Kündigung wegen Krankheit – typische Fehler, Abfindung, Krankengeld & mehr
Eine Kündigung wegen Krankheit ist möglich – auch wenn viele Arbeitnehmer vom Gegenteil ausgehen. Die Voraussetzungen für die krankheitsbedingte Kündigung liegen allerdings hoch. Wir erklären, wie Sie geschützt sind und was Sie nach Erhalt einer Kündigung tun sollten.
Droht bei jeder Krankheit gleich die Kündigung?
Nein. Der Kündigungsschutz ist in aller Regel hoch. Nicht jede kurze Krankheit berechtigt den Arbeitgeber daher zur Entlassung. Typische Fallkonstellationen für eine krankheitsbedingte Kündigung sind:
- Häufige Kurzerkrankungen des Arbeitnehmers. Die Fehlzeiten an sich sind meist kurz, ergeben in ihrer Summe aber eine erhebliche Dauer.
- Der Arbeitnehmer ist dauerhaft erkrankt, sodass nicht absehbar ist, ob er jemals wieder arbeiten kann.
- Der Arbeitnehmer ist dauerhaft erkrankt. Es ist aber absehbar, dass er wieder arbeitsfähig sein wird. Allerdings ist der Zeitpunkt so ungewiss, dass dem Arbeitnehmer nicht zuzumuten ist, darauf zu warten.
- Die Krankheit des Arbeitnehmers macht ihn nicht arbeitsunfähig, mindert aber deutlich seine Leistungsfähigkeit.
Kündigung wegen Krankheit: Wann ist sie möglich?
Eine Kündigung stellt für den Arbeitnehmer meist einen schweren Rückschlag dar und belastet ihn stark in seinem Leben. Gerade, wenn er arbeitsunfähig erkrankt ist, stehen seine Chancen auf dem Arbeitsmarkt deutlich schlechter. Daher ist die krankheitsbedingte Kündigung an besonders hohe Voraussetzungen geknüpft, die nebeneinander erfüllt sein müssen:

Kündigung wegen Krankheit: Wann ist sie möglich?
a. Wird der Arbeitnehmer in Zukunft krank sein?
Zunächst ist eine sogenannte „negative Gesundheitsprognose“ erforderlich. Es müssen also Tatsachen dafür sprechen, dass der Arbeitnehmer in Zukunft immer wieder oder für längere Zeit arbeitsunfähig sein wird.
- Eine Sportverletzung – beispielsweise ein Schlüsselbeinbruch – begründet keine langfristige negative Gesundheitsprognose. Die Verletzung wird nach einigen Wochen verheilt und der Arbeitnehmer wieder voll einsatzfähig sein.
- Anders sieht es aus, wenn eine chronische Erkrankung festgestellt wird, die den Arbeitnehmer in seiner Arbeitsfähigkeit beeinträchtigt. Wer zum Beispiel unter einer chronischen Herz-Kreislauf-Erkrankung leidet, ist oft weniger belastbar und fällt daher am Arbeitsplatz regelmäßig aus. In diesem Fall ist eine negative Gesundheitsprognose denkbar.
Wichtig: Es geht um die Zukunft! Bisherige Fehlzeiten spielen zunächst einmal keine Rolle.
Fehlzeiten in der Vergangenheit können aber natürlich ein Indiz für eine negative Gesundheitsprognose sein. Die Lebenserfahrung zeigt, dass ein erkrankter Arbeitnehmer mit hohen Fehlzeiten auch in der Zukunft häufig ausfallen könnte.
Aber ab welcher Fehlzeit lässt sich auf eine negative Gesundheitsprognose schließen? Dies hängt vom Einzelfall und den Umständen des Betriebsablaufs ab. Fehlzeiten von mehr als sechs Wochen lassen gelegentlich darauf schließen, dass eine Kündigung gerechtfertigt ist. Diese Schwelle dient allerdings nur der groben Orientierung. Auch eine Kündigung nach nur 12 Fehltagen wurde bereits für wirksam gehalten. In einem anderen Fall reichten nicht einmal mehr als durchschnittlich 40 Fehltage pro Jahr aus.
Der Arbeitnehmer kann die Vermutung aufgrund vergangener Fehlzeiten entkräften, indem er darlegt, dass der Grund für die Arbeitsunfähigkeit nicht mehr besteht; beispielsweise, indem er ein ärztliches Gutachten vorlegt, das seine baldige Genesung bestätigt.
b. Lässt sich die Tätigkeit an die Krankheit anpassen?
Eine negative Gesundheitsprognose allein reicht allerdings noch nicht, um krankheitsbedingt kündigen zu dürfen. Die Kündigung kommt nur als letztes Mittel in Betracht. Lässt sich der Krankheit auch mit milderen Mitteln begegnen, ist eine Kündigung angreifbar. Insbesondere sollte der Arbeitgeber prüfen, ob sich die Arbeit des Mitarbeiters anpassen lässt, um ihn so im Betrieb zu halten.
In diesem Rahmen hat der Arbeitgeber in der Regel ein sogenanntes betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) anzubieten. Dies wird notwendig, sobald der Arbeitnehmer im letzten Jahr insgesamt sechs Wochen gefehlt hat. Arbeitnehmer und Arbeitgeber besprechen dann gemeinsam, wie der Arbeitnehmer mit Rücksicht auf seine Krankheit weiterbeschäftigt werden kann. Auf Wunsch des Mitarbeiters nimmt auch der Betriebsrat teil.
Bietet der Arbeitgeber kein BEM an, ist die Kündigung für den Arbeitgeber deutlich schwieriger zu begründen. Er hat nun vor Gericht darzulegen, dass die Weiterbeschäftigung auch nach einem BEM offensichtlich nicht mehr möglich gewesen wäre. Das steigert die Chancen des Arbeitnehmers, die Kündigung erfolgreich anzugreifen.
c. Überwiegen die Interessen des Arbeitgebers?
Selbst wenn der Arbeitnehmer in Zukunft krank sein wird und die Tätigkeit sich nicht an sein Leiden anpassen lässt, darf der Arbeitgeber nicht automatisch zur Kündigung greifen. Notwendig ist außerdem, dass die Interessen des Arbeitgebers durch die Ausfälle erheblich beeinträchtigt sind.
Das ist etwa der Fall, wenn der Betriebsablauf wegen der Fehlzeiten gestört wird oder dem Arbeitgeber besonders hohe Kosten entstehen (insbes. bei häufigen Kurzerkrankungen wegen der Lohnfortzahlung).
Außerdem muss der Arbeitgeber sein eigenes Interesse an der Kündigung gegen das Interesse des Arbeitnehmers an der Weiterbeschäftigung abwägen. Dabei können allerhand Faktoren eine Rolle spielen.
Wichtige Faktoren, die der Arbeitgeber bei der Interessenabwägung zugrunde legen muss, sind unter anderem:
- Wie lange arbeitet der Arbeitnehmer schon im Betrieb?
- Welche Umstände haben zu der Krankheit geführt? Ist diese möglicherweise auf die Arbeitsbedingungen zurückzuführen?
- Wie alt ist der Arbeitnehmer?
- Ist er unterhaltspflichtig?
- Welche Konsequenzen hat die Kündigung für ihn und seine Lebensführung?
- Wie stehen seine Chancen auf dem Arbeitsmarkt?
Nur wenn der Arbeitgeber (bzw. später das Gericht) unter Berücksichtigung all dieser Faktoren zu dem Ergebnis kommt, dass sein Interesse an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses überwiegt, ist eine Kündigung zulässig.
d. Besteht besonderer Kündigungsschutz?
Einige Arbeitnehmer genießen einen besonders hohen Kündigungsschutz. Ihnen kann entweder gar nicht oder nur nach einer behördlichen Genehmigung ordentlich gekündigt werden. Das bedeutet: Eine Kündigung wegen Krankheit ist nur in ausgesprochen seltenen Fällen möglich.
Typische Fälle, in denen ein besonderer Kündigungsschutz greift, sind:
- Der Arbeitnehmer ist schwerbehindert.
- Er befindet sich in der Ausbildung beim Arbeitgeber.
- Er befindet sich in Elternzeit.
- Er ist Mitglied des Betriebsrats.
Was gilt für die Kündigung wegen Krankheit in der Probezeit und im Kleinbetrieb?
Arbeitnehmer, die sich in der Probezeit befinden oder in Kleinbetrieben arbeiten, sind vor einer krankheitsbedingten Kündigung weitaus weniger geschützt. Denn sowohl während der Probezeit als auch in Betrieben mit zehn oder weniger Mitarbeitern findet das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung.

Was gilt für die Kündigung wegen Krankheit in der Probezeit und im Kleinbetrieb?
Das bedeutet, der Arbeitgeber muss weder eine negative Gesundheitsprognose noch eine Interessenabwägung zu seinen Gunsten nachweisen. Er kann recht frei bestimmen, ob er wegen einer Krankheit kündigt.
Der Schutz der Arbeitnehmer beschränkt sich hier auf ein Mindestmaß:
- So darf die Kündigung nicht gegen das Maßregelungsverbot verstoßen. Davon ist auszugehen, wenn der Arbeitgeber nur deshalb kündigt, weil der Arbeitnehmer seine Rechte geltend macht (z.B. die Entgeltfortzahlung während einer Krankheit).
- Zudem lässt sich gegen eine Kündigung vorgehen, die zur Unzeit erfolgt (z.B. Übergabe im Krankenhaus gleich nach einem schweren Arbeitsunfall). Allerdings kann der Arbeitgeber die Entlassung zu einem späteren Zeitpunkt erneut aussprechen.
Krankengeld nach Kündigung wegen Krankheit – wann wird es gezahlt?
Kündigt der Arbeitgeber wegen Krankheit, ändert dies zunächst nicht daran, dass er Mitarbeiter auch während ihrer Arbeitsunfähigkeit grundsätzlich weiterbezahlen muss. Dies gilt – vereinfacht gesprochen – stets für die ersten sechs Wochen der Arbeitsunfähigkeit. Ist dieser Zeitraum abgelaufen, springt grundsätzlich die Krankenkasse mit dem Krankengeld ein (meist 70% vom Brutto und nicht mehr als 90% vom Netto).
Diese Regeln gelten auch während der Kündigungsfrist:
- Endet der Lohnfortzahlungszeitraum von sechs Wochen also noch während der Kündigungsfrist, erhalten Arbeitnehmer anschließend Krankengeld. Diese Leistung wird meist für 78 Wochen gewährt – auch über den letzten Arbeitstag hinaus.
- Läuft die Kündigungsfrist vor Ende des Lohnfortzahlungszeitraums ab, muss der Arbeitgeber ggf. sogar über das Arbeitsverhältnis hinaus weiterzahlen (bis die sechs Wochen abgelaufen sind). Diese Pflicht besteht jedenfalls, wenn er gerade wegen der Arbeitsunfähigkeit gekündigt hat. Danach erhält der Entlassene in der Regel Krankengeld.
Erhalte ich eine Abfindung nach einer Kündigung wegen Krankheit?
Nach einer Kündigung wegen Krankheit steht Arbeitnehmern nicht automatisch eine Abfindung zu. Sie sind vielmehr auf Verhandlungen mit dem Arbeitgeber angewiesen. Dieser ist oft zur Zahlung bereit, wenn der Entlassene die Kündigung akzeptiert. So entgeht der Arbeitgeber dem Prozessrisiko und stellt sicher, dass der Arbeitnehmer endgültig den Betrieb verlässt.
Zwar gibt es keine gesetzlich vorgeschriebene Abfindungssumme. Als Richtwert werden aber meist 0,5 Bruttomonatsgehälter pro Beschäftigungsjahr veranschlagt. Es ist oft durchaus möglich, eine höhere Abfindung zu erstreiten. Da bei den Verhandlungen über eine Abfindung meist taktisches Vorgehen gefragt ist, lohnt es sich, sich einen im Arbeitsrecht erfahrenen Rechtsanwalt hinzuzuziehen.
Um eine Abfindung zu erstreiten, sollten Arbeitnehmer so schnell wie möglich nach Zugang der Kündigung auf den Arbeitgeber zugehen. Ggf. ist dieser zum Abschluss eines Abwicklungsvertrags bereit, der eine Abfindung vorsieht. Weigert er sich, sollten Arbeitnehmer ggf. Klage erheben. Auch vor Gericht lässt sich meist noch über eine Abfindung verhandeln.
Wie kann ich mich gegen eine krankheitsbedingte Kündigung wehren?
Wer krankheitsbedingt gekündigt wird, sollte möglichst frühzeitig einen Fachanwalt für Arbeitsrecht aufsuchen. Denn Arbeitnehmer müssen gegen die Kündigung klagen, um sie aus der Welt zu schaffen. Die Kündigungsschutzklage kann allerdings nur innerhalb von drei Wochen nach Erhalt der Entlassung erhoben werden. Danach wird die Kündigung wirksam, auch wenn sie tatsächlich fehlerhaft war. Die Stelle ist dann endgültig verloren und eine Abfindung unrealistisch.

Wie kann ich mich gegen eine krankheitsbedingte Kündigung wehren?
Hat ein Arbeitnehmer eine krankheitsbedingte Kündigung erhalten, stehen ihm somit verschiedene Möglichkeiten zu:
- Er kann es darauf anlegen, das Arbeitsverhältnis fortbestehen zu lassen. In dem Fall muss er innerhalb der dreiwöchigen Frist Kündigungsschutzklage erheben. Erklärt das Arbeitsgericht die Kündigung wegen inhaltlicher Mängel oder Formfehler für unwirksam, bleibt das Arbeitsverhältnis bestehen. Der Mitarbeiter ist dann für die Prozessdauer nachzubezahlen.
- Möchte er lieber eine Abfindung erhalten und den Betrieb verlassen, sollte er dennoch Kündigungsschutzklage erheben und darauf hinwirken, dass der Arbeitgeber sich auf einen Vergleich einlässt. Ggf. lässt sich auch ohne Klage ein Abwicklungsvertrag incl. Abfindung erstreiten.
Gibt es eine fristlose Kündigung wegen Krankheit?
Nein. Nach einer krankheitsbedingten Kündigung läuft zunächst die Kündigungsfrist ab, bis der Arbeitnehmer tatsächlich aus dem Betrieb ausscheidet und nicht mehr weiterbezahlt wird. Diese Frist beträgt meist einige Wochen bis hin zu mehreren Monaten (Details s. Arbeitsvertrag oder nachrangig § 622 BGB).
In seltenen Fällen wird die krankheitsbedingte Kündigung als außerordentliche Kündigung erklärt. Die außerordentliche Kündigung wirkt zwar sonst in den allermeisten Fällen fristlos; da aber die Kündigung wegen Krankheit einen Sonderfall darstellt, bei dem der Arbeitnehmer keinen Einfluss auf die Umstände seiner Krankheit hat, muss der Arbeitgeber ihm auch bei der außerordentlichen Kündigung ausnahmsweise eine soziale Auslauffrist gewähren. Diese ist meistens genauso lang wie die Frist für die ordentliche Kündigung.
Fazit
- Eine Kündigung wegen Krankheit ist nicht ausgeschlossen. Allerdings ist sie nur unter strengen Voraussetzungen möglich.
- Zum einen müssen Tatsachen vorliegen, die dafür sprechen, dass der Arbeitnehmer in Zukunft häufig krankheitsbedingt ausfallen wird. Bisherige Fehlzeiten sind nur ein Indiz.
- Zum anderen muss der Arbeitgeber über alternative Beschäftigungsmöglichkeiten nachdenken und gegebenenfalls ein betriebliches Eingliederungsmanagement anbieten.
- Außerdem hat der Arbeitgeber seine Interessen gegen die des kranken Mitarbeiters abzuwägen. Hier spielen zahlreiche betriebliche und soziale Faktoren eine Rolle.
- Oftmals ist eine Kündigung schon wegen Formfehlern oder eines besonderen Kündigungsschutzes (für Schwerbehinderte, Schwangere, Betriebsräte, etc.) unwirksam.
- Wer krankheitsbedingt gekündigt wurde, sollte schnell handeln und entscheiden, ob er sich gegen die Kündigung wehren möchte. Für eine Klage bleiben nur drei Wochen Zeit.
- Wer die Kündigung akzeptiert, kann gegebenenfalls eine Abfindung erstreiten. Es empfiehlt sich, einen Fachanwalt für Arbeitsrecht aufzusuchen.