Abwicklungsvertrag nach Kündigung
Nach einer Kündigung des Arbeitsvertrags legen Arbeitgeber oft einen Abwicklungsvertrag vor. Wir erklären Ihnen, was es damit auf sich hat und welche Vorteile und Risiken ein Abwicklungsvertrag mit sich bringt.
Was ist ein Abwicklungsvertrag?
Ein Abwicklungsvertrag ist eine vertragliche Vereinbarung zwischen Ihnen und dem Arbeitgeber, mit der Sie die Folgen Ihrer Kündigung regeln. Vor dem Abwicklungsvertrag wurde also (meist vom Arbeitgeber) bereits eine Kündigung ausgesprochen. Im Vertrag einigen Sie sich dann auf die Details der Entlassung.
Wichtigster Inhalt ist in aller Regel, dass Sie auf eine Klage gegen die Kündigung verzichten und somit Ihre Entlassung hinnehmen. Im Gegenzug verspricht Ihnen der Arbeitgeber meist eine Abfindung.
Daneben enthält ein Abwicklungsvertrag oft Regelungen zu folgenden Aspekten:
- Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses
- Resturlaub und Überstunden
- Gestaltung des Arbeitszeugnisses
- Rückgabe von Betriebseigentum, wie z.B. Dienstwagen, Firmenhandy und Geschäftsunterlagen
- Wettbewerbsverbote oder deren Aufhebung
- Freistellungsvereinbarungen
- betriebliche Altersversorgung u.v.m.
Sie können eine solche Vereinbarung mit Ihrem Arbeitgeber formfrei schließen. Aus Beweisgründen raten wir aber dazu, stets auf eine schriftliche Vereinbarung zu bestehen.
Welche Vorteile hat ein Abwicklungsvertrag?
Grundsätzlich benötigen Sie keinen Abwicklungsvertrag, denn das Gesetz regelt bereits, was nach einer Kündigung passiert. Eine Vereinbarung ist trotzdem oft sinnvoll, um eine Lösung zu finden, die genau auf Ihren Fall zugeschnitten ist.
Arbeitnehmern bieten sich klassischerweise folgende Vorteile:
Abfindung
Wie erwähnt, sehen die meisten Abwicklungsverträge eine Abfindung vor. Zumindest nach einer Kündigung des Arbeitgebers gehört dies zum Standard. Wie hoch der Betrag ausfällt, hängt stark vom Einzelfall ab. Eine erste grobe Orientierung bietet diese Faustformel:
Anzahl der Beschäftigungsjahre im Betrieb x 0,5 Bruttomonatsgehälter
In vielen Fällen sollte der Betrag allerdings weit über dem Ergebnis dieser Formel liegen. Denn je eher die Kündigung des Arbeitgebers vor Gericht scheitern würde, desto höhere Beträge ist der Arbeitgeber zu zahlen bereit. Es liegt an Ihrem Fachanwalt für Arbeitsrecht, den Arbeitgeber auf die Schwächen der Kündigung hinzuweisen.
Der Abwicklungsvertrag ist allerdings nicht der einzige Weg zu einer Abfindung. Sie können z.B. auch Klage erheben; während der gesamten Dauer der Kündigungsschutzklage können Sie dann vor Gericht anbieten, die Klage gegen eine Abfindung zurückzunehmen (sog. gerichtlicher Vergleich). Der Abwicklungsvertrag ist allerdings oft der schnellere und unkompliziertere Weg. Ob er auch zum bestmöglichen Ergebnis führt, hängt von der Verhandlungsbereitschaft Ihres Arbeitgebers ab.
Wollen Sie sicher gehen, dass Sie die versprochene Abfindung auch tatsächlich erhalten, können Sie den Abwicklungsvertrag unter die Bedingung stellen, dass Ihnen zuerst die Abfindung gezahlt wird. Das ergibt zum Beispiel Sinn, wenn Sie aufgrund der wirtschaftlichen Schieflage Ihres Arbeitgebers eine betriebsbedingte Kündigung erhalten haben.
Vermeidung gerichtlicher Streitigkeiten
Durch einen Abwicklungsvertrag können Sie eine gerichtliche Auseinandersetzung vermeiden und somit Kosten und Ärger sparen.
Beispiel: Arbeitnehmer A meint nach Erhalt der Kündigung, er habe noch 75 unbezahlte Überstunden offenstehen. Belegen kann er das aber nicht, da er die Überstunden nie dokumentiert hat. Arbeitgeber B erklärt sich bereit, A 50 Überstunden noch auszubezahlen.
Die gerichtliche Geltendmachung Ihrer Ansprüche ist nicht immer erfolgversprechend. Gegebenenfalls lohnt es sich daher, offene Punkte im Abwicklungsvertrag zu regeln.
Positives Arbeitszeugnis
In einem Abwicklungsvertrag können Sie sich auch Formulierungen im Arbeitszeugnis zusichern lassen, auf die Sie sonst keinen Anspruch hätten (z.B. Note „sehr gut“). Zwar muss der Arbeitgeber bei der Wahrheit bleiben, jedoch kann er im Rahmen seines Beurteilungsspielraums positivere Eindrücke einfließen lassen.
Flexibilität schaffen für neuen Arbeitsplatz
Haben Sie bereits eine neue Arbeitsstelle in Aussicht, können Sie durch Vereinbarung mit Ihrem Arbeitgeber das Austrittsdatum vorverlegen und so früher bei einem neuen Arbeitgeber anfangen.
Welche Nachteile hat ein Abwicklungsvertrag?
Sie sollten allerdings die gewichtigen Nachteile eines Abwicklungsvertrags berücksichtigen:
Klageverzicht
Ein großer Nachteil des Abwicklungsvertrages ist, dass Sie meist auf eine Klage gegen die Kündigung verzichten. Ein solcher Verzicht wird von Arbeitgebern fast immer in die Vereinbarung aufgenommen. Schließen Sie den Vertrag mit Ihrem Arbeitgeber ab, erkennen Sie die Kündigung faktisch als wirksam an. Es gibt dann kein Zurück mehr (Ausnahme: Sie wurden getäuscht o.ä.).
Bedenken Sie: Kündigungen scheitern sehr oft an den hohen Kündigungsvoraussetzungen. Außerdem muss der Arbeitgeber die Kündigungsgründe darlegen und beweisen. Das gelingt ihm in vielen Fällen nicht. Wollen Sie an Ihrem Arbeitsverhältnis festhalten und haben Zweifel, ob Ihr Arbeitgeber Ihnen kündigen durfte, sollten Sie daher keinen Abwicklungsvertrag abschließen.
Sperrzeit
Sie müssen auch mit Konsequenzen beim Arbeitslosengeld rechnen, wenn Sie einen Abwicklungsvertrag unterschreiben. Ihnen droht eine Sperrzeit von 12 Wochen oder mehr, in der Sie kein Arbeitslosengeld I erhalten. Die Bundesagentur für Arbeit macht Sie nämlich für die Entlassung mitverantwortlich.
Mehr zur Sperrzeit nach einem Abwicklungsvertrag.
Überrumpelungspotenzial, schlechte Abfindung
Arbeitgeber nutzen Abwicklungsverträge gelegentlich, um Ihnen ungünstige Bedingungen aufzuzwingen. Wenn Sie nicht richtig verhandeln, stellen Sie sich durch einen Abwicklungsvertrag oft schlechter, als Sie ohne den Vertrag stünden. Sie sollten das Vertragsangebot daher vor der Unterschrift stets von einem Rechtsanwalt prüfen lassen.
Aufhebungsvertrag und Abwicklungsvertrag – wo ist der Unterschied?
Aufhebungsvertrag und Abwicklungsvertrag sind nicht zu verwechseln.
Grundsätzlich wird ein Arbeitsverhältnis durch Kündigung, also eine einseitige Willenserklärung des Arbeitgebers oder des Arbeitnehmers beendet. Immer häufiger einigen sich beide Parteien aber über eine Beendigung der Beschäftigung. Man spricht dann von einem Aufhebungs- oder Auflösungsvertrag. Ein solcher ersetzt die klassische Kündigung und regelt zugleich die Details der Auseinandersetzung.
Ein Abwicklungsvertrag hingegen ist nur möglich, wenn bereits eine Kündigung ausgesprochen wurde. Die Regelungen des Abwicklungsvertrags betreffen dann nur noch die Folgen.
Das bedeutet also: Einen Abwicklungsvertrag gibt es nur im Zusammenspiel mit einer Kündigung. Der Aufhebungsvertrag hingegen ersetzt eine Kündigung. Darüber hinaus ähneln sich die typischen Inhalte der Verträge stark.
Abwicklungsvertrag vs. Kündigung und Ausgleichsquittung
Verwechslungsgefahr besteht auch gegenüber der Kündigung mit Ausgleichsquittung. Gemeint ist damit eine Bestätigung, dass keinerlei Ansprüche mehr aus dem Arbeitsverhältnis bestehen. Sie verzichten also auf Ihre Rechte, insbesondere offene Zahlungen für Überstunden, Urlaubstage und Ähnliches.
Sie sollten eine solche Ausgleichsquittung nicht ohne vorherige anwaltliche Beratung unterschreiben.
Gibt es auch einen Abwicklungsvertrag ohne Abfindung?
Wie Sie Ihren Abwicklungsvertrag inhaltlich ausgestalten, ist Ihnen bzw. Ihrem Arbeitgeber überlassen. Sie können daher auch auf eine Abfindung verzichten. Die Vereinbarung wird dadurch nicht unwirksam. Allerdings macht der Verzicht nur in sehr wenigen Fällen Sinn.
Bedenken Sie: Der Arbeitgeber hat meist ein deutlich größeres Interesse am Abwicklungsvertrag. Ohne Ihre Zustimmung ist dieser aber nicht umsetzbar. Sie sind gesetzlich ohnehin recht gut geschützt und haben daher in der Regel eine gute Verhandlungsposition, um eine attraktive Abfindung zu verlangen.
Fazit
- Ein Abwicklungsvertrag regelt die Details der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses.
- In aller Regel verzichtet der Arbeitnehmer auf eine Klage und erhält im Gegenzug eine Abfindung.
- Daneben werden häufig Regelungen über den Beendigungszeitpunkt, die Überstunden- und Urlaubsabgeltung sowie die Rückgabe von Unternehmenseigentum getroffen.
- Durch einen Abwicklungsvertrag können Sie den Zeitpunkt Ihres Austritts flexibler bestimmen. Sie vermeiden gerichtliche Streitigkeiten und haben grundsätzlich eine gute Verhandlungsposition für eine Abfindung.
- Arbeitgeber neigen dazu, Ihnen schlechte Bedingungen aufzuzwingen. Sie sollten Ihre Vereinbarung daher vor der Unterschrift prüfen lassen.
- Eine Abwicklungsvereinbarung kann sich nachteilig auf das Arbeitslosengeld auswirken und eine sog. Sperrzeit auslösen.
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