Aufhebungsvertrag wegen Rente: Strategien, Vorteile und praktische Beispiele
Wenn ein Mitarbeiter vorzeitig in Rente gehen möchte, kann ein Aufhebungsvertrag wegen Rente die ideale Lösung sein. Statt einer Kündigung einigt man sich einvernehmlich über das Ende des Arbeitsverhältnisses und vereinbart eine Abfindung.
Für Arbeitgeber und Arbeitnehmer hat dies einige Vorteile: Vor allem dann, wenn Rentenkürzungen wegen vorzeitigem Renteneintritt im Raum stehen.
Lesen Sie hier, wann und warum ein Aufhebungsvertrag wegen Rente für alle Seiten ein lohnenswerter Weg sein kann.
Grundlagen: Aufhebungsvertrag statt Kündigung
Beim Aufhebungsvertrag heben Arbeitgeber und Arbeitnehmer ein bestehendes Arbeitsverhältnis einvernehmlich auf. Dieses Verfahren unterscheidet sich maßgeblich von der einseitig ausgesprochenen Kündigung.
Vorteile für beide Seiten:
- Arbeitgeber: Flexibel und schnell umsetzbar (keine strengen Kündigungsfristen), planbar im Rahmen von Personalanpassungen, oft weniger konfliktbelastet.
- Arbeitnehmer: Häufig eine Abfindung oder sonstige Kompensation möglich, Stress eines Kündigungsschutzprozesses entfällt, generell „schonender“ als eine Kündigung.
- Lesen Sie im verlinkten Beitrag mehr zum Unterschied von Kündigung und Aufhebungsvertrag.
Allerdings muss man auch die Risiken beachten: Beispielsweise kann eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld drohen, wenn man nicht nahtlos in Rente geht.
Wann ist ein Aufhebungsvertrag wegen Rente wirksam?

Wann ist ein Aufhebungsvertrag wegen Rente wirksam?
Nur unter Einhaltung folgender Kriterien ist ein Aufhebungsvertrag wegen Rente wirksam:
- Schriftform (§ 623 BGB)
Ein Aufhebungsvertrag wegen Rente (auch „Auflösungsvertrag“) ist nur wirksam, wenn er schriftlich geschlossen wird. Mündliche Abreden oder solche per E-Mail genügen nicht. Bei Verstößen gegen die Schriftform ist der Vertrag nach § 125 BGB unwirksam.
- Unterzeichnung beider Parteien
Beide Vertragsparteien müssen den Aufhebungsvertrag wegen Rente eigenhändig unterschreiben. Steht ein Vertreter als Unterzeichner ein, muss das aus der Urkunde (z. B. durch Vertretungsvermerk) klar hervorgehen.
- Kein gesetzliches Widerrufsrecht
Anders als z. B. bei Verbraucherverträgen existiert kein automatisches Widerrufsrecht beim Aufhebungsvertrag wegen Rente. Lesen Sie hier, wie Sie den Vertrag dennoch angreifen könnten.
- Inhaltliche Bestimmtheit
Das Datum der Beendigung und wesentliche Punkte wie Abfindung oder Freistellung sollten klar geregelt sein. Fehlt ein eindeutiger Beendigungszeitpunkt oder ist der Inhalt unklar, kann das die Wirksamkeit gefährden. Aufhebungsverträge wegen Rente sollten eindeutig regeln:
- Beendigungsdatum des Arbeitsverhältnisses
- Höhe der Abfindung
- Eventuelle direkte Ausgleichsbeiträge zur Rentenversicherung
- Umgang mit bestehenden Betriebsrenten (ggf. Fortführung oder Ausgleich bei Kürzungen)
- Hinweis auf mögliche Sperrzeiten beim Arbeitslosengeld
Achtung: In bestimmten Berufsgruppen können tarifliche Sonderregelungen existieren.
Wie ein Aufhebungsvertrag Rentenkürzungen entgegenwirken kann
Um die folgenden Erklärungen zu verstehen, ist zunächst ein Blick auf die Regelungen rund um die Rente notwendig:
Die gesetzliche Regelaltersgrenze beträgt momentan 67 Jahre.
Langjährig Versicherte zahlen insgesamt 35 Jahre in die Rentenkasse ein. Sie sind berechtigt, bereits ab 63 Lebensjahren vor Erreichen der Regelaltersgrenze in Rente zu gehen.
Schwerbehinderte (Grad der Behinderung über 50) erreichen die Regelaltersgrenze bereits mit 65 Lebensjahren. Die Berechtigung zum vorzeitigen Renteneintritt greift bereits ab 62 Lebensjahren.

Wie kann ein Aufhebungsvertrag Rentenkürzungen entgegenwirken?
Um den genauen Zeitpunkt des Renteneintritts bestimmen zu können, bietet die Deutsche Rentenversicherung einen Rechner auf ihren Internetseiten an. Dort können die erforderlichen Parameter eingetragen werden. So kann simuliert werden, wann ein Renteneintritt möglich ist.
Rentenkürzungen
Gehen Sie vor Erreichen der Regelaltersgrenze in Rente, senkt sich Ihre monatliche Rentenhöhe grundsätzlich um 0,3 % pro vorgezogenem Monat – bis zu 14,4 % bei vier Jahren Vorverlegung. Es handelt sich eine dauerhafte Kürzung der Rente.
Die genaue Berechnung hängt im Einzelfall aber entscheidend von Ihrem Jahrgang, Ihrem Geburtsmonat und zahlreichen Übergangsvorschriften ab.
Für Betroffene kann es sich lohnen, im Rahmen eines Aufhebungsvertrags eine Abfindung auszuhandeln, die diesen Abschlag – zumindest teilweise – kompensiert.
Zahlung in die Rentenversicherung statt reiner Abfindung
Es kann deswegen durchaus sinnvoll sein, dass der Arbeitgeber Beiträge direkt an die Rentenkasse leistet, vgl. § 187a SGB VI. Auf diese Weise lassen sich Abschläge reduzieren – mitunter sogar ganz ausgleichen.
Beispiel:
Ein 63-jähriger Arbeitnehmer, der laut Prognose 10.000 € bräuchte, um seine Abschläge komplett auszugleichen, könnte im Aufhebungsvertrag regeln, dass ein Teil der Abfindung (z. B. 8.000 €) in Form einer Einmalzahlung in die gesetzliche Rentenkasse fließt. Dadurch sinken seine lebenslangen Rentenkürzungen deutlich.
Das „Mannheimer Modell“
Ein in der Praxis oft erwähntes Konzept ist das „Mannheimer Modell“. Es kombiniert die Abfindung mit steueroptimierten Ausgleichszahlungen. Hierdurch lassen sich Rentenkürzungen so gut wie möglich abfangen.
Dieses Modell basiert auf:
- Ausgleichszahlungen zur Vermeidung von Rentenkürzungen,
- Einsatz von Wertguthaben (z. B. Überstunden, Sonderzahlungen oder nicht genommene Urlaubstage) für einen gleitenden Übergang,
- Die Abfindung fließt anteilig oder sogar komplett in die Rentenkasse.
Gerade Unternehmen mit umfangreichen Sozialplänen setzen auf solche Lösungen – insbesondere für Beschäftigte, die bereits 35 oder 45 Versicherungsjahre vorweisen können oder schwerbehindert sind.
Beispiel:
Frau Huber (64 Jahre) steht kurz vor der vorgezogenen Rente mit 63+ Monaten. Sie hat über 35 Beitragsjahre, möchte aber vorzeitig aus gesundheitlichen Gründen aufhören. Sie verfügt über ein Wertguthabenkonto (gesammelte Überstunden und Sonderzahlungen).
Aufhebungsvertrag
- Gleitender Übergang: Frau Huber nimmt für die letzten sechs Monate eine Freistellung aus ihrem Wertguthaben, um faktisch bereits aus dem Arbeitsalltag auszusteigen.
- Ausgleichszahlung: Ein Teil der Arbeitgeber-Abfindung fließt in die Rentenkasse, um Kürzungen zu reduzieren.
- Restliche Abfindung: Der verbleibende Betrag wird direkt an Frau Huber ausgezahlt.
Ergebnis: Durch die Kombination von Wertguthaben und Ausgleichszahlungen fallen die Rentenabschläge deutlich geringer aus. Frau Huber vermeidet eine Sperrzeit, weil sie kein Arbeitslosengeld in Anspruch nehmen muss. Der Arbeitgeber kann seinen Personalabbau sozialverträglich umsetzen.
Was gilt bei einer zeitlichen Lücke zwischen Aufhebungsvertrag und Rente?

Was gilt bei einer zeitlichen Lücke zwischen Aufhebungsvertrag und Rente?
Wenn Enddatum des Arbeitsverhältnisses und Rentenbeginn nicht übereinstimmen (z. B. weil die Rente erst einige Monate später startet), sollten Sie das Folgende beachten:
- Finanzielle Lücke:
In der Zeit zwischen Ausscheiden und Rentenbeginn besteht kein Lohnanspruch mehr. Wer noch nicht direkt in Rente geht, muss die Zeit über die Abfindungssumme oder Ersparnisse überbrücken. Beachten Sie in jedem Fall die Sperrzeit, wegen derer das Arbeitslosengeld in aller Regel keine Option ist!
- Fehlende Sozialversicherung:
Mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses enden auch die Beiträge des Arbeitgebers zur Kranken- und Pflegeversicherung. Betroffene müssen sich in der Zwischenzeit eigenständig absichern.
Beispiel:
Herr Bauer (66 Jahre) erreicht in sechs Monaten die Regelaltersgrenze (67 Jahre). Er möchte jedoch sofort aus dem Arbeitsleben ausscheiden.
Aufhebungsvertrag
- Abfindung: Er erhält 10.000 € Abfindung.
- Beendigungsdatum: Das Arbeitsverhältnis endet noch im aktuellen Monat.
- Finanzielle Überbrückung: Arbeitslosengeld ist wegen der Sperrzeit keine Option. Herr Bauer nutzt die Abfindung und persönliche Ersparnisse, um die sechs Monate bis zum Rentenbeginn zu finanzieren.
Ergebnis: Herr Bauer ist früher frei von beruflichen Pflichten. Der Arbeitgeber gewährleistet einen raschen und einvernehmlichen Ausstieg.
Was Sie zusätzlich beachten sollten
- Konsultation einer Renten- und Steuerberatung:
Gerade bei hohen Abfindungsbeträgen lohnt sich eine Beratung, wie sich Zahlungen an die Deutsche Rentenversicherung und andere Gestaltungen steuerlich auswirken.
- Individuelle Betriebsrenten prüfen:
Wann beginnt die Betriebsrente? Welche Kürzungen müssen Sie ggf. hinnehmen? Wie lässt sich die Lücke über eine Abfindungszahlung schließen?
- Einbeziehen der Personalvertretung:
Falls in Ihrem Betrieb vorhanden, ist der Betriebsrat regelmäßig in den Prozess eingebunden und hat eigene Mitwirkungsrechte.
Zusätzlicher Hinweis: Unter Umständen kann eine ungleiche Behandlung älterer oder schwerbehinderter Arbeitnehmer in Aufhebungsangeboten Fragen nach dem AGG (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz) aufwerfen. Arbeitgeber sollten sicherstellen, dass kein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot vorliegt. (LAG Sachsen, Urteil vom 19.08.2010 – 6 Sa 31/09)
Fazit
Ein Aufhebungsvertrag wegen Rente bietet eine Win-win-Situation:
- Arbeitnehmer vermeiden Unsicherheiten im Kündigungsschutzverfahren, erhalten eine Abfindung als Ausgleich für Rentenabschläge und können ihren Ruhestand planbar antreten.
- Arbeitgeber können Beendigungen individuell regeln, ohne zwingend kündigen zu müssen und mindern so das Prozessrisiko.
- Langjährig Versicherte, die frühzeitig in Rente gehen, sollten stets darauf achten, dass die Ausgleichszahlung tatsächlich die lebenslangen Kürzungen verringert.
- Im Zweifel gilt: Sich frühzeitig über die persönliche Rentenhöhe (bei der Deutschen Rentenversicherung) informieren, die Abschläge kalkulieren, Abfindung bzw. Ausgleichsbeiträge verhandeln und alles wasserdicht in einem schriftlichen Aufhebungsvertrag festhalten.
Wer die Stellschrauben Abfindung, Ausgleichszahlung in die Rentenversicherung ggf. innerhalb des Mannheimer Modells klug nutzt, erreicht meist eine sozialverträgliche, finanziell abgesicherte und rechtssichere Lösung.
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