Klage gegen Kündigung – warum es sich häufig lohnt
Wer entlassen wurde, sollte frühzeitig über eine Klage gegen die Kündigung des Arbeitgebers nachdenken. Anders lässt sich gegen eine Kündigung nicht vorgehen. Wir erklären, was Sie zur Klage gegen eine Kündigung wissen müssen.
Was bringt es, gegen die Kündigung zu klagen?
Aus zwei Gründen ist es in den meisten Fällen sinnvoll, gegen die Kündigung zu klagen:
Arbeitsplatz retten
Viele Kündigungen enthalten Fehler. Der Arbeitgeber hätte Sie dann eigentlich nicht entlassen dürfen. Sie können dann vor Gericht verlangen, wieder eingestellt zu werden und unverändert weiterzuarbeiten.
Abfindung erhalten oder erhöhen
Selbst wenn Sie nicht wieder in den Betrieb zurückkehren möchten, ist es oft sinnvoll, gegen Ihre Kündigung zu klagen. Sie erhöhen so nämlich den Druck auf Ihren Arbeitgeber. Dieser möchte meist einen langen Kündigungsprozess vermeiden und ist deshalb oft bereit, eine Abfindung an Sie zu zahlen. Im Gegenzug nehmen Sie dann Ihre Klage zurück.
Welche Frist gilt für die Klage gegen eine Kündigung?
Ab Zugang des Kündigungsschreibens haben Sie lediglich drei Wochen Zeit, um gegen die Kündigung zu klagen.
Wenn Sie diese Klagefrist verstreichen lassen, nehmen Sie so Ihre Entlassung hin! Die Kündigung mag noch so fehlerhaft sein – wenn Sie nicht innerhalb von drei Wochen klagen, ist sie wirksam. Auch eine Abfindung werden Sie nach Ablauf der Frist kaum noch aushandeln können.
Die Frist der Kündigungsschutzklage beginnt, sobald Ihnen die Kündigung zugegangen ist. Über den genauen Zeitpunkt des Zugangs herrscht oft Streit:
- Wenn Ihnen das Schreiben persönlich übergeben wurde, erfolgt in dem Moment der Zugang. Die Klagefrist beginnt also zu laufen.
- Ein Schreiben per Post geht zu, sobald unter gewöhnlichen Umständen damit zu rechnen ist, dass Sie den Briefkasten leeren.
Beispiel: Der Postbote wirft das Kündigungsschreiben mittwochs um 9:30 Uhr in den Briefkasten. Im rechtlichen Sinne zugegangen ist es grundsätzlich erst im Nachmittag, da erst dann damit zu rechnen ist, dass Sie den Briefkasten leeren. Ob Sie das Schreiben früher oder später (z.B. wegen Urlaubs) wahrnehmen, spielt keine Rolle.
Lohnt sich eine Klage gegen die Kündigung?
In aller Regel ja. Die Gründe dafür hängen stark von der Art der Kündigung ab. Dazu im Einzelnen:
a. Klage gegen betriebsbedingte Kündigung
Die betriebsbedingte Kündigung ist am häufigsten. Der Arbeitgeber entlässt Sie hier, weil er Ihre Arbeitskraft nicht weiter benötigt. Gründe dafür können z.B. interne Umstellungen, Outsourcing oder ein Nachfrageeinbruch sein.
Allerdings unterlaufen Arbeitgebern bei der betriebsbedingten Kündigung häufig Fehler. Dies eröffnet Arbeitnehmern gute Chancen, erfolgreich gegen die Kündigung zu klagen oder eine attraktive Abfindung auszuhandeln.
Klassische Fehler des Arbeitgebers sind:
- Fehler bei der Sozialauswahl: Der Arbeitgeber darf zunächst nur diejenigen kündigen, die sozial am wenigsten schutzwürdig sind. Davon sind nur wenige Ausnahmen zulässig. In der Realität lassen sich Arbeitgeber in erster Linie von wirtschaftlichen Überlegungen leiten. Dementsprechend häufig bietet die Sozialauswahl vielversprechende Angriffspunkte.
- Mitwirkung des Betriebsrats: Gerade bei einem Stellenabbau ist der Betriebsrat umfangreich einzubinden. Dies führt immer wieder zu Fehlern, die die Kündigung angreifbar machen.
- Versetzung: Bevor der Arbeitgeber Ihnen kündigt, muss er Ihnen vergleichbare freie Stellen im Unternehmen anbieten. Erfahren Sie während Ihrer Kündigungsfrist z.B. von der Neubesetzung Ihrer oder einer vergleichbaren Stelle, können Sie auf Wiedereinstellung klagen.
b. Klage gegen andere ordentliche Kündigung
Der Arbeitgeber darf auch aus personenbedingten und verhaltensbedingten Gründen kündigen. In diesem Zusammenhang unterlaufen ihm ebenso häufig Fehler:
- Der wichtigste Fall der personenbedingten Entlassung ist die Kündigung wegen Krankheit.
- Abmahnung: Vor einer verhaltensbedingten Kündigung muss der Arbeitgeber in aller Regel abmahnen. Kündigt er gleich, ist die Entlassung meist angreifbar.
- Rechtswidrige Weisung: Eine verhaltensbedingte Kündigung ist außerdem nur möglich, wenn Sie gegen eine wirksam bestehende Pflicht verstoßen. Verlangt der Arbeitgeber hingegen etwas, das Sie nicht erbringen müssen, darf er Sie im Falle einer Weigerung nicht kündigen. Klassischer Fall ist die Zuweisung bestimmter Arbeiten, die nicht im Arbeitsvertrag vereinbart sind.
c. Klage gegen fristlose Kündigung
Die fristlose Kündigung ist für den Arbeitgeber besonders schwer zu begründen. Denkbar sind fast nur Fälle, in denen Sie massiv gegen Ihre Pflichten verstoßen haben.
- Handgreiflichkeiten gegenüber Kollegen, Kunden oder Vorgesetzten
- Schwere Manipulation der Zeiterfassung (Arbeitszeitbetrug)
Die Beispiele zeigen, dass die Schwelle hoch liegt. Dementsprechend häufig geben die Gerichte Arbeitnehmern recht, wenn sie gegen die fristlose Kündigung klagen.
Grund dafür ist auch, dass der Arbeitgeber ab Kenntnis Ihres Fehlverhaltens nur zwei Wochen Zeit hat, um Sie fristlos zu entlassen. Lässt er eine längere Zeit vergehen, kommt nur noch eine verhaltensbedingte Kündigung mit Frist in Betracht. Grund dafür: Der Gesetzgeber vermutet, dass der Kündigungswunsch des Arbeitgebers so dringend gar nicht sein kann, wenn er die Sache zwei Wochen lang ruhen lässt. Dann ist ihm dementsprechend auch eine Kündigung mit Frist zumutbar.
Achtung: Viele Arbeitgeber kombinieren die fristlose Kündigung mit einer „hilfsweisen ordentlichen Kündigung“. Selbst wenn das Gericht also die fristlose Kündigung für unwirksam hält, kommt noch die ordentliche Kündigung mit Frist zum Tragen. Sie sollten sich beraten lassen, ob eine Klage trotzdem sinnvoll ist.
d. Klage gegen Kündigung im Kleinbetrieb
In Betrieben mit regelmäßig zehn oder weniger Mitarbeitern gelten andere Gesetze – im wahrsten Sinne des Wortes. Arbeiten Sie in einem solchen sog. Kleinbetrieb, sind Sie nicht durch das Kündigungsschutzgesetz geschützt. Der Arbeitgeber braucht dann grundsätzlich keinen Grund, um Sie zu entlassen.
Dementsprechend seltener lohnt es sich, gegen Ihre Kündigung im Kleinbetrieb zu klagen. Allerdings gibt es auch Fälle, in denen Sie gute Aussichten auf ein erfolgreiches Verfahren haben:
- Sie genießen Sonderkündigungsschutz als Betriebsrat, Auszubildender, Schwerbehinderter, Arbeitnehmer in Elternzeit o.ä. Ihre Entlassung hängt dann – auch im Kleinbetrieb – von der Genehmigung einer Behörde ab oder ist generell fast ausgeschlossen.
- Die Entlassung ist offensichtlich rechts- oder treuwidrig. Beispiele sind diskriminierende Kündigungen (aufgrund des Geschlechts, der Staatsangehörigkeit, Religion o.ä.) oder Entlassungen als Reaktion darauf, dass der Arbeitnehmer seine Rechte ausübt (z.B. einer Gewerkschaft beitritt oder Überstunden ausbezahlt verlangt).
Da Ihr Arbeitgeber diese Gründe wohl kaum im Kündigungsschreiben anführen wird, sind die weiteren Umstände (Vorgeschichte, Ankündigungen etc.) genau in den Blick zu nehmen.
e. Klage gegen Kündigung in der Probezeit
In den ersten sechs Monaten Ihres Arbeitsverhältnisses sind Sie ebenso wenig geschützt wie im Kleinbetrieb. Hinzu kommt des Weiteren, dass auch der Sonderkündigungsschutz häufig erst nach einigen Wochen im Arbeitsverhältnis gilt.
Welches Gericht ist für die Klage gegen Kündigung zuständig?
Gegen Ihre Kündigung müssen Sie vor dem Arbeitsgericht klagen.
In Deutschland gibt es in den meisten größeren Städten ein Arbeitsgericht. Dieses ist dann für die Stadt und das nähere Umland zuständig (sog. Bezirk).
Beispiel: Das Arbeitsgericht Bonn ist zuständig für die Stadt Bonn sowie für Alfter, Bornheim, Kreis Euskirchen, Meckenheim, Reinbach, Swisttal und Wachtberg.
Für Ihre Kündigungsschutzklage ist das Arbeitsgericht zuständig, in dessen Bezirk Sie gewöhnlich arbeiten (§ 48 Abs. 1a KSchG). Das kann z.B. auch Ihr Wohnort sein, wenn Sie überwiegend im Home Office arbeiten. Wenn sich die Niederlassung oder der Sitz des Unternehmens an einem anderen Ort befindet, können Sie auch vor dem dortigen Arbeitsgericht klagen. Sie haben die Wahl.
Sonderfall: Wenn zunächst eine Behörde Ihrer Kündigung zustimmen muss (insbes. bei Schwerbehinderten und Arbeitnehmern in Elternzeit), können und sollten Sie ggf. auch gegen diese Entscheidung klagen. Dafür ist in der Regel das Verwaltungsgericht zuständig, in dessen Bezirk die Behörde sitzt.
Führt eine Klage gegen die Kündigung immer zu einer Abfindung?
Nein, die Chancen stehen aber meist gut.
Zunächst grundsätzlich zur Abfindung: Anders als häufig angenommen, haben Arbeitnehmer nicht immer einen Anspruch auf die Zahlung durch den Arbeitgeber. Meist sind Verhandlungen notwendig. Einen Anspruch haben Sie nur in wenigen Fällen, so etwa aus einem Sozialplan, den Arbeitgeber und Betriebsrat bei einem Stellenabbau aushandeln.
In der Regel verhandeln Sie über eine Abfindung vor Gericht.
Warum sollte Ihr Arbeitgeber einer Abfindung zustimmen? Der Arbeitgeber hat ein großes Interesse daran, dass Sie keine Klage erheben oder diese möglichst schnell wieder zurückziehen. Denn in vielen Fällen besteht für ihn das große Risiko, dass das Gericht gegen ihn entscheidet und Sie wieder einzustellen sind. Dies bedeutet, dass
- Sie für die Dauer des Prozesses nachzubezahlen sind,
- Sie wieder in den Betrieb integriert werden müssen und
- das Ansehen des Arbeitgebers in der Belegschaft leidet.
Gehen Sie hingegen nicht weiter gegen die Kündigung vor, umgeht der Arbeitgeber diese Risiken. Dafür ist er oft eine hohe Abfindung zu zahlen bereit.
Wie hoch die Abfindung ausfällt, hängt im Wesentlichen davon ab, welche Chancen Sie vor Gericht hätten. Würde das Arbeitsgericht die Kündigung wahrscheinlich für unwirksam erklären, wird der Arbeitgeber zu hohen Beträgen bereit sein.
Als grobe Orientierung dient diese Faustformel, von der je nach Umständen allerdings erheblich abgewichen werden sollte: Anzahl der Jahre im Betrieb x 0,5 Bruttomonatsgehälter.
Welche Kosten entstehen durch eine Klage gegen die Kündigung?
Dies hängt stark vom Einzelfall und insbesondere Ihrem Bruttogehalt ab und dem Ausgang des Verfahrens. Die Kosten setzen sich zusammen aus Gerichts- und Anwaltskosten. Gerne berechnen wir Ihre Kosten im Vorhinein.
Wir raten dringend davon ab, die Kündigungsschutzklage ohne Anwalt zu erheben.
In vielen Fällen müssen Sie die Kosten nicht selbst übernehmen. Sind Sie rechtsschutzversichert, springt in der Regel Ihre Versicherung ein. Fehlen Ihnen die finanziellen Mittel für die Klage gegen Ihre Kündigung, können Sie Prozesskostenhilfe vom Staat beantragen.
Wie läuft eine Kündigungsschutzklage ab?
Der Ablauf einer Kündigungsschutzklage gestaltet sich wie folgt:
- Sie erheben mithilfe Ihres Fachanwalts für Arbeitsrecht Klage vor dem zuständigen Arbeitsgericht.
- In der Regel setzt das Arbeitsgericht anschließend einen sog. Gütetermin an. Hier finden erste Verhandlungen über eine Abfindung statt.
- Kommt hingegen keine Einigung zustande, geht das Verfahren weiter. In einem weiteren Gerichtstermin (Kammertermin) tragen beide Parteien nun auch mündlich ihre Positionen vor.
- Das Gericht entscheidet anschließend per Urteil. Entweder, die Kündigung ist unwirksam und Sie sind wieder einzustellen, oder der Arbeitgeber erhält recht und Sie verlieren – dann ohne Abfindung – Ihre Stelle.
- Gewinnen Sie das Verfahren in erster Instanz, ist das Ende noch nicht erreicht. Der Arbeitgeber kann zum einen den Antrag stellen, das Arbeitsverhältnis wegen Unzumutbarkeit aufzulösen, obwohl die Kündigung eigentlich unwirksam war. Zum anderen kann der Arbeitgeber noch in Berufung und später in Revision gehen.
Was muss ein Geschäftsführer bei einer Klage gegen die Kündigung beachten?
Geschäftsführer sind in aller Regel keine Arbeitnehmer. Daher gelten für die Klage gegen ihre Kündigung gänzlich andere Regeln.
Zuständiges Gericht
Dies betrifft unter anderem die Zuständigkeit des Gerichts. In aller Regel haben Sie sich an die ordentliche Gerichtsbarkeit zu wenden. Dort ist in der Regel das Landgericht zuständig. Nur in Ausnahmefällen ist das Arbeitsgericht zuständig (BAG, Beschluss vom 21.1.2019, 9 AZB 23/18). Wichtigste Voraussetzung dafür ist, dass Sie bei Entscheidung über den Rechtsweg nicht mehr als Geschäftsführer bestellt sind (Sie also das Amt niedergelegt haben oder abberufen worden sind). Außerdem muss eine dieser beiden Fälle vorliegen:
- Sie sind ausnahmsweise wegen enger Weisungsbindung ein Arbeitnehmer-Geschäftsführer (dazu unten) oder
- Sie berufen sich in Ihrer Klage zumindest auf Ihre Arbeitnehmerstellung und greifen die Kündigung ausschließlich mit Blick auf arbeitnehmerschützende Normen an (sog. Sic-non-Fall).
Geschäftsführer sind laut Bundesarbeitsgericht nur „in extremen Ausnahmefällen“ als Arbeitnehmer einzustufen. Dies setzt voraus, dass sie stark weisungsgebunden sind, was gelegentlich in Konzernen oder Familienunternehmen der Fall ist. Kündigungsschutz genießen Sie als Arbeitnehmer-Geschäftsführer trotzdem nicht. Denkbar ist auch, dass Sie vor Ihrer Bestellung als Geschäftsführer als Arbeitnehmer für das Unternehmen tätig waren und diese Eigenschaft nach Ihrer Abbestellung oder Amtsniederlegung wieder auflebt. Dann haben Sie unter Umständen sogar Kündigungsschutz, sollten Sie bei Zugang der Kündigung schon nicht mehr Geschäftsführer gewesen sein.
Kündigungsschutz von Geschäftsführern
Sind Sie – wie üblich – nicht als Arbeitnehmer zu qualifizieren, gilt Folgendes:
Der Kündigungsschutz von Geschäftsführern unterscheidet sich stark von dem der Arbeitnehmer. Grundsätzlich dürfen Sie jederzeit entlassen werden. Etwas anderes gilt allerdings für den häufigen Fall, dass Sie befristet angestellt sind. Die ordentliche Kündigung ist hier ausgeschlossen, sofern der Vertrag sie nicht ausdrücklich zulässt. Das Unternehmen kann sich dann nur per Aufhebungsvertrag oder außerordentlicher Kündigung vorzeitig von Ihnen trennen. Dies versetzt Sie in eine gute Ausgangslage, wenn Sie eine Abfindung aushandeln möchten.
Zu beachten ist außerdem, dass Sie von Ihrem Amt als Geschäftsführer abzuberufen sind. Das geschieht in der Regel nicht automatisch durch Ihre Kündigung. Im Gesellschaftsvertrag ist häufig vorgesehen, dass dazu ein wichtiger Grund vorliegen muss. Ab 2000 Mitarbeitern verlangt dies bereits das Gesetz.
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