Kündigung nach 10 Jahren – Kündigungsfrist, Abfindung & mehr
Nur wenige Arbeitnehmer bleiben 10 Jahre im selben Betrieb. Eine Kündigung ist in diesen Fällen umso bedauerlicher. Eine lange Betriebsangehörigkeit bringt dabei jedoch einige Vorteile für den Arbeitnehmer mit sich.
Kündigungsfrist nach 10 Jahren – wie lang ist sie?
Ihre Kündigungsfrist ist recht lang, wenn Sie 10 Jahre für das Unternehmen gearbeitet haben.
Gesetzliche Kündigungsfrist nach 10 Jahren
In § 622 BGB sind die Kündigungsfristen für eine Kündigung durch den Arbeitnehmer und den Arbeitgeber gesetzlich geregelt.
- Arbeitnehmer können danach stets mit einer Frist von vier Wochen zum 15. eines Monats oder zum Ende des Monats kündigen – auch nach 10 Jahren in der Firma.
- Für den Arbeitgeber gilt nach zehn Jahren Betriebszugehörigkeit eine Kündigungsfrist von vier Monaten zum Monatsende. Zwischen 5 und 10 Jahren Betriebszugehörigkeit ist sie nur halb so lang.
Beispiel:
Sie arbeiten seit 10 Jahren für die Firma. Der Arbeitgeber überreicht Ihnen am 29.4. die unterschriebene Kündigung. Die Kündigungsfrist läuft nach vier vollen Monaten zum Monatsende aus, also am 31.8.
Abweichende Kündigungsfrist im Vertrag
Achtung: § 622 BGB ist keine zwingende Regelung. Vorrangig ist, was im Arbeitsvertrag oder durch Tarifvertrag geregelt ist.
Die allermeisten Arbeitsverträge enthalten Regelungen zur Kündigungsfrist. Zunächst sollten Sie daher Ihren Arbeitsvertrag und einen etwaigen Tarifvertrag nach einer Kündigungsfrist durchsuchen. Nur wenn darin keine Regelung zur Kündigungsfrist enthalten ist oder die darin enthaltene Regelung unwirksam ist, richtet sich die Kündigungsfrist nach § 622 BGB.
Praxishinweis: Häufig finden Sie im Arbeitsvertrag eine längere Kündigungsfrist für die arbeitnehmerseitige Kündigung. In dem Fall muss die Kündigungsfrist für den Arbeitgeber jedoch mindestens genau so lang sein. Die Kündigungsfrist einer arbeitgeberseitigen Kündigung darf also nicht kürzer sein als bei einer Kündigung durch den Arbeitnehmer.
Abfindung nach 10 Jahren – wie hoch ist sie?
Eine Kündigung nach 10 Jahren tut weh. Eine ordentliche Abfindung kann jedoch über die Kündigung hinweghelfen.
Gibt es eine Abfindung?
Mit zunehmender Beschäftigungsdauer können Arbeitnehmer grundsätzlich auch eine höhere Abfindung geltend machen.
Achtung: Das Gesetz sieht nicht zwingend eine Abfindung vor. In den meisten Fällen ist der Arbeitgeber aber zur Zahlung bereit, um einen langwierigen und riskanten Prozess zu vermeiden. Daher dürfen insbesondere Mitarbeiter mit einer Betriebszugehörigkeit von 10 Jahren und mehr auf eine Abfindung hoffen.
Höhe der Abfindung
Die Höhe der Abfindung nach 10 Jahren ist nicht gesetzlich vorgeschrieben. Sie wird stattdessen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ausgehandelt. In der Praxis hat sich hierzu folgende Formel zur Berechnung der Abfindung etabliert:
0,5 x durchschnittliches Bruttomonatsgehalt x Anzahl der Jahre der Betriebszugehörigkeit
Sie können also grundsätzlich ein halbes Bruttomonatsgehalt für jedes Beschäftigungsjahr fordern.
Beispiel:
Arbeitnehmer A war 10 Jahre als Industriekaufmann bei einem Groß- und Außenhandelsbetrieb beschäftigt. Im letzten Beschäftigungsjahr verdiente er durchschnittlich 5.200 Euro brutto. Nach der Abfindungsformel kann A eine Abfindung in Höhe von 26.000 Euro brutto einfordern.
Die nach der Faustformel berechnete Abfindung ist jedoch noch nicht in Stein gemeißelt. Häufig lässt sich auch eine höhere Abfindung aushandeln. Das gilt erst recht für Arbeitsverhältnisse, dies seit 10 Jahren oder länger bestehen.
Je eher das Arbeitsgericht die Kündigung für unwirksam erklären wird, desto höhere Beträge wird der Arbeitgeber zu zahlen bereit sein. Ihr Fachanwalt für Arbeitsrecht wird daher Ihre Kündigung prüfen und Schwachstellen ausmachen.
Abfindung im Aufhebungsvertrag nach 10 Jahren
Arbeitnehmer sind mit zunehmender Beschäftigungsdauer häufig besser vor einer Kündigung geschützt (s. auch im nächsten Abschnitt). Aus Gründen der Rechtssicherheit treten Arbeitgeber mit Langzeitbeschäftigten daher eher in Verhandlungen über einen Aufhebungsvertrag, statt zur Kündigung zu greifen.
Als Arbeitnehmer sollten Sie einen Aufhebungsvertrag wiederum nur gegen Zahlung einer ordentlichen Abfindung unterzeichnen. Ihre Betriebszugehörigkeit von 10 Jahren und mehr wird dabei zu Ihrem Vorteil.
Allerdings drohen Ihnen Nachteile beim Arbeitslosengeld, wenn Sie dem Aufhebungsvertag zustimmen. Lassen Sie sich daher vor der Unterschrift beraten.
Besserer Kündigungsschutz nach 10 Jahren
Wer 10 Jahre und länger dem gleichen Arbeitgeber treu bleibt, profitiert im Regelfall von einem besseren Kündigungsschutz.
Die Betriebszugehörigkeit wird im Rahmen der Interessenabwägung regelmäßig zu Gunsten des Arbeitnehmers gewürdigt. Ihre Kündigung können Sie daher also eher vor Gericht angreifen als Kollegen mit kürzerer Betriebszugehörigkeit.
Betriebsbedingte Kündigung nach 10 Jahren
Arbeitnehmer, die schon 10 Jahre im Betrieb arbeiten, sind bei einer betriebsbedingten Kündigungswelle deutlich besser geschützt als ihre jüngeren Arbeitskollegen.
Grund dafür ist die sogenannte Sozialauswahl. Selbst wenn die Voraussetzungen für eine betriebsbedingte Kündigung vorliegen (z.B. Stellenabbau wegen Schließung eines Betriebsteils), darf der Arbeitgeber nicht frei entscheiden, welchen Arbeitnehmern er kündigt. Stattdessen muss er diese Entscheidung nach einer Sozialauswahl treffen. Der Arbeitgeber muss daher vorrangig denjenigen Mitarbeitern kündigen, die eine Entlassung sozial am ehesten verkraften.
Die Dauer der Betriebszugehörigkeit ist ein wesentliches Kriterium bei der Sozialauswahl. Daneben profitieren betriebstreue Arbeitnehmer regelmäßig gleichzeitig auch aufgrund ihres Alters, denn die Sozialauswahl schützt auch ältere Kollegen stärker als jüngere Kollegen.
Kündigung nach 10 Jahren wegen Krankheit
Auch vor einer krankheitsbedingten Kündigung sind Sie mit zehnjähriger Betriebszugehörigkeit besser geschützt als andere Kollegen.
Für eine Kündigung wegen Krankheit muss der Arbeitgeber eine Prognose über zukünftige Fehlzeiten des Arbeitnehmers anstellen. Für diese Prognose greifen Arbeitgeber typischerweise auf die Fehlzeiten der letzten zwei bis drei Jahre zurück. Arbeitnehmer mit hoher Betriebstreue können hingegen gegen die Kündigung mit ihren „gesunden Jahren“ argumentieren.
Beispiel:
Wer in den letzten zwei Jahren häufig krank war, aber davor acht Jahre kaum Fehlzeiten aufwies, hat deutlich bessere Chancen gegen die Kündigung vorzugehen als ein Kollege mit nur drei Jahren Betriebszugehörigkeit.
Hinzu kommt, dass der Arbeitgeber sämtliche Interessen abwägen muss. Dabei fällt Ihre zehnjährige Betriebszugehörigkeit ins Gewicht. Stark vereinfacht ausgedrückt darf sich ein langjähriger Mitarbeiter mehr krankheitsbedingte Fehlzeiten erlauben als ein neuer Kollege.
Fristlose Kündigung nach 10 Jahren
Eine lange Betriebszugehörigkeit hindert den Arbeitgeber grundsätzlich nicht daran, das Arbeitsverhältnis im Ernstfall außerordentlich fristlos zu kündigen. Liegt ein schwerwiegender Kündigungsgrund vor, ist der Arbeitgeber zur fristlosen Kündigung berechtigt. Die Hürden für einen solch schwerwiegenden Kündigungsgrund liegen jedoch mit zunehmender Betriebszugehörigkeit immer höher.
Auch hier ist eine Interessenabwägung zwischen den Arbeitgeberinteressen und Ihren Interessen am Fortbestand des Arbeitsverhältnisses erforderlich. Je länger das Arbeitsverhältnis bereits störungsfrei angedauert hat, desto schwerere Fehltritte muss der Arbeitgeber hinnehmen, bevor er fristlos kündigen darf. Nach 10 Jahren reibungsloser Betriebszugehörigkeit ist eine fristlose Kündigung daher nur bei schwersten Pflichtverletzungen zulässig.
Kündigung erhalten – was tun?
Im Falle einer Kündigung durch den Arbeitgeber ist Eile geboten. Die Klagefrist vor dem Arbeitsgericht beträgt nur drei Wochen. Möchten Sie also gegen die Kündigung rechtliche Schritte einleiten, haben Sie hierzu nur drei Wochen ab Erhalt der Kündigung (sog. Zugang) Zeit.
Nach Ablauf dieser dreiwöchigen Klagefrist ist Ihre Stelle endgültig verloren, auch wenn die Kündigung ohne Grund erfolgt. Wir raten Ihnen daher, schnell einen Fachanwalt für Arbeitsrecht aufzusuchen.
Arbeitnehmer müssen sich außerdem vorsorglich bis spätestens drei Monate vor dem Ende ihres Arbeitsverhältnisses bei der Agentur für Arbeit arbeitslos und arbeitssuchend melden (§ 38 Abs. 1 SGB III). Wenn Sie mit knapperer Vorlaufzeit von dem Ende Ihrer Beschäftigung erfahren, bleiben Ihnen ab Kenntnis drei Tage für die Meldung. Wenn Sie sich später melden, droht Ihnen eine Sperrzeit von einer Woche.
Achtung: Die Meldung an die Agentur für Arbeit muss auch dann erfolgen, wenn Sie gegen die Kündigung klagen.
Fazit
- Nach 10 Jahren Betriebszugehörigkeit beträgt die Kündigungsfrist grundsätzlich vier Monate zum Monatsende, wenn der Arbeitgeber kündigt. Im Arbeits- oder Tarifvertrag können allerdings abweichende Fristen vereinbart sein.
- Auch nach 10 Jahren in der Firma muss der Arbeitgeber meist keine Abfindung leisten. Allerdings lässt sich oft eine entsprechende Zahlung aushandeln. In der Regel bietet der Arbeitgeber dann mindestens ein halbes Bruttomonatsgehalt pro Beschäftigungsjahr an, oft auch mehr.
- Wenn der Arbeitgeber kündigt, muss er Ihre zehnjährige Betriebszugehörigkeit im Rahmen der Sozialauswahl oder Interessenabwägung berücksichtigen. Das schützt Sie besser als neuere Kollegen.
- Gegen die Kündigung können Arbeitnehmer binnen drei Wochen ab Zugang der Entlassung Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht erheben.
So bewerten unsere Mandanten Herrn Dr. Drees