Abfindung für Prokurist nach Kündigung?
Erhält ein Prokurist nach Kündigung eine Abfindung?
Wer sich als Prokurist einer Kündigung ausgesetzt sieht, wird sich unter anderem fragen, ob ihm eine Abfindung zusteht und wenn ja, in welcher Höhe. Diese und eine Reihe anderer Fragen beantworten wir im folgenden Text.
Ist die Kündigung eines Prokuristen immer wirksam?
Prokuristen unterscheiden sich hinsichtlich ihres Kündigungsschutzes grundsätzlich nicht von „gewöhnlichen“ Arbeitnehmern. Nach § 1 KSchG muss eine ordentliche Kündigung deshalb immer sozial gerechtfertigt sein. Das gilt auch dann, wenn der Prokurist ein leitender Angestellter ist. In diesem Fall aber sind aber einige Besonderheiten zu beachten.
Informationen zum Kündigungsschutz haben wir hier zusammengefasst: Kündigung eines Prokuristen
Erhalten Prokuristen eine Abfindung?
Das kommt immer auf den Einzelfall ein. Ganz allgemein können aus folgenden Quellen Ansprüche auf eine Abfindung bestehen:
-
Bei betriebsbedingter Kündigung aus § 1a KSchG
Bei einer betriebsbedingten Kündigung, z.B. wegen einer Betriebsschließung, kann der Arbeitgeber dem Prokuristen im Kündigungsschreiben nach § 1a KSchG eine Abfindung anbieten. Hierfür muss der Prokurist aber schon länger als sechs Monate im Betrieb arbeiten.
Um eine solche Abfindung anzunehmen, darf der Prokurist nicht vor dem Arbeitsgericht gegen die Kündigung klagen. Auch, wenn die Kündigung rechtswidrig ist, beendet sie dann wirksam das Arbeitsverhältnis.
Achtung: Unter Umständen ist es attraktiver für den Prokuristen, trotzdem gegen die Kündigung zu klagen. Vor Gericht lässt sich unter Umständen ein höherer Betrag aushandeln (s. nächster Abschnitt). Dieser Schritt sollte allerdings nicht ohne anwaltliche Beratung gemacht werden.
-
Vergleich
Oft wird gegen eine Kündigung geklagt und es kommt zum Gerichtsprozess. Vor dem Prozess oder auch im Laufe dieses Prozesses kann es passieren, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen Vergleich anbietet. Darin erklärt der Arbeitgeber sich zur Zahlung einer bestimmten Summe bereit. Im Gegenzug muss der Prokurist darauf verzichten, weiter gegen die Kündigung vorzugehen. Er akzeptiert damit seine Entlassung.
Auch hier sollte genau geprüft werden, wie die Chancen der Klage gegen die Kündigung wirklich stehen. Ist ein Vergleich nämlich erst einmal angenommen, kann danach nicht mehr gerichtlich gegen die Kündigung vorgegangen und erneut geklagt werden – selbst, wenn die Kündigung rechtswidrig war. Ein Vergleich kann zwar unter Umständen im Nachhinein beseitigt werden, das ist aber sehr schwer und selten.
-
Sozialplan
Betriebsbedingte Kündigungen drohen auch immer dann, wenn der Arbeitgeber seinen Betrieb umstrukturiert und neu aufstellt.
Um solche betrieblichen Veränderungen für die Arbeitnehmer sozialverträglicher zu machen, wird bei Umstrukturierungen oftmals durch den Betriebsrat und den Arbeitgeber ein sog. „Sozialplan“ erstellt. In diesem findet sich meist auch eine Regelung, nach der gekündigte Arbeitnehmer eine Abfindung erhalten sollen. Im Unterschied zur Abfindung nach § 1a KSchG kann dem Arbeitnehmer die Abfindung auch dann zustehen, wenn er Klage gegen die Kündigung erhebt.
In einigen Fällen lohnt es sich für Prokuristen, in Nachverhandlungen mit dem Arbeitgeber zu treten. Gelegentlich lässt sich so ein höherer Betrag erzielen.
-
Arbeits- oder Tarifvertrag
Auch der Arbeitsvertrag oder ein für den Prokuristen geltender Tarifvertrag kann vorsehen, dass bei einer betriebsbedingten Kündigung eine Abfindung gezahlt werden muss. In diesem Fall ist auch die Höhe der Abfindung bereits im Vertrag festgelegt.
-
Auflösungsantrag
Unter Umständen ordnet nachträglich das Gericht eine Abfindung an. Dazu kommt es, wenn die Richter die Kündigung zwar für unwirksam halten, das Arbeitsverhältnis aber schwer zerrüttet ist. Ein klassischer Fall ist, dass es im Kündigungsprozess zu außergewöhnlich schweren Konflikten gekommen ist. In dieser Konstellation kann der Arbeitnehmer oder der Arbeitgeber einen Antrag stellen, dass das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung aufgelöst wird.
-
Leitender Angestellter
Ist der Prokurist zugleich leitender Angestellter, kann ihm eine Abfindung nach den §§ 9, 14 KSchG zustehen (vgl. unter 5.).
Welche Abfindungshöhe können Prokuristen erwarten?
Die Höhe der Abfindung lässt sich nicht pauschal bestimmen, sie ist abhängig vom Einzelfall. Auch wenn z.B. in einem Sozialplan (vgl. oben 2.) eine bestimmte Abfindungshöhe festgeschrieben ist, lässt sich trotzdem über die endgültige Höhe individuell weiterverhandeln. Entscheidend ist in aller Regel, inwieweit die Kündigung rechtmäßig bzw. rechtswidrig sein könnte.
Als Orientierung für die Höhe einer Abfindung kann § 1a Abs. 2 KSchG herangezogen werden. Diese Norm regelt die gesetzliche Untergrenze der Abfindungshöhe bei Abfindungen nach § 1a KSchG, dient aber auch in anderen Fällen als erste Ausgangsgröße in den Verhandlungen.
Hiernach erhält der Prokurist für jedes Jahr, dass er im Betrieb gearbeitet hat, einen halben Brutto-Monatsverdienst. Bei „angebrochenen“ Jahren wird ab sechs Monaten aufgerundet.
Beispiel:
Prokurist P verdient monatlich 4.000 € brutto. Nach 4 Jahren wird ihm gekündigt. Der Arbeitgeber bietet eine Abfindung nach § 1a KSchG an. Die Höhe der Abfindung beträgt dann 4 (Jahre) x 0,5 x 4.000 € (Bruttogehalt), also 8.000 €.
Die Höhe der Abfindung aufgrund eines Auflösungsantrags bestimmt das Gericht. Sie entspricht den Werten in Abschnitt 5.
Muss ein Prokurist seine Abfindung versteuern?
Die Abfindung ist zu versteuern. Allerdings gilt unter Umständen die sog. „Fünftelregelung“. Die Abfindung wird nach dieser Regel so versteuert, als würde sie über einen Zeitraum von fünf Jahren verteilt ausgezahlt.
Vereinfachtes Beispiel:
Herr X wird entlassen und erhält 20.000 € Abfindung. In diesem Jahr hatte er zusätzlich 50.000 € „normales“ Gehalt verdient, das er versteuern muss. Nach der Fünftelregelung wird ein Fünftel der Abfindung (also 4.000 €) dazugezählt. Zu versteuern wären also 54.000 €, bei einem ledigen Arbeitnehmer entspricht das ca. 14.000 € fälligen Steuern. Dieser Wert wird mit dem verglichen, der auf das zu versteuernde Einkommen ohne Abfindung anfällt (also auf die 50.000 €; hierfür wären es ca. 12.500 € zu zahlende Steuern). Die Differenz dieser beiden errechneten Steuerbeträge (1.500 €) ist mit fünf zu multiplizieren.
Der so errechnete Wert (hier 7.500 €) gilt dann nach der Fünftelregelung als zu versteuernder Betrag für die Abfindung.
Die Anwendung der Fünftelregelung muss beim Finanzamt beantragt werden.
Was gilt für die Abfindung bei leitenden Angestellten?
Prokuristen sind gelegentlich sog. leitende Angestellte im Sinne des KSchG. Wann dies der Fall ist, erfahren Sie hier.
Wie oben angesprochen, muss eine ordentliche Kündigung sozial gerechtfertigt sein. Wenn der Prokurist gegen die Kündigung klagt, überprüft das Arbeitsgericht dies in einem Kündigungsschutzprozess. Stellt das Gericht dabei fest, dass die Kündigung sozial nicht gerechtfertigt war, besteht das Arbeitsverhältnis weiter fort.
Auch bei einem leitenden Angestellten überprüfen die Gerichte, ob die Kündigung sozial gerechtfertigt war. Es gibt aber eine Besonderheit: Stellt das Gericht fest, dass die Kündigung sozial nicht gerechtfertigt war, darf der Arbeitgeber gem. § 14 Abs. 2 in Verbindung mit § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG einen Auflösungsantrag stellen. Das Arbeitsverhältnis wird in diesem Fall trotz der rechtswidrigen Kündigung aufgelöst. Anders als bei gewöhnlichen Arbeitnehmern muss das Arbeitsverhältnis dafür nicht zerrüttet sein (s.o. zum Auflösungsantrag).
Das bedeutet, dass der Arbeitgeber sich jederzeit von seinem leitenden Angestellten trennen kann.
Stellt der Arbeitgeber aber einen solchen Auflösungsantrag, ist dem leitenden Angestellten im Ausgleich eine angemessene Abfindung zu zahlen. Die Höhe dieser Abfindung legt das Arbeitsgericht fest. Folgende Höchstbeträge gelten:
Allgemeiner Höchstbetrag | 12 Bruttomonatsverdienste |
Prokurist ist 50 Jahre oder älter UND Arbeitsverhältnis besteht seit mind. 15 Jahren UND Regelaltersgrenze noch nicht erreicht | 15 Bruttomonatsverdienste |
Prokurist ist 55 Jahre oder älter UND Arbeitsverhältnis besteht seit mind. 18 Jahren UND Regelaltersgrenze noch nicht erreicht | 18 Bruttomonatsverdienste |
Fazit
- Prokuristen genießen, wie andere Arbeitnehmer, Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz.
- Ein Anspruch auf eine Abfindung kann bei einer Kündigung u.a. aus der Kündigung selbst i.V.m. § 1a KSchG, aus einem Vergleich oder aus einem Sozialplan bestehen.
- Die Höhe der Abfindung ist einzelfallabhängig. Eine Abfindung ist zu versteuern, wobei dafür eine spezielle Regelung (Fünftelregelung) zur Berechnung greift.
- Leitende Angestellte erhalten einen Abfindungsanspruch, wenn der Arbeitgeber im Kündigungsschutzprozess einen Auflösungsantrag stellt.