Kündigung mit Sozialplan und Abfindung – wie Sie geschützt sind
Baut der Arbeitgeber Stellen ab, gibt es oft einen Sozialplan. Darin vereinbaren Arbeitgeber und Betriebsrat, dass die entlassenen Mitarbeiter Abfindungen und andere Leistungen erhalten. In diesem Beitrag erfahren Sie als Arbeitnehmer, welche Möglichkeiten Ihnen im Falle einer solchen Kündigung mit Sozialplan zustehen.
Was ist ein Sozialplan?
Ein Sozialplan wird zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat vor einer Betriebsänderung ausgehandelt. Damit sind insbesondere der Abbau von Stellen und Massenentlassungen gemeint. Deren Ursachen können etwa eine Neuausrichtung des Unternehmens oder Outsourcing sein.
Der Sozialplan soll die finanziell nachteiligen Folgen der betriebsbedingten Kündigungen kompensieren. Bei der Verhandlung stehen sich Betriebsrat und Arbeitgeber mit unterschiedlichen Interessen gegenüber. Der Betriebsrat versucht, einen bestmöglichen Deal für die Arbeitnehmer zu erzielen.
Der Inhalt des Sozialplans ist frei verhandelbar. Die Vereinbarung gewährt Ihnen konkrete Ansprüche, die Sie gegenüber Ihrem Arbeitgeber geltend machen können, notfalls auch per Klage.
Trotz Verhandlungsfreiheit sind typischerweise bestimmte Abreden in Sozialplänen zu finden. Dazu gehören finanzielle Vereinbarungen, wie die Auszahlung von Abfindungen oder die Übernahme von Bewerbungs-, Fahrt- oder Umzugskosten.
Überdies kann auch der Wechsel in eine Transfergesellschaft vereinbart werden. Eine solche Gesellschaft dient der Weiterbildung und Vermittlung in ein neues Arbeitsverhältnis. Während dieser Periode wird von der Arbeitsagentur sogenanntes Transferkurzarbeitergeld gezahlt, welches unter Umständen vom früheren Arbeitgeber bezuschusst wird. Auch ohne Transfergesellschaft können Weiterbildungsmaßnahmen im Sozialplan vereinbart werden.
In welchen Fällen ist ein Sozialplan erforderlich?
Nicht alle betriebsbedingten Kündigungen ziehen zwangsläufig einen Sozialplan nach sich. Natürlich können Betriebsrat und Arbeitgeber jederzeit freiwillig über einen Sozialplan verhandeln. Realistischerweise kommt es aber nur zu Verhandlungen, wenn der Betriebsrat ein Recht darauf hat und im äußersten Fall einen Sozialplan erzwingen könnte. Diese Pflicht zur Vereinbarung eines Sozialplans besteht nur unter bestimmten Voraussetzungen (§§ 111 bis 113 BetrVG):
- Der Betrieb
- umfasst mehr als 20 wahlberechtigte Arbeitnehmer,
- besteht seit mehr als vier Jahren und
- verfügt bereits über einen Betriebsrat. Wird der Betriebsrat erst während der Betriebsänderung gewählt, kann dieser keinen Sozialplan erzwingen.
- Die Betriebsänderung (also der Anlass für die Entlassungen)
- betrifft wichtige Teile oder den ganzen Betrieb und
- führt zu wesentlichen Nachteilen für eine große Zahl der Arbeitnehmer.
Zu den möglichen wesentlichen Nachteilen gehört insbesondere der Verlust des Arbeitsplatzes. Geht es allein um Kündigungen wegen einer Betriebsschließung oder der Stilllegung von Betriebsteilen, ist der Sozialplan erst ab einer bestimmten Anzahl von entlassenen Mitarbeitern Pflicht. Die Schwelle ergibt sich aus § 112a BetrVG.
Erzielen Betriebsrat und Arbeitgeber bei Vorliegen dieser Voraussetzungen keine Einigung, kann jede der Parteien entweder die Einigungsstelle oder die Bundesagentur für Arbeit einbeziehen. Diese sollen dann zwischen den Parteien vermitteln. Für den Fall, dass auch diese Verhandlungen erfolglos bleiben, kann die Einigungsstelle selbst einen sogenannten „erzwungenen“ Sozialplan aufstellen.
Welche Ansprüche ergeben sich aus dem Sozialplan?
Grundsätzlich haben Arbeitgeber und Betriebsrat freie Hand bei der Festlegung der Ansprüche, die im Sozialplan gewährt werden. Häufig verständigen sie sich auf die Zahlung von Abfindungen. Diese kann in ihrer Höhe individuell variieren. Zu den maßgeblichen Faktoren gehören unter anderem die Betriebszugehörigkeit und das Alter. Ebenfalls kann von Bedeutung sein, ob Sie verheiratet sind oder Kinder haben. Gewisse Faktoren wie Schwerbehinderungen, Unterhaltsverpflichtungen oder Schwangerschaften werden gesondert berücksichtigt. Wie hoch die Abfindung genau ausfällt, folgt dann aus einem Punktesystem.
Tipp:
Ob Ihre Sozialplanabfindung attraktiv ist, kann am besten ein Fachanwalt für Arbeitsrecht einschätzen. Eine erste grobe Orientierung bietet Ihnen eine häufig gebräuchliche Faustformel, die oft der erste Ausgangswert für Verhandlungen ist. Danach sollte die Abfindung 0,5 Bruttomonatsgehälter pro Jahr Ihrer Betriebszugehörigkeit betragen. Fällt Ihre Sozialplanabfindung unter diesen Wert, lohnt es sich, individuell einen höheren Betrag nachzuverhandeln. Allerdings gibt es viele Fälle, in denen die Faustformel keine verlässliche Aussagekraft hat.
Achtung: Der Sozialplan legt oftmals eine Frist fest, innerhalb derer Sie die Abfindung und andere Ansprüche geltend machen müssen.
Sind einzelne Arbeitnehmer aus dem Sozialplan ausgenommen, so muss ein sachlicher Grund vorliegen. Leitende Angestellte sind grundsätzlich vom Sozialplan ausgenommen.
Welcher Rechtsschutz steht mir gegen die Kündigung mit Sozialplan zu?
Der Sozialplan beschneidet Sie nicht in Ihrer Möglichkeit, gegen die Kündigung gerichtlich vorzugehen. Daher muss genau geprüft werden, ob die Kündigung rechtswidrig ist. In einigen Fällen können Sie Ihre Stelle vor Gericht retten oder eine attraktive Abfindung aushandeln.
Ein häufiger Grund für eine rechtswidrige Kündigung ist beispielsweise eine fehlerhafte Sozialauswahl. Demnach müssen diejenigen Arbeitnehmer zuerst entlassen werden, die die Entlassung am besten verkraften können. Außerdem muss der Arbeitgeber den Betriebsrat vor Ausspruch der Kündigung eingehend zu den Gründen der Entlassung informieren und anhören.
Gerade bei Massenentlassungen muss der Arbeitgeber weitergehende Vorgaben beachten, wodurch auch das Risiko eines Fehlers steigt. Daher kann gerade hierbei eine genauere Überprüfung der Kündigung erfolgreich sein. Zu den relevanten Fallstricken gehören beispielsweise eine weitergehende Anhörung des Betriebsrats oder die ordnungsgemäße Massenentlassungsanzeige des Stellenabbaus gegenüber der Arbeitsagentur.
Entscheiden Sie sich für eine Kündigungsschutzklage, so ist die kurze Frist zu beachten. Diese beträgt drei nur Wochen ab Zugang Ihrer Kündigungserklärung. Danach können Sie regelmäßig nicht mehr gegen die Entlassung vorgehen.
Ist die Abfindungshöhe verhandelbar?
Der Sozialplan ist zwar zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ausgehandelt, wirkt aber für Sie als Arbeitnehmer nur als Angebot. Daher ist auch die im Sozialplan enthaltene Abfindung nicht in Stein gemeißelt. In vielen Fällen lohnt es sich für Sie, den Betrag individuell nachzuverhandeln.
Bereits mit der bloßen Ankündigung einer Klage kann der Arbeitgeber oft dazu bewegt werden, eine höhere Abfindung zu gewähren. Gerade im Rahmen eines umfangreichen Stellenabbaus hat das Unternehmen ein großes Interesse daran, ein Gerichtsverfahren zu umgehen. Besonders hohe Erfolgschancen haben Ihre Verhandlungen, wenn Sie einen Fachanwalt für Arbeitsrecht hinzuziehen. Schlechtere Chancen bestehen hingegen, wenn Sie auf eine attraktive Abfindung in der Insolvenz des Arbeitgebers hoffen.
Wird Ihnen vom Arbeitgeber jedoch ein Aufhebungsvertrag statt einer betriebsbedingten Kündigung angeboten, sollten Sie unbedingt auf der Hut sein. Unterschreiben Sie nichts, bis Sie den Rat eines Fachanwalts für Arbeitsrecht eingeholt haben. Insbesondere kann es im Nachgang zu Schwierigkeiten in Bezug auf das Arbeitslosengeld I kommen.
Was versteht man unter einem Interessensausgleich?
Der Interessensausgleich ist eine weitere Einigung zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, die im Falle einer Betriebsänderung zustande kommen kann. Die Vereinbarung bestimmt die Modalitäten der betrieblichen Änderung genauer. Dazu gehört beispielsweise, welche Bereiche des Betriebs von den Änderungen betroffen sind.
Knapp gesagt: Der Sozialplan soll die Folgen der Kündigungen abfedern, der Interessenausgleich regelt hingegen, wie und ob Kündigungen überhaupt ausgesprochen werden.
Inhaltsbeispiele:
- Anzahl der Entlassungen
- Zeitpunkt der Entlassungen
- Beschäftigungsgarantien für verbleibende Mitarbeiter
- Interessenausgleich mit Namensliste der zu entlassenden Mitarbeiter
Im Gegensatz zum Sozialplan besteht keine Pflicht, sich im Rahmen eines Interessensausgleichs zu einigen. Verpflichtend sind nur Verhandlungen. Daher kann auch kein Interessensausgleich durch die Einigungsstelle „erzwungen“ werden. Wird ein Interessensausgleich jedoch geschlossen, so ist dieser für die Parteien bindend.
Sofern der Arbeitgeber keinen Versuch zur Einigung über einen Interessensausgleich unternommen oder im Falle eines geschaffenen Ausgleichs dagegen verstoßen hat, bestehen gesetzliche Möglichkeiten, sich gegen diese Verstöße zu wehren:
- Erleidet ein Arbeitnehmer wegen der Entlassung finanzielle Einbußen, so kann er für einen Zeitraum von bis zu einem Jahr Kompensation verlangen. Beispielsweise steht ihm Ausgleich für ein niedrigeres Gehalt zu, das er auf seiner neuen Stelle verdient.
- Außerdem hat er die Möglichkeit, auf eine (höhere) Abfindung zu klagen.
Die Schattenseite des Interessensausgleichs kann für Sie darin liegen, dass Sie einen geringeren Kündigungsschutz haben, sofern Sie namentlich im Ausgleich genannt werden. Das Gericht überprüft Ihre Entlassung dann nur sehr eingeschränkt. Trotzdem lohnt sich oft der Rat eines Fachanwalts für Arbeitsrecht.
Fazit
- Vor einem umfangreichen Stellenabbau handeln Betriebsrat und Unternehmen meist einen Sozialplan aus. Oft kann der Betriebsrat eine Einigung sogar erzwingen.
- Der Sozialplan sieht Regelungen vor, die die nachteiligen Konsequenzen für die entlassenen Arbeitnehmer abfedern sollen. In aller Regel umfasst dies Abfindungen.
- Sie können trotz Sozialplans gegen die Kündigung gerichtlich vorgehen. Ihr Kündigungsschutz bleibt weiter bestehen.
- Oftmals lohnt es sich, persönlich um eine höhere Abfindung zu verhandeln. Der Arbeitgeber erhofft sich dadurch, ein gerichtliches Verfahren vermeiden zu können. Daher hat der Arbeitnehmer hier eine gute Verhandlungsposition.
- Vom Sozialplan zu unterscheiden ist der Interessensausgleich, der lediglich die Modalitäten der Betriebsänderung selbst betrifft.
- Für die genaue Abschätzung der Erfolgschancen einer Kündigungsschutzklage lohnt sich eine anwaltliche Prüfung. Aber auch für die erfolgreiche Nachverhandlung der Abfindung ist Rechtsrat sinnvoll.
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