbeitgeber zahlungsunfähig, kann der Arbeitnehmer neben seinem arbeitsvertraglichen Lohnanspruch einen Anspruch auf Insolvenzgeld haben, der bei der Agentur für Arbeit zu beantragen ist.
Ein solcher Anspruch besteht, wenn ein sogenanntes Insolvenzereignis eintritt. Dazu zählen:
- die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arbeitgebers,
- die Abweisung eines Insolvenzantrags mangels Masse oder
- die vollständige Einstellung des Betriebs.
Das Insolvenzgeld umfasst das Arbeitsentgelt der letzten drei Monate vor dem Eintritt des Insolvenzereignisses. Die Frist zur Antragstellung beträgt zwei Monate ab Eintritt des Insolvenzereignisses bei der Agentur für Arbeit.
Lesen Sie hier mehr zur Kündigung im Insolvenzverfahren.
Häufige Fehler und wie Sie sie vermeiden
- Sie sollten sich möglichst schnell über die in Ihrem Fall geltenden Ausschlussfristen in Kenntnis setzen. Verstreichen diese Fristen, ist Ihr Anspruch regelmäßig verfristet.
- Gehen Sie behutsam vor, wenn Sie Ihre Arbeitskraft zurückbehalten wollen. Kommunizieren Sie klar, setzen Sie eine ausreichende Frist und missbrauchen Sie dieses empfindliche Recht nicht.
- Denken Sie auch an die Geltendmachung Ihrer Zinsen zusätzlich zum Lohn.
- Suchen Sie rechtzeitig rechtlichen Beistand, um Ihre Position zu stärken und um sich rechtlich optimal zu verhalten.
Fazit
- Viele Arbeitsverträge enthalten kurze Verfallfristen; wer sie versäumt, verliert den Anspruch meist endgültig.
- Das Zurückbehaltungsrecht darf nur mit Bedacht genutzt werden, muss vorher angekündigt und dokumentiert sein.
- Auch wenn das Arbeitsverhältnis formal fortbesteht, kann über die Gleichwohlgewährung nach § 157 Abs. 3 SGB III, bzw. § 33 SGB II Arbeitslosengeld bezogen werden.
- Bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers besteht ggf. Anspruch auf Insolvenzgeld für bis zu drei Monate.
- Frühzeitige rechtliche Beratung durch Rechtsanwalt Dr. Drees erhöht die Chancen, ausstehende Löhne und Zinsen vollständig durchzusetzen.
Was unsere Mandanten über Dr. Drees aus Bonn berichten



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Bei Bedarf werde ich wieder auf seine Hilfe zurückgreifen.
Ein herzliches Dankeschön an Dr. Drees und sein Team.

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