Wiedereinstellung nach Kündigung – so retten Sie Ihre Stelle

,

Umstrukturierungen, Krisen, Krankheit: für eine Kündigung gibt es zahlreiche Gründe. Bessern sich die Umstände allerdings im Nachhinein, können Sie oft Ihre Stelle zurückverlangen. Man spricht vom sog. Wiedereinstellungsanspruch. Wir erklären, was gekündigte Arbeitnehmer dazu wissen müssen.

 

Inhaltsverzeichnis

Was ist der Wiedereinstellungsanspruch?

Eine Kündigung basiert immer auf einer Prognose des Arbeitgebers zum Zeitpunkt der Kündigungserklärung. Er muss davon ausgehen, dass der Kündigungsgrund auch in der Zukunft bestehen wird.

Beispiel:
  • Auch künftig werden nicht genug Aufträge eingehen, um den Mitarbeiter mit Arbeit versorgen zu können.
  • Der entlassene Mitarbeiter wird auch in Zukunft häufig krank sein.

Da sich die Prognose naturgemäß als falsch herausstellen kann, wirkt der Wiedereinstellungsanspruch als Korrektiv, um ungerechte Ergebnisse zu vermeiden.

Ein Wiedereinstellungsanspruch kommt demnach infrage, wenn sich die Prognose des Arbeitgebers nachträglich ändert.

Beispiel:
  • Es gehen überraschend zahlreiche Neuaufträge ein.
  • Der Arzt des kranken Mitarbeiters bescheinigt, dass dessen Grundleiden geheilt sei.

Besteht ein Wiedereinstellungsanspruch, ist nicht die Kündigung unwirksam. Dem Arbeitnehmer steht vielmehr ein Anspruch auf Abschluss eines neuen Arbeitsvertrages zu den vorherigen Konditionen zu. Im Ergebnis bedeutet das: Er erhält seine Stelle zurück.

Der Anspruch kann zwar im Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung festgeschrieben sein. In aller Regel ergibt er sich aber bereits aus dem Gesetz.

Übrigens: Viele Arbeitsverhältnisse enden per sog. gerichtlichem Vergleich. Dieser kommt zustande, nachdem der Arbeitgeber kündigt, der Mitarbeiter sich dagegen mit einer Klage wehrt und man sich vor Gericht auf eine Abfindung einigt. Je nach Ausgestaltung eines solchen gerichtlichen Vergleichs ist auch hier ein Anspruch auf Wiedereinstellung möglich, wenn die Umstände sich im Nachhinein ändern. Natürlich muss der Arbeitnehmer im Gegenzug die Abfindung zurückzahlen.

Der Wiedereinstellungsanspruch ist nicht zu verwechseln mit

  • dem Weiterbeschäftigungsanspruch, der lediglich eine Weiterbeschäftigung bis zum Ende des Kündigungsschutzprozesses zusichert,
  • dem Wiedereinstellungsanspruch in Saisonbetrieben oder
  • einer Wiedereinstellungszusage, bei der das Arbeitsverhältnis beendet wird, dem Arbeitnehmer jedoch für den Fall einer wirtschaftlichen Besserung der Arbeitsplatz „freigehalten“ wird.

 

Wann muss ich nach einer Kündigung wiedereingestellt werden?

Dies hängt von den Voraussetzungen des Wiedereinstellungsanspruchs ab:

Neue Umstände während Kündigungsfrist

Wichtigste Anforderung ist zunächst, dass sich die o.g. Prognose noch während der Kündigungsfrist als falsch herausstellt. Entwickeln sich die Dinge erst nach Ende des Arbeitsverhältnisses anders, kommt kein Wiedereinstellungsanspruch in Betracht.

Beispiel:
A erhält am 12.1. seine Kündigung, die mit mangelnden Aufträgen begründet wird. Die Kündigungsfrist läuft am 31.4. ab. Mitte März erhält das Unternehmen einen Großauftrag, für dessen Abwicklung auch die Fähigkeiten von A einsetzbar sind. A steht deshalb ein Wiedereinstellungsanspruch zu. Geht der Auftrag hingegen erst am 3.5. ein, bleibt es bei der Entlassung von A (natürlich sollte er aber gleich nach seiner Kündigung über eine Kündigungsschutzklage nachdenken).

Einzig nach einer Betriebsübernahme kann der Wiedereinstellungsanspruch auch noch nach Ablauf der Kündigungsfrist entstehen (s.u.).

Wiedereinstellung muss zumutbar sein

Zudem muss die Wiedereinstellung für den Arbeitgeber zumutbar sein. Dies ist dann nicht der Fall, wenn der Arbeitgeber bereits Dispositionen getroffen hat; zum Beispiel, indem er den frei gewordenen Arbeitsplatz wiederbesetzt hat. Des Weiteren kann es bei einer Betriebsübernahme durch einen neuen Inhaber an der Zumutbarkeit fehlen, wenn der Erwerber die Übernahme gerade von Rationalisierungsmaßnahmen abhängig gemacht hat. Natürlich liegt hier ein Einfallstor für eine absichtlich herbeigeführte Unzumutbarkeit. Daher bieten sich oft gute Möglichkeiten für Arbeitnehmer, doch noch einen Wiedereinstellungsanspruch zu erstreiten.

Formale Anforderungen

Selbstverständlich kommt ein Wiedereinstellungsanspruch nur infrage, wenn die Kündigung durch den Arbeitgeber erfolgte. Hat der Arbeitnehmer selbst gekündigt, ist diese Entscheidung endgültig.

Zudem sind nur solche Arbeitsverhältnisse erfasst, für die das Kündigungsschutzgesetz gilt. Dies ist insbesondere nicht der Fall bei Kleinbetrieben, die weniger als zehn Mitarbeiter beschäftigen, und Arbeitsverhältnissen, die kürzer als sechs Monate bestehen. Allerdings besteht auch hier in Ausnahmefällen die Chance, einen Wiedereinstellungsanspruch zu erstreiten.

Herr Dr. Drees berät Sie.
Jeder Fall ist einzigartig. Herr Dr. Drees beantwortet Ihre Fragen. Er bespricht mit Ihnen, wie Sie am besten vorgehen. Mit dem Rat eines Fachanwalts für Arbeitsrecht gehen Sie sicher.

Wir melden uns kurzfristig bei Ihnen zurück. Ihre drängendsten rechtlichen Fragen lassen sich meist schon im Anschluss klären.

Typische Fälle der Wiedereinstellung nach einer Kündigung

Folgende Fälle sind typisch:

Betriebsbedingte Kündigung

Primär kommt ein Wiedereinstellungsanspruch bei betriebsbedingten Kündigungen infrage. Klassische Beispiele können sein:

  • Aufgrund einer schlechten Auftragslage schließt der Arbeitgeber einen von mehreren Betrieben und kündigt allen Arbeitnehmern. Noch während der Kündigungsfrist geht überraschend ein großer Auftrag ein, der die Aufrechterhaltung des Betriebes möglich macht.
  • Nach der Kündigung des Arbeitnehmers kündigt ein weiterer Arbeitnehmer, der nach der Sozialauswahl ebenfalls für eine Kündigung infrage gekommen wäre.

Besonderheiten nach einem Betriebsübergang

Wird der Betrieb nach der Kündigung verkauft, kann ebenfalls ein Wiedereinstellungsanspruch entstehen, da sich häufig neue Beschäftigungsmöglichkeiten ergeben.

Ausnahmsweise kann ein Anspruch auf Wiedereinstellung hier auch nach Ablauf der Kündigungsfrist bestehen. Dies ist etwa der Fall, wenn ursprünglich eine Stilllegung geplant war, der Betrieb anschließend dann aber doch veräußert wird. Es macht hier zunächst nichts, wenn Arbeitnehmer erst nach ihrem letzten Arbeitstag von dem Übergang erfahren. Wurde wegen der Stilllegung wiederum allen Arbeitnehmern gekündigt, haben nicht alle ehemaligen Arbeitnehmer einen Wiedereinstellungsanspruch. Die Auswahl orientiert sich dann an sozialen Kriterien.

Typische Fälle der Wiedereinstellung nach einer Kündigung

Typische Fälle der Wiedereinstellung nach einer Kündigung

Wiedereinstellung nach Kündigung wegen Krankheit u.ä.

Bezüglich der personenbedingten Kündigung ist besonders die krankheitsbedingte Kündigung relevant. Kann der Arbeitnehmer noch im Laufe der Kündigungsfrist beweisen, dass er künftig wieder voll arbeitsfähig sein wird, steht ihm ein Wiedereinstellungsanspruch zu. Dies gelingt am ehesten durch ein ärztliches Attest.

Eine personenbedingte Kündigung ist aber auch möglich, wenn eine behördliche Erlaubnis, die für den Beruf erforderlich ist, wegfällt. Zu denken ist hier etwa an eine Fahrerlaubnis.

Wiedereinstellung nach Verdachtskündigung

Auch nach einer Verdachtskündigung kommt ein Wiedereinstellungsanspruch in Betracht. Eine Verdachtskündigung liegt vor, wenn nur der Verdacht eines Fehlverhaltens besteht, das Arbeitsverhältnis dadurch jedoch so belastet ist, dass eine Weiterbeschäftigung nicht mehr zumutbar ist.

In diesem Fall kommt eine Änderung der Prognose in Betracht, wenn sich während der Kündigungsfrist die Unschuld des Arbeitnehmers herausstellt. Allein die Einstellung des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens ist dafür jedoch nicht ausreichend.

 

Wie setze ich meine Wiedereinstellung durch?

Erfahren Sie, dass Ihre Stelle wiederbesetzt werden kann, sollten Sie schnell handeln. Dies gilt insbesondere, weil der Wiedereinstellungsanspruch nur innerhalb der Kündigungsfrist besteht. Danach ist ein solcher Anspruch nur in sehr seltenen Fällen noch anerkannt.

Im Falle einer krankheitsbedingten Kündigung erfahren Sie natürlich als erstes von einer Änderung Ihrer Gesundheitsprognose. Ein Wiedereinstellungsverlangen ist in diesem Fall innerhalb von drei Wochen nach Kenntniserlangung geltend zu machen. Das Gleiche gilt im Falle einer fehlenden behördlichen Erlaubnis.

Nach der betriebsbedingten Kündigung ist der Arbeitgeber verpflichtet, Sie über eine Änderung der Umstände zu informieren. Nachdem Sie von der Änderung der Umstände erfahren, haben Sie vier Wochen Zeit, beim Arbeitgeber ein Wiedereinstellungsverlangen zu äußern.

Bei einem Betriebsübergang ist der Wiedereinstellungsanspruch regelmäßig gegenüber dem Erwerber geltend zu machen. Entspricht dieser dem Verlangen nicht, kann innerhalb von drei Wochen Klage erhoben werden.

Informiert der Arbeitgeber Sie nicht über den Wegfall des Kündigungsgrundes, steht Ihnen oft Schadensersatz in beträchtlicher Höhe zu. Auch für die Zeit, die der Arbeitgeber Sie trotz eines geäußerten Wiedereinstellungsverlangens nicht beschäftigt, kann Ihnen ein Schadensersatzanspruch für den entgangenen Lohn zustehen. Dabei ist aber die genaue Formulierung des Wiedereinstellungsverlangens wichtig. Es ist daher ratsam, sich von Anfang an von einem erfahrenen Fachanwalt für Arbeitsrecht beraten zu lassen, der Ihnen auch bei Verhandlungen mit dem Arbeitgeber zur Seite steht.

 

Fazit

  • Entfallen die für eine Kündigung maßgeblichen Umstände nachträglich, steht Ihnen als Arbeitnehmer grundsätzlich ein Anspruch auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu. Sie erhalten also Ihre Stelle zurück.
  • Der Weiterbeschäftigungsanspruch besteht nur, wenn der zur Kündigung führende Grund innerhalb der Kündigungsfrist wegfällt und eine Weiterbeschäftigung dem Arbeitgeber noch zumutbar ist.
  • Ein Wiedereinstellungsanspruch ist insbesondere denkbar bei betriebsbedingten oder personenbedingten Kündigungen.
  • Erfahren Sie von einer Änderung der Umstände, sollten Sie innerhalb von drei bis vier Wochen das Wiedereinstellungsverlangen äußern.
  • Da der Wiedereinstellungsanspruch von vielen Unwägbarkeiten abhängt und schnelles Handeln geboten ist, sollten Sie sich rechtzeitig an einen Fachanwalt für Arbeitsrecht wenden.