Ausschlussklauseln im Arbeitsvertrag – Möglichkeiten nach Fristablauf

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Viele Arbeitsverträge enthalten Ausschlussklauseln. Diese sollen frühzeitig Klarheit über Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis schaffen. Wir erklären, wie Sie Ihre Ansprüche behalten und wann Sie trotz Fristablaufs noch Chancen auf Ihre Zahlung haben.

 

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Ausschlussklausel ?

Enthält Ihr Arbeitsvertrag eine Ausschlussklausel, erlöschen Ihre Ansprüche, wenn Sie diese nicht innerhalb einer bestimmten Frist und in einer bestimmten Form geltend machen. Ihr Arbeitgeber muss Ihnen dann nicht mehr zahlen, was Ihnen eigentlich zusteht.

Beispiele:
Häufig geht es darum, ob zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber noch Vergütungsansprüche bestehen. Ausschlussklauseln können aber auch mögliche Fristen für Schadensersatzansprüche zum Inhalt haben.

Dieser Text konzentriert sich auf den Fall, dass Sie als Arbeitnehmer eine Zahlung vom Arbeitgeber verlangen.

Es gibt mehrere Arten von Ausschlussklauseln. Die wichtigste Unterscheidung ist folgende:

 

Einstufige Ausschlussklausel

Im Falle einer einstufigen Ausschlussklausel genügt es, dass Sie Ihren Anspruch innerhalb der Frist gegenüber dem Arbeitgeber geltend machen. Meist muss dies in Textform geschehen, also z.B. per E-Mail oder Brief. Nicht notwendig ist, dass Sie den Anspruch gerichtlich einklagen.

Beispiel:
„Alle vertraglichen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht in Textform binnen drei Monaten nach Fälligkeit vom Arbeitnehmer oder Arbeitgeber gegenüber der jeweils anderen Partei geltend gemacht wurden.“

 

Zweistufige Ausschlussklausel

Die zweistufige Ausschlussklausel verlangt zusätzlich, dass Sie den Anspruch innerhalb einer bestimmten Frist bei Gericht einklagen, falls der Arbeitgeber zunächst auf Ihre Aufforderung nicht zahlt. Die Frist für die Geltendmachung wird also mit einer Klagefrist verbunden.

Beispiel:
„Lehnt die an­de­re Ver­trags­par­tei den An­spruch ab oder äußert sie sich nicht in­ner­halb von vier Wo­chen nach Erhalt des Schreibens, verfällt der An­spruch, wenn er nicht bin­nen drei Mo­na­ten nach der Ab­leh­nung oder dem Ab­lauf der Vierwochenfrist mittels Klage ge­richt­lich gel­tend ge­macht wird.“

Achtung: Ein Sonderfall liegt vor, wenn die Wirksamkeit einer Kündigung im Raum steht und eine Kündigungsschutzklage eingereicht wurde. Hängt das Bestehen oder Nichtbestehen eines Anspruchs davon ab, ob eine Kündigung wirksam ist oder nicht, so werden die Ansprüche bereits durch Erhebung einer Kündigungsschutzklage geltend gemacht – die Ausschlussfrist wurde dann gewahrt! Sie müssen keine zusätzliche Klage speziell auf den Anspruch erheben.

Beispiel:
Ausstehende Bezahlung für die Zeit nach Ablauf der Kündigungsfrist; nicht aber Urlaubsabgeltungsansprüche (hier ist eine weitere Klage nötig).

 

Wann ist eine Ausschlussklausel im Arbeitsvertrag unwirksam?

Es lohnt sich eine genaue Prüfung, wenn Ihr Arbeitgeber wegen einer Ausschlussklausel die Zahlung verweigert. Einige Ausschlussklauseln sind nämlich unwirksam. Ist das der Fall, steht Ihnen Ihre Zahlung weiterhin zu – auch wenn die Ausschlussfrist schon abgelaufen ist.

Wann ist eine Ausschlussklausel im Arbeitsvertrag unwirksam?

Dies sind klassische Gründe, die eine Ausschlussklausel unwirksam machen:

  • Arbeitsverträge sind häufig vorgefertigte Formularverträge, sodass Ausschlussklauseln in die Kategorie der allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) fallen. Sie unterliegen daher einer sogenannten AGB-Kontrolle, bei der geprüft wird, ob die Ausschlussklausel zu einer unangemessenen Benachteiligung des Arbeitnehmers führt. Dies wäre z.B. gegeben, wenn die Ausschlussklausel im Vertrag an einer ungewöhnlichen Stelle aufgeführt wird und der Arbeitnehmer deshalb nicht erkennen kann, was rechtlich auf ihn zukommt.
  • Die Ausschlussfrist darf nicht kürzer als drei Monate sein. Andernfalls ist sie unwirksam und entfällt ersatzlos. Der Arbeitsvertrag an sich bleibt aber natürlich bestehen. Kürzere Fristen sind nur möglich, wenn ausnahmsweise eine Individualvereinbarung vorliegt, d.h. wenn dem Arbeitnehmer aktiv die Möglichkeit gegeben wurde, Einfluss auf die Klauseln zu nehmen. Dann kommt es nur darauf an, ob die Frist die Grenze der Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB) überschreitet (was selten der Fall ist).
  • Die Geltendmachung der Ansprüche muss in Textform möglich sein. Der Arbeitsvertrag darf also z.B. kein Schreiben mit persönlicher Unterschrift voraussetzen. Eine Mail muss genügen. Achtung: Arbeitsverträge, die vor dem 1.10.2016 geschlossen wurden, dürfen auch die strengere Schriftform verlangen (Schreiben mit persönlicher Unterschrift).
  • Die Ausschlussfrist darf nur mit der Fälligkeit des Anspruchs beginnen, nicht hingegen mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
  • Die Ausschlussklausel muss grundsätzlich darauf hinweisen, dass Ansprüche aus Vorsatzhaftung und dem Mindestlohngesetz auch nach Ablauf der Frist noch geltend gemacht werden können. Mehr dazu im nächsten Abschnitt.

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Welche Ansprüche bestehen auch noch nach der Ausschlussfrist?

Auch im Falle einer wirksamen Ausschlussklausel verfällt nicht jeder Anspruch mit Ablauf der Frist. Einige Ansprüche sind von ihr nicht erfasst und können daher auch später noch geltend gemacht werden:

  • Ansprüche wegen vorsätzlicher Verletzungshandlung (z.B. Schadensersatzansprüche wegen Mobbings). Häufig enthalten Ausschlussklauseln Formulierungen, die vollumfänglich „alle Ansprüche“ ausschließen. Damit wären auch Schadensersatzansprüche wegen vorsätzlicher unerlaubter Handlung gemeint. Dies verstößt jedoch gegen §§ 202 Abs. 1, 134 BGB und führt zur Nichtigkeit der Klausel.
  • Ansprüche auf Mindestlohn. Seit Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes sind Vereinbarungen, die einen Anspruch auf Mindestlohn beschränken oder ausschließen, unwirksam (§ 3 MiLoG).
Beispiel:
Steht Ihnen noch Lohn zu und ist die Ausschlussfrist abgelaufen, können Sie zumindest noch den Mindestlohn verlangen. Noch besser stehen Sie, wenn Ihre Ausschlussklausel Ansprüche aus dem Mindestlohngesetz nicht ausdrücklich ausnimmt. In diesem Fall ist die gesamte Ausschlussklausel unwirksam und der Lohn steht Ihnen grundsätzlich noch im vollen Umfang zu.

Formulierungsbeispiel: „Diese Klausel gilt nicht für Ansprüche, die nicht beschränkt oder ausgeschlossen werden können, insbesondere nicht für solche aus […und] § 3 MiLoG.“

Achtung: In Arbeitsverträgen, die vor dem 1. Januar 2015 geschlossen wurden, ist die Ausschlussklausel bezüglich der Mindestlohnansprüche zwar unwirksam; im Übrigen bleibt sie aber wirksam. Selbst wenn die Klausel also nicht ausdrücklich Ansprüche aus dem Mindestlohngesetz ausnimmt, steht Ihnen nach Ablauf der Frist nur noch der Mindestlohn zu.

  • Ansprüche wegen Mindest- und Ersatzurlaubs. Vorsicht: Offener Resturlaub wird nach Ende des Arbeitsvertrags oft in Geld abgegolten. Dieser Abgeltungsanspruch kann durch die Ausschlussfrist sehr wohl verfallen
  • Ansprüche, die der Arbeitgeber anerkannt hat (z.B. wenn Ansprüche in Lohnabrechnung oder durch Arbeitszeitkonto vorbehaltlos ausgewiesen wurden)
  • Lohnüberzahlungen. Dieser Fall betrifft die umgekehrte Konstellation: Ihr Arbeitgeber hat Ihnen zu viel Gehalt überwiesen, das er nun zurückverlangt. Bezieht sich die Ausschlussklausel auch auf die Ansprüche des Arbeitgebers, kann er die Überzahlung nach Ablauf der Frist grundsätzlich nicht mehr zurückverlangen. In vielen Fällen wird die Ausschlussklausel aber nicht angewendet, weil Sie den Arbeitgeber auf seinen Irrtum hinweisen müssen. Hier kommt es allerdings auf den Einzelfall an.

Unabhängig der Art bleiben Ihnen Ansprüche auch erhalten, wenn der Arbeitgeber sich vor dem Fristablauf rechtsmissbräuchlich verhalten hat.

Beispiel:
Er sichert Ihnen mündlich zu, dass er den Anspruch bald auszahlen werde und auf die Ausschlussfrist keinen Wert lege.

 

Wie müssen Arbeitnehmer Ansprüche geltend machen?

Sie müssen die Ansprüche zunächst in Textform geltend machen. Hier genügt ein Schreiben, Fax oder eine E-Mail. Fordern Sie Ihren Arbeitgeber darin auf, Ihren Anspruch zu erfüllen. Benennen Sie den Anspruch eindeutig. Die Angabe der Höhe ist ebenfalls zu empfehlen – notfalls ungefähr.

Beispiel:
„Ich fordere Sie zur Auszahlung des Weihnachtsgeldes aus Dezember 2021 in Höhe von XY auf, das mir aufgrund von § XY des Arbeitsvertrags [Tarifvertrags XY] zusteht und seit XY fällig ist.“

Achtung: Sie sollten die Aufforderung frühzeitig abschicken. Die Nachricht muss noch während der Frist beim Arbeitgeber ankommen.

Verhindern Sie spätere Beweisschwierigkeiten frühzeitig, indem Sie sich den Empfang des Schreibens, quittieren lassen! Dazu können Sie Ihren Arbeitgeber allerdings nicht verpflichten.

Eine Klage beim Arbeitsgericht ist hingegen nur notwendig, wenn im Arbeitsvertrag eine zweistufige Ausschlussklausel enthalten ist und Ihr Arbeitgeber seine Leistung verweigert (siehe oben).

 

Fazit

  • Eine Ausschlussklausel im Arbeitsvertrag regelt, dass ein Anspruch des Arbeitnehmers oder Arbeitgebers erlischt, wenn er nicht innerhalb einer bestimmten Frist geltend gemacht wird.
  • Während die einstufige Ausschlussklausel nur die Geltendmachung des Anspruchs in Textform innerhalb der bestimmten Frist vorsieht, muss der Anspruch bei der zweistufigen Ausschlussklausel ggf. zusätzlich eingeklagt werden.
  • Viele Ausschlussklauseln sind unwirksam. Dann gilt die Frist nicht.
  • Nicht von einer Ausschlussklausel umfasst sind insbes. Ansprüche auf Mindestlohn, Ansprüche wegen vorsätzlichen Verletzungshandlungen oder Ansprüche, die der Arbeitgeber anerkannt hat.