Bonus nach Kündigung durchsetzen
Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses streiten Arbeitgeber und Arbeitnehmer häufig darüber, ob der Arbeitnehmer trotz Kündigung noch den Bonus verlangen kann. Wir erklären Ihnen, wann Ihnen nach einer Kündigung der Bonus zusteht.
Wann erhalte ich einen Bonus mit Zielvereinbarung?
Arbeitgeber sehen regelmäßig Bonuszahlungen für ihre Mitarbeiter vor, um das Unternehmen für Bewerber besonders attraktiv zu machen und den Leistungsanreiz für bestehende Mitarbeiter zu erhöhen.
Grundlage solcher Boni sind Zielvereinbarungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Zielvereinbarungen definieren konkrete Leistungsziele, die der Mitarbeiter in einem bestimmten Zeitraum erreichen soll. Erfüllt der Arbeitnehmer die Erwartungen, erhält er im Gegenzug eine Sonderzahlung, also den Bonus.
Kann der Arbeitnehmer nach Kündigung noch den Bonus verlangen?
In der Praxis gilt die Zielvereinbarung meist über das Kalenderjahr oder ein – vom Kalenderjahr abweichendes – Geschäftsjahr. Da Arbeitgeber wie Arbeitnehmer in der Regel jederzeit unter Einhaltung der Kündigungsfrist kündigen können, verlässt der Arbeitnehmer das Unternehmen häufig vor Jahresende. Oft kommt noch eine Freistellung hinzu. Aber entfällt damit der Anspruch auf die Sonderzahlung?
Nein – denn ein Bonus nach Zielvereinbarung honoriert die besondere Arbeitsleistung des Mitarbeiters. Es handelt sich also um eine Art zusätzlicher Vergütung. Aus diesem Grund kann der gekündigte Arbeitnehmer zumindest einen zeitanteiligen Bonus für seine Leistung verlangen. Die Höhe der Sonderzahlung richtet sich nach der zurückliegenden Beschäftigungszeit und einer Leistungsprognose.
Für die anteilige Prämie wird unterstellt, dass der Mitarbeiter sein Leistungsniveau, das er seit der Zielvereinbarung gezeigt hat, bis zum Jahresende beibehält. Hätte er damit das Bonusziel am Jahresende erreicht, muss der Arbeitgeber ihm den Bonus zeitanteilig auszahlen.
Beispiel:
Ein Projektleiter hat mit seinem Arbeitgeber eine Zielvereinbarung getroffen, wonach er einen Bonus von 10.000 Euro erhält, wenn er innerhalb eines Kalenderjahres 10 Projekte erfolgreich abgeschlossen hat. Bis Ende Juni hat er bereits fünf Projekte erfolgreich abgeschlossen und somit 50 % des Zieles erreicht. Bei unterstellt gleichbleibendem Erfolg würde der Projektleiter im nächsten halben Jahr weitere fünf Projekte erfolgreich abschließen (100 %). Prognose: Er würde die Zielvereinbarung erreichen. So ergibt sich ein anteiliger Bonus (50 %) in Höhe von 5.000 Euro.
Aber Achtung: Hätte der Arbeitgeber mit seiner bisherigen Leistung (hochgerechnet auf das ganze Jahr) nicht die 100 % der Zielvereinbarung verwirklicht, gibt es keinen Bonus – auch nicht anteilig. Der gekündigte Arbeitnehmer soll nicht besser stehen als davor.
Dies gilt auch in umgekehrter Richtung: Auch der hochmotivierte Mitarbeiter, der bereits zur Jahresmitte die Zielvereinbarung erfüllt hat, erhält keinen doppelten Bonus. Obwohl er, hochgerechnet auf das Jahresende, das Bonusziel zweimal erreicht hätte, erhöht sich der Bonus nicht. Es fehlt an einer entsprechenden Vereinbarung.
Dürfen Bonuszahlungen nach Kündigung vertraglich ausgeschlossen werden?
Arbeitgeber sind in der Regel nicht daran interessiert, dem gekündigten Arbeitnehmer noch einen hohen Bonus auszuzahlen. Um dies zu verhindern, nehmen sie bestimmte Klauseln in den Vertrag auf.
Stichtagsklauseln
Sog. Stichtagsklauseln machen die Zahlung der Prämie davon abhängig, ob das Arbeitsverhältnis zu einem bestimmten Zeitpunkt besteht. Danach erhält ein Arbeitnehmer seine Prämie nur, wenn er während des gesamten Zeitraums, auf den sich die Prämie bezieht, im Unternehmen beschäftigt war. Bonuszahlungen sollen so bewirken, dass sich die Arbeitnehmer zumindest für eine gewisse Zeit an das Unternehmen binden. Die Sonderzahlung belohnt ihre Betriebstreue.
Daraus folgt: Eine Stichtagsklausel im Vertrag ist nur wirksam bei Sonderzahlungen, welche die Betriebstreue belohnen (z.B. Weihnachtsgeld, Jubiläumsgeld). Verlässt der Arbeitnehmer in diesem Fall vor dem vereinbarten Stichtag das Unternehmen, kann er keine Sonderzahlung verlangen.
Bonuszahlungen, die hingegen an die Leistung des Arbeitnehmers anknüpfen, sind mit der Arbeitsleistung bereits „verdient“. Diese Gegenleistung darf nicht von einem bestehenden Arbeitsverhältnis abhängen. Eine Stichtagklausel ist somit unwirksam.
Ob eine Stichtagsklausel zulässig ist oder nicht, hängt also vom Charakter der Sonderzahlung ab. Allerdings: Inzwischen beurteilt die Rechtsprechung betriebsbindende Boni strenger, sodass eine leistungsunabhängige Jahressonderzahlung selten vorliegt. Das Weihnachtsgeld wird zum Beispiel teils als Entgelt für die während des Jahres erbrachte Arbeitsleistung angesehen.
Außerdem galt: Stichtagsklauseln können wirksam sein, wenn die Sonderzahlung nicht an eine individuelle Leistung anknüpft. Das LAG Baden-Württemberg hat jedoch in einem Fall entschieden, dass es keinen Unterschied macht, ob der Bonus ausschließlich vom Unternehmenserfolg abhängt. Auch solche werden regelmäßig als zusätzliche Vergütung für die im Geschäftsjahr erbrachte Arbeitsleistung des Arbeitnehmers gezahlt (LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 22.10.2021, 9 Sa 19/21).
Will der Arbeitgeber mit der jährlichen Bonuszahlung nicht nur die bisherige Betriebstreue belohnen, sondern auch die zukünftige, kann er eine Rückzahlungspflicht vereinbaren. Eine solche Rückzahlungsklausel kommt ebenfalls nur bei nicht leistungsbezogenen Sonderzahlungen in Betracht.
Beispiel:
Wenn das Weihnachtsgeld ein volles Monatsgehalt oder mehr beträgt, kann der Arbeitgeber eine Rückzahlung höchstens bis Ende Juni des Folgejahres fordern.
Freiwilligkeitsvorbehalt
Mit der entsprechenden Vertragsgestaltung können Arbeitgeber die Bonuszahlung nach Kündigung dennoch umgehen. Sie können einen sog. Freiwilligkeitsvorbehalt in den Vertrag aufnehmen.
Darin wird vereinbart, dass der Arbeitgeber Sonderzahlungen wenn überhaupt nur freiwillig als zusätzliche Leistung zum eigentlichen Gehalt auszahlt. Grundsätzlich hat der Arbeitnehmer aber keinen Rechtsanspruch auf einen Bonus. Durch einen wirksamen Freiwilligkeitsvorbehalt stellt der Arbeitgeber sicher, dass auch in Zukunft trotz regelmäßiger Bonuszahlungen kein Zahlungsanspruch des Arbeitnehmers entsteht.
Damit die Klausel allerdings wirksam ist, müssen Arbeitgeber hohen Anforderungen genügen. Die Vereinbarung ist beispielsweise unwirksam, wenn ein vertraglicher Freiwilligkeitsvorbehalt alle zukünftigen Leistungen erfassen soll, unabhängig von ihrer Art und ihrem Entstehungsgrund. In diesem Fall fällt die Regelung ersatzlos weg. Sie können dann auch nach Kündigung den Bonus verlangen.
Unwirksame Kündigung – Was passiert mit dem Bonus?
Ist die Kündigung des Arbeitgebers unwirksam, steht dem Arbeitnehmer meist noch mehr zu. Er darf nach einer unwirksamen Kündigung statt eines zeitanteiligen Betrags ggf. sogar den vollen Bonus verlangen.
Beispiel:
Der Arbeitgeber kündigt einer Führungskraft zum 30.09 eines Jahres. Zu diesem Zeitpunkt hat der Mitarbeiter schon 75 % der Zielvereinbarung erreicht. Wegen der Kündigung arbeitet er die letzten drei Monate des Jahres aber nicht im Betrieb. Hypothetisch hätte er allerdings alle Leistungsziele erreichen können. Nun stellt sich heraus, dass die Kündigung unwirksam ist. Dem Mitarbeiter stehen nun 100 % des Bonus zu.
Unterschied: Bei einer wirksamen Kündigung könnte der Arbeitnehmer im vorliegenden Fall einen zeitanteiligen Bonus von 75 % verlangen. Denn neun Monate Beschäftigungszeit von 12 Monaten entsprechen 75 % des Kalenderjahres.
Arbeitnehmer in Deutschland sind meist sehr umfassend durch das Kündigungsschutzgesetz vor einer Kündigung geschützt. Daher besteht eine gute Chance, dass die Kündigung unwirksam ist. Eine Ersteinschätzung eines Rechtsanwalts lohnt sich hier allemal. Allerdings müssen Sie schnell sein. Sobald Ihnen die Kündigung zugeht, müssen Sie innerhalb von drei Wochen klagen. Nach Fristablauf kann sich der Arbeitnehmer nicht mehr gegen die Kündigung wehren. Sie bleibt wirksam.
Hier erfahren Sie mehr zur Kündigungsschutzklage.
Muss der Arbeitgeber nach Kündigung noch neue Zielvereinbarungen vereinbaren?
Steht die Kündigung eines Arbeitnehmers schon fest, hat der Arbeitgeber oft keine Lust, neue Leistungsziele zu vereinbaren. Der Arbeitnehmer kann sich also bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses keinen Bonus mehr verdienen. Doch darf der Arbeitgeber das?
Man kann dem Arbeitgeber zwar keine konkreten Zielvereinbarungen aufdrängen. Weigert sich der Arbeitgeber aber nach einer Kündigung, eine Zielvorgabe zu vereinbaren, kann der Arbeitnehmer grundsätzlich Schadensersatz verlangen. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, auch mit dem gekündigten Mitarbeiter zu verhandeln. Lediglich in Fällen, in denen eine neue Zielvereinbarung nicht sinnvoll ist, kann er keinen Schadensersatz verlangen. Hier trägt der Arbeitnehmer dann selbst dazu bei.
Beispiel:
Der Mitarbeiter erfüllt die Leistungsziele erfahrungsgemäß nicht oder lässt sich nicht auf eine Verhandlung mit dem Arbeitgeber ein. Die Höhe des Bonus entspricht dann häufig einem vollen Bonus. Allein deswegen sollte der Arbeitgeber ebenfalls ein Interesse an neuen Zielvereinbarungen haben.
Wie kann der Arbeitnehmer seinen Bonus durchsetzen?
Will der Arbeitnehmer seinen Anspruch auf Sonderzahlung nach Kündigung durchsetzen, muss er noch Folgendes beachten:
- Fordern Sie zunächst Ihren Arbeitgeber zur Bonuszahlung auf. Weigert sich der Arbeitgeber zu zahlen, sollten Sie sich mit einem Fachanwalt für Arbeitsrecht beraten. Der Bonus nach Kündigung lässt sich in der Regel außergerichtlich durchsetzen. Bei Scheitern dieser Verhandlung sollten Sie klagen.
- Vorsicht: Im Arbeitsvertrag sind Ausschlussfristen üblich. Der Arbeitnehmer muss innerhalb dieser Frist noch ausstehende Forderungen verlangen. Mit Fristablauf verfallen die Ansprüche endgültig.
Fazit
- Dem Arbeitnehmer steht grundsätzlich auch im Falle einer Kündigung ein zeitanteiliger Bonus zu, wenn er die Zielvereinbarung (teilweise) erfüllt hat.
- Stichtagsklauseln bestimmen, dass der Bonus nur gezahlt wird, wenn das Arbeitsverhältnis bis zu einem bestimmten Zeitpunkt besteht. Sie sind oft unwirksam.
- Durch einen Freiwilligkeitsvorbehalt kann sich der Arbeitgeber offenhalten, ob er den Bonus zahlt oder nicht. Es entsteht von vornherein kein Anspruch.
- Auch bei einer unwirksamen Kündigung kann der Arbeitnehmer seinen Bonus verlangen; meist in voller Höhe.
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