Hat der Betriebsrat Kündigungsschutz? Alles zu Abfindung, Zustimmung und häufigen Fehlern

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Die Kündigung eines Betriebsratsmitglieds ist für Arbeitgeber eines der sensibelsten Themen im Arbeitsrecht. Der Gesetzgeber schützt Betriebsräte besonders stark, um ihre unabhängige Amtsausübung sicherzustellen.

Dieser Beitrag zeigt detailliert, wann die Kündigung eines Betriebsrats angreifbar ist, welche Voraussetzungen und Verfahren gelten und welche Urteile Arbeitgeber und Arbeitnehmer kennen sollten.

 

Inhaltsverzeichnis

Wann ist die Kündigung eines Betriebsratsmitglieds überhaupt zulässig?

Die Kündigung eines Betriebsratsmitglieds ist grundsätzlich nur als außerordentliche Kündigung zulässig (§ 15 Abs. 1 KSchG).

Die außerordentliche Kündigung eines Betriebsratsmitglieds setzt einen wichtigen Grund im Sinne von § 626 BGB voraus, der es dem Arbeitgeber unzumutbar macht, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen.

Wann ist die Kündigung eines Betriebsratsmitglieds überhaupt zulässig?

Wann ist die Kündigung eines Betriebsratsmitglieds überhaupt zulässig?

Bei der Annahme eines wichtigen Grundes sollten Sie allerdings nicht vorschnell sein. Der Betriebsrat hat besonders dann, wenn es um seine Funktion innerhalb des Betriebs geht, einen weiten Handlungsspielraum. Folgender Fall zur Verdeutlichung:

Beispiel: Ein langjähriges Betriebsratsmitglied bezeichnete konkurrierende Wahlkandidaten in einem Facebook-Post als „Schergen“ und „verachtenswerte Kreaturen“. Das Gericht sah darin eine grobe Pflichtverletzung, die aber im Lichte der Meinungsfreiheit (Art. 5 GG) nicht für eine fristlose Kündigung ausreichte. Die Kündigung war unwirksam (ArbG Mannheim, Urt. v. 01.12.2022, 14 Ca 114/22).

 

Ausreichend wichtige Gründe können u.a. sein:

  • Gravierende Straftaten des Betriebsratsmitglieds zu Lasten des Arbeitgebers
  • Ein Betriebsratsvorsitzender hatte interne E-Mails manipuliert, um einen Kollegen zu decken. Das Gericht sah hierin eine massive Vertrauensverletzung, die eine fristlose Kündigung rechtfertigte (ArbG Mannheim, Urt. v. 01.12.2021, 2 Ca 106/21).
  • Dauerhafte Krankheit
  • Wegfall der betrieblichen Position

Bei außerordentlichen Kündigungen, die nicht durch das Verhalten des Betriebsratsmitglieds begründet sind, muss der Arbeitgeber eine sog. Auslauffrist gewähren. Diese Frist muss mindestens so lang wie die bei einer ordentlichen Kündigung zu beachtenden Kündigungsfrist sein. Ansonsten würde sich der Schutz des Betriebsrats vor ordentlichen Kündigungen nachteilig auswirken.

Außerdem muss der Betriebsrat der außerordentlichen Kündigung eines Betriebsratsmitglieds im Vorhinein zustimmen, § 103 BetrVG. Das betroffene Mitglied darf nicht an der betriebsratsinternen Abstimmung teilnehmen. Es springt ein Ersatzmitglied ein, § 25 BetrVG.

 

Ist die ordentliche Kündigung eines Betriebsrats immer unzulässig?

Eine ordentliche Kündigung ist grundsätzlich unzulässig.

Nur im Fall einer Betriebsstilllegung, bzw. einer Betriebsabteilungsstillegung, ist die ordentliche Kündigung eines Betriebsratsmitglieds zulässig (§ 15 Abs. 4, 5 KSchG). Nach einer Schließung sind nämlich auch keine Arbeitnehmer mehr vorhanden, die der Betriebsrat repräsentieren könnte.

Es darf zusätzlich keine anderweitige Stelle im Unternehmen geben, die das gekündigte Betriebsratsmitglied bekleiden könnte. Der Arbeitgeber muss dem gekündigten Betriebsratsmitglied zumindest ein Angebot der Weiterbeschäftigung unterbreiten (BAG, Urt. v. 13.08.1992, 2 AZR 22/92)

Eine Zustimmung der ordentlichen Kündigung ist nach § 103 BetrVG ist nicht mehr erforderlich. Der Betriebsrat muss jedoch trotzdem nach § 102 BetrVG angehört werden.

 

Wann liegt eine Betriebsstillegung vor?

Manchmal kann es schwierig zu beurteilen sein, ob eine Betriebsschließung, bzw. eine Betriebsabteilungsschließung, vorliegt. Eine Betriebsschließung ist per Definition die Einstellung sämtlicher Arbeiten an einem bestimmten Standort. Oftmals ist es zwischen den Parteien streitig, ob ein Betrieb schließt, sich nur verlagert oder nur verkleinert.

Wann liegt eine Betriebsstillegung vor?

Wann liegt eine Betriebsstillegung vor?

Betriebsabteilungen sind separate Teile eines Betriebs mit eigener Ausstattung und eigenen Zwecken.

Beispiele für Betriebsabteilungen:

  • Lackiererei einer großen Werkstatt
  • Entwicklungslabor einer Lebensmittelfirma
  • Buchhaltung
  • Personalabteilung

Der Arbeitgeber darf die ordentliche Kündigung frühestens zum Zeitpunkt der Stilllegung aussprechen. Dies liegt unter anderem daran, dass der Betriebsrat ggf. noch einen Sozialplan mit dem Arbeitgeber aushandeln muss. Der Betriebsrat ist also bis zum Abschluss der Betriebsschließung mit von der Partie.

 

Was passiert, wenn der Betriebsrat der Kündigung eines Betriebsratsmitglieds nicht zustimmt?

Eine außerordentliche Kündigung ist nur wirksam, wenn der Betriebsrat ihr vorher zugestimmt hat. Verweigert der Betriebsrat die Zustimmung, muss der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht ein Zustimmungsersetzungsverfahren beantragen (§ 103 Abs. 2 BetrVG). Für die ausdrückliche Zustimmung hat der Betriebsrat drei Tage lang Zeit.

Erst wenn das Gericht die Zustimmung rechtskräftig ersetzt, darf der Arbeitgeber die Kündigung aussprechen. Eine vorher erklärte Kündigung ist unwirksam.

Zur Fristwahrung nach § 626 Abs. 2 BGB genügt es, wenn der Arbeitgeber den Antrag auf Zustimmungsersetzung innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis des Kündigungsgrundes einreicht. Wird die Zustimmung später ersetzt, muss die Kündigung unverzüglich nach Eintritt der Rechtskraft erklärt werden (BAG, Urt. v. 25.4.2018, 2 AZR 401/17).

Das Gericht gibt dem Zustimmungsantrag des Arbeitgebers statt, wenn die Kündigung „unter Berücksichtigung aller Umstände“ gerechtfertigt ist. Insoweit kann das gekündigte Betriebsratsmitglied nicht mehr das Fehlen eines wichtigen Grundes zur Kündigung beanstanden.

Wenn während des Zustimmungsersetzungsverfahrens ein neuer Betriebsrat gewählt wird, bedarf es keiner Anhörung des neuen Betriebsrats. Die Zustimmung des alten Betriebsrats gilt fort (BAG, Urt. v. 08.06.2000, 2 AZN 276/00)

 

Was gilt, wenn mehrere Betriebsratsmitglieder gekündigt werden?

Will der Arbeitgeber mehreren oder gar allen Betriebsratsmitgliedern wegen desselben Sachverhalts kündigen, bleibt der Betriebsrat grundsätzlich weiterhin zuständig für die Zustimmung der Kündigungen.

Was gilt, wenn mehrere Betriebsratsmitglieder gekündigt werden?

Was gilt, wenn mehrere Betriebsratsmitglieder gekündigt werden?

Betroffene Mitglieder sind aber von Beratung und Beschlussfassung ausgeschlossen. Stattdessen rücken Ersatzmitglieder nach (§ 25 Abs. 1 S. 2 BetrVG). Nur wenn kein Ersatz mehr vorhanden ist, entscheidet der Restbetriebsrat (entsprechende Anwendung von § 22 iVm § 13 Abs. 2 Nr. 2 BetrVG).

 

Hat der Betriebsrat auch nach seiner Amtszeit noch besonderen Kündigungsschutz?

Ja, nämlich ein Jahr ab Beendigung der Amtszeit. Zwei Einschränkungen gibt es aber:

  1. Die erste Einschränkung ist, dass der Arbeitgeber nicht mehr die Zustimmung des Betriebsrats nach 103 BetrVG einzuholen braucht. Trotzdem gilt weiterhin die Pflicht zur Anhörung des Betriebsrats nach § 102 Abs. 2 BetrVG.
  2. Die zweite Einschränkung betrifft Betriebsräte, die ihren Posten nach einer gerichtlichen Entscheidung verloren haben. Das sind bspw. Fälle, in denen ein entsprechender Betriebsrat wegen grober Pflichtverletzung auf einen Antrag hin aus dem Amt entfernt wird.

 

Gibt es bei der Kündigung eines Betriebsratsmitglieds eine Abfindung?

In der Praxis endet die Kündigung eines Betriebsratsmitglieds nicht häufig mit einer fristlosen Kündigung, sondern mit einer einvernehmlichen Trennung gegen Zahlung einer Abfindung.

Gibt es bei der Kündigung eines Betriebsratsmitglieds eine Abfindung?

Gibt es bei der Kündigung eines Betriebsratsmitglieds eine Abfindung?

Hintergrund ist der besonders starke Kündigungsschutz von Betriebsratsmitgliedern, der langwierige Zustimmungs- und Gerichtsverfahren erforderlich macht. Arbeitgeber bieten daher oft frühzeitig Aufhebungsverträge mit hohen Abfindungssummen an, um den kostenintensiven und zeitraubenden Weg durch mehrere Instanzen zu vermeiden.

Die Höhe der Abfindung hängt von mehreren Faktoren ab, insbesondere von:

  • Erfolgsaussichten eines Zustimmungsersetzungsverfahrens,
  • der voraussichtlichen Prozessdauer
  • und den fortlaufenden Lohn- und Nebenkosten während der schwebenden Verfahren.
  • Auch das Risiko einer nachhaltigen Störung der betrieblichen Zusammenarbeit spielt eine Rolle.

Da Abfindungszahlungen an Betriebsratsmitglieder schnell erhebliche Summen erreichen können, empfiehlt sich für Arbeitgeber eine frühzeitige rechtliche Beratung und eine strategisch geplante Verhandlungsführung. Für betroffene Betriebsratsmitglieder gilt Gleiches.

 

Welche Konsequenzen hat die fehlerhafte Kündigung eines Betriebsrats?

Eine ohne Zustimmung oder gerichtliche Ersetzung ausgesprochene Kündigung ist unwirksam und entfaltet keine Wirkung. Selbst eine formelle Anhörung nach § 102 BetrVG reicht nicht aus. Daneben sollten Sie sie Pflicht zur Schriftform und einen korrekten Zugang der Kündigung prüfen. Der betroffene Arbeitnehmer muss in jedem Fall in der Drei-Wochen-Frist eine Kündigungsschutzklage mit dem Ziel erheben, dass die Unwirksamkeit der Kündigung festgestellt wird, da sonst die Kündigung automatisch als wirksam gilt.

Das zu Unrecht gekündigte Betriebsratsmitglied bleibt im Amt und im Arbeitsverhältnis. Er hat Anspruch auf Lohnnachzahlung und auf Weiterbeschäftigung.

Zudem droht dem Arbeitgeber bei schikanösen Kündigungen ein Verfahren nach § 23 Abs. 3 BetrVG wegen Behinderung der Betriebsratsarbeit. Je nach Einzelfall setzt das Arbeitsgericht sogar ein Ordnungsgeld bin bis zu 10.000 € fest.

 

Fazit

  • Die Kündigung eines Betriebsratsmitglieds ist nur in seltenen Ausnahmefällen zulässig und unterliegt strengen gesetzlichen Anforderungen.
  • Eine außerordentliche Kündigung eines Betriebsratsmitglieds ist nur bei schwerwiegenden Pflichtverletzungen oder gravierenden Gründen möglich und bedarf stets der Zustimmung des Betriebsrats.
  • Eine ordentliche Kündigung kommt ausschließlich bei einer Betriebs- oder Abteilungsstilllegung in Betracht, mit Pflicht zur Prüfung von Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten.
  • Auch nach Ende der Amtszeit besteht ein nachwirkender Kündigungsschutz für ein Jahr fort, um die Unabhängigkeit des Betriebsrats zu sichern.
  • Fehlerhafte oder schikanöse Kündigungen können arbeitsgerichtliche Verfahren, Schadensersatzansprüche oder sogar Ordnungsgelder nach sich ziehen.
  • Für Arbeitgeber empfiehlt sich eine sorgfältige rechtliche Prüfung im Vorfeld, um formale Fehler zu vermeiden und um gerichtsfeste Entscheidungen zu treffen.

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Was unsere Mandanten über Rechtsanwalt Dr. Drees berichten

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Anna S.
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Thomas Hegel
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