Nach der Kündigung weiterarbeiten – das gilt
Wenn der Arbeitgeber kündigt, endet das Arbeitsverhältnis – trotzdem müssen oder wollen die meisten Arbeitnehmer nach der Kündigung erst einmal weiterarbeiten. Wir erklären, wann Sie nach der Kündigung weiterarbeiten müssen oder dürfen.
Muss ich während der Kündigungsfrist weiterarbeiten?
Ja, in aller Regel müssen Sie während der Kündigungsfrist unverändert zur Arbeit erscheinen. Die Kündigungsfrist ist der Zeitraum zwischen Zugang der Kündigung und dem Ende Ihres Arbeitsvertrags. Die Frist beträgt oft mehrere Monate.
Viele Arbeitnehmer wollen nicht mehr arbeiten, wenn Sie gekündigt wurden, und lassen sich krankschreiben. So verständlich der Frust ist, so riskant ist eine falsche Krankschreibung. Wenn der Arbeitgeber den Schwindel enttarnt, droht Ihnen eine fristlose Kündigung. Ihr Gehaltsanspruch endet dann sofort.

Muss ich während der Kündigungsfrist weiterarbeiten?
Natürlich gibt es einige Ausnahmen, in denen Sie während der Kündigungsfrist von der Arbeit befreit sind. In diesen Fällen müssen Sie während der Kündigungsfrist nicht weiterarbeiten:
Freistellung
Arbeitgeber sprechen mit der Kündigung oft zugleich eine Freistellung aus. Für Sie bedeutet das: Sie müssen nicht mehr arbeiten, bekommen aber weiter Ihr Gehalt.
Zur Freistellung kommt es insbesondere, wenn das Vertrauen zwischen den Parteien erschöpft ist. Klassische Fälle sind verhaltensbedingte Kündigungen.
Eine Freistellung hat für Sie auch Nachteile. Wenn Sie während der Kündigungsfrist (und während des Kündigungsprozesses) nicht mehr auf Ihrer Stelle arbeiten, wird Ihre Wiedereinstellung immer unwahrscheinlicher. Der Arbeitgeber lernt eine andere Person an und Sie verlieren den Anschluss an die neuesten Entwicklungen im Betrieb. Daher kann es sinnvoll sein, die Freistellung rechtlich prüfen zu lassen.
Der Arbeitgeber darf Sie nämlich nur unter bestimmten Voraussetzungen freistellen. Die häufigsten Gründe sind, dass
- nicht genug Aufträge vorliegen und der Arbeitgeber Sie deshalb nicht mit Arbeit versorgen kann.
- dem Arbeitgeber Ihre Anwesenheit im Betrieb nicht zumutbar ist. Dies kommt nur in Betracht, wenn Sie erheblich gegen Ihre Pflichten verstoßen haben, z.B. in Form von Beleidigungen oder dem Verrat wichtiger Geschäftsgeheimnisse.
Arbeitgeber zahlt nicht
Sie dürfen auch von der Arbeit fernbleiben, wenn der Arbeitgeber Ihnen größere Teile Ihres Gehalts nicht zahlt. Ihnen steht dann ein sog. Zurückbehaltungsrecht gem. § 320 BGB zu.
Seien Sie hier aber vorsichtig! Sie müssen sicher sein, dass Ihnen das offene Gehalt auch zusteht. Wenn Sie nicht zur Arbeit erscheinen, droht Ihnen eine fristlose Kündigung. Vor Gericht müssen Sie dann beweisen, dass Sie wegen der Lohnrückstände die Arbeit niederlegen durften. Sollten Sie Ihre Ansprüche nicht beweisen können, ist die fristlose Kündigung wirksam.
Fristlose Kündigung
Natürlich müssen (und dürfen) Sie nicht weiterarbeiten, wenn der Arbeitgeber Ihnen fristlos kündigt. Ihr Arbeitsverhältnis endet dann von einem Tag auf den anderen. Eine Kündigungsfrist gibt es nicht.
Vorsicht: Die Hürden für eine fristlose Kündigung liegen sehr hoch. Sie haben also oft gute Chancen, erfolgreich gegen die Kündigung zu klagen. Trotzdem dürfen Sie bis zum Urteil des Gerichts nicht weiterarbeiten (Ausnahmen unter 3.).
Wie werde ich nach der Kündigung bezahlt?
Während der Kündigungsfrist steht Ihnen Ihr normales Gehalt zu. Der Arbeitgeber darf nichts mit der Begründung abziehen, dass Ihr Arbeitsvertrag bald endet.
Auch für Überstunden, die Sie während der Kündigungsfrist machen, gelten die gewöhnlichen Regeln. In der Regel muss der Arbeitgeber Sie also dafür bezahlen.

Wie werde ich nach der Kündigung bezahlt?
Komplizierter wird es bei variablen Vergütungsbestandteilen. Ob Ihnen ein Bonus nach der Kündigung zusteht, hängt meist von Zielen ab, die für das Ende des Jahres gesetzt sind. Die Kündigung beendet das Arbeitsverhältnis aber meist mitten im Jahr. Für Ihren Bonus kommt es dann darauf an, ob Sie Ihr Jahresziel hypothetisch noch erreicht hätten. Ihnen steht dann ein entsprechender Anteil am Jahresbonus zu.
Ob Sie den Dienstwagen während der Kündigungsfrist behalten dürfen, hängt stark von der vertraglichen Regelung ab.
Wann darf ich nach der Kündigungsfrist weiterarbeiten?
Viele Arbeitnehmer wollen auch nach der Kündigungsfrist weiterarbeiten, bis ein Gericht rechtskräftig über ihre Entlassung entschieden hat. Das kann sinnvoll sein, wenn Sie auf Ihrer Stelle bleiben möchten.
Grundsätzlich endet Ihr Arbeitsverhältnis, wenn die Kündigungsfrist abgelaufen ist. Sollte Ihre Kündigung später rechtskräftig für unwirksam erklärt werden, muss der Arbeitgeber Sie wiedereinstellen.

Wann darf ich nach der Kündigungsfrist weiterarbeiten?
Allerdings muss der Arbeitgeber Sie unter Umständen auch in der Zwischenzeit – also während der Dauer des Prozesses – weiterbeschäftigen.
Einen solchen Weiterbeschäftigungsanspruch haben Sie vor allem in diesen zwei Fällen:
Betriebsrat hat Kündigung widersprochen
Bevor der Arbeitgeber Ihnen kündigt, muss er den Betriebsrat anhören. Das Gremium kann der Kündigung dann widersprechen, wenn ein Grund aus § 102 Abs. 3 BetrVG vorliegt. Die wichtigsten Gründe:
- Der Arbeitgeber hat die Sozialauswahl falsch durchgeführt.
- Der Mitarbeiter könnte auf einer anderen Stelle im Unternehmen eingesetzt werden.
- Der Mitarbeiter stimmt anderen Vertragsbedingungen zu, unter denen er weiterarbeiten könnte.
Ein Widerspruch verbietet dem Arbeitgeber zwar nicht die Kündigung. Sie erhalten aber einen sog. Weiterbeschäftigungsanspruch.
Das bedeutet: Der Arbeitgeber muss Sie während der gesamten Dauer der Kündigungsschutzklage weiterbeschäftigen und -bezahlen. Ebenso steht Ihnen Urlaub und Entgeltfortzahlung bei Krankheit zu.
Nur in Ausnahmefällen darf der Arbeitgeber die Bezahlung und Weiterbeschäftigung nach einem Widerspruch des Betriebsrats verweigern:
- Die Kündigung ist offensichtlich wirksam (selten).
- Die Weiterbeschäftigung ist dem Arbeitgeber nicht zumutbar (z.B. bei Existenzbedrohung des Betriebs).
- Es drängt sich geradezu auf, dass der Betriebsrat der Kündigung nicht widersprechen durfte (§ 102 Abs. 3 BetrVG).
Sie gewinnen in erster Instanz
Wenn der Betriebsrat Ihrer Kündigung nicht widersprochen hat, dürfen Sie nach Ablauf der Kündigungsfrist zunächst nicht weiterarbeiten.
Wenn Sie allerdings in erster Instanz vor dem Arbeitsgericht gewinnen, muss der Arbeitgeber Sie in der Regel wieder einstellen – selbst wenn der Arbeitgeber Berufung einlegt und der Prozess vor dem Landesarbeitsgericht fortgeführt wird. Schließlich spricht aufgrund des Urteils in der ersten Instanz viel dafür, dass die Kündigung unwirksam ist.
Ihr Gehalt während der Kündigungsschutzklage dürfen Sie behalten, selbst wenn die Kündigung vom Landesarbeitsgericht später für unwirksam erklärt werden sollte.
In Ausnahmefällen darf der Arbeitgeber Ihre Weiterbeschäftigung ablehnen, auch wenn Sie in erster Instanz vor dem Arbeitsgericht gewonnen haben.
Beispiele:
- Die Stelle ist ersatzlos entfallen.
- Der konkrete Verdacht besteht, dass Sie Betriebsgeheimnisse verraten könnten.
- Wenn Sie in den Betrieb zurückkehren, drohen soziale Verwerfungen im Unternehmen.
Ihre Weiterbeschäftigung müssen Sie ausdrücklich einfordern!
Ausnahmsweise steht Ihnen schon vor einem zusprechenden Urteil in erster Instanz ein Weiterbeschäftigungsanspruch zu. Das betrifft Fälle, in denen die Kündigung offensichtlich unwirksam ist, z.B., weil sie an ganz offensichtlichen Fehlern leidet.
Fazit
- Nach einer Kündigung müssen Sie zunächst weiterarbeiten, bis die Kündigungsfrist endet. Ausnahmsweise dürfen Sie zuhause bleiben, insbesondere bei einer Freistellung durch den Arbeitgeber.
- Sie erhalten während der Kündigungsfrist Ihr gewöhnliches Gehalt.
- Nach der Kündigungsfrist endet Ihr Arbeitsverhältnis grundsätzlich. Sie dürfen und müssen nicht weiterarbeiten.
- Wenn Sie allerdings gegen die Kündigung klagen, muss der Arbeitgeber Sie für die Dauer des Prozesses unter Umständen weiterbeschäftigen.
- Einen solchen Weiterbeschäftigungsanspruch haben Sie insbesondere, wenn der Betriebsrat der Kündigung widerspricht oder das Arbeitsgericht Ihre Kündigung in erster Instanz für unwirksam erklärt hat.
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