Kündigung ohne Grund erhalten – was tun?
In diesem Beitrag erfahren Sie, wie Sie auf eine Kündigung des Arbeitsvertrags ohne Grund reagieren. Wir erklären Ihnen, wie Sie Ihre Stelle retten können und wann Sie Chancen auf eine attraktive Abfindung haben.
Kündigung ohne Grund erhalten – was tun?
Wenn Sie ohne nachvollziehbaren Grund eine Kündigung von Ihrem Arbeitgeber erhalten, sollten Sie schnell reagieren.
Ab dem Zugang des Kündigungsschreibens läuft eine Klagefrist von nur drei Wochen. Wenn Sie diese Frist versäumen, ist Ihre Stelle endgültig verloren. Wir empfehlen deshalb, dass Sie nicht zögern und einen Rechtsanwalt für Arbeitsrecht kontaktieren, der Ihre Chancen auf die Rettung der Stelle oder den Erhalt einer Abfindung überprüft und fristgerecht Klage gegen die Kündigung erhebt. Von einer Kündigungsschutzklage ohne Anwalt raten wir ab.
Daneben raten wir Ihnen, sich möglichst frühzeitig bei der Arbeitsagentur als arbeitssuchend zu melden. So vermeiden Sie Komplikationen beim Bezug von Arbeitslosengeld I, sollten Sie tatsächlich Ihre Stelle verlieren.
Bitte beachten Sie: Nur weil der Arbeitgeber im Kündigungsschreiben keinen Grund für die Entlassung nennt, heißt das nicht gleich, dass er Sie ohne Grund kündigt. Ihr Arbeitgeber ist nämlich meist nicht verpflichtet, die Kündigungsgründe im Kündigungsschreiben anzugeben. Daher verzichtet er oftmals darauf. Allein gegenüber dem Betriebsrat und später Ihnen gegenüber vor Gericht muss er die Kündigung begründen und die zugrundliegenden Umstände beweisen können. Nur ausnahmsweise muss er Ihnen den Grund für die Kündigung bereits vorher mitteilen. Das ist der Fall, wenn Sie sich in Ausbildung befinden oder eine fristlose Kündigung erhalten haben und gem. § 626 II BGB eine Begründung verlangen.
Unterscheiden Sie also: Der Arbeitgeber benötigt zwar einen Kündigungsgrund. Er muss diesen aber in aller Regel nicht bereits im Kündigungsschreiben angeben.
In jedem Fall muss er die Kündigung unterschreiben.
Ist eine ordentliche Kündigung ohne Grund möglich?
Bei einer ordentlichen Kündigung endet Ihr Arbeitsverhältnis nicht gleich nach dem Zugang des Kündigungsschreibens, sondern erst nach Ablauf der Kündigungsfrist. Ist die Kündigungsfrist nicht vertraglich geregelt, gelten die gesetzlichen Kündigungsfristen.

Ist eine ordentliche Kündigung ohne Grund möglich?
Ihr Arbeitgeber kann Sie nicht ohne Grund ordentlich kündigen. Ausnahmen bestehen nur während der Probezeit und in einem Kleinbetrieb (s.u.). Das Kündigungsschutzgesetz nennt drei alternative Kündigungsgründe, von denen einer vorliegen muss:
Verhaltensbedingte Kündigung
Eine verhaltensbedingte Kündigung liegt vor, wenn der Arbeitgeber Ihnen wegen eines schuldhaften Verhaltens, das eine Vertragsverletzung darstellt, kündigt. Vor der Kündigung sollte er Sie abmahnen und Ihnen so die Möglichkeit geben, sich zu bessern. Nur wenn eine Verbesserung Ihres Verhaltens nicht zu erwarten ist, darf er die verhaltensbedingte Kündigung erklären.
Beispiele:
Sie kommen wiederholt zu spät zur Arbeit, feiern krank oder mobben einen Kollegen.
Aber beachten Sie: Wenn Sie zuvor z.B. eine Abmahnung wegen Mobbings erhalten haben, darf Ihr Arbeitgeber Sie nicht wegen Zuspätkommens kündigen, ohne Sie wegen des Zuspätkommens erst einmal abzumahnen. Der Vorwurf, der zur Abmahnung geführt hat, und der Kündigungsgrund müssen gleichartig sein, also ähnliche Pflichtverletzungen betreffen.
Eine verhaltensbedingte Kündigung ohne Abmahnung ist in den meisten Fällen rechtswidrig. Oft ist sogar weit mehr als nur eine Abmahnung im Vorhinein nötig.
Achtung: In wenigen Ausnahmefällen darf der Arbeitgeber bereits aufgrund eines Verdachts kündigen. Er muss seinen Vorwurf dann nicht beweisen. Der bloße Verdacht genügt. Mehr Infos zur Verdachtskündigung.
Personenbedingte Kündigung
Bei einer personenbedingten Kündigung ergibt sich der Kündigungsgrund aus einem in Ihrer Person liegenden Grund. Es muss ein bestimmter Umstand bei Ihnen gegeben bzw. nicht gegeben sein, sodass Sie Ihre Arbeitsleistung nicht wie geschuldet erbringen können. Unerheblich ist, ob Sie dazu beigetragen haben, dass diese Eigenschaft entstanden bzw. weggefallen ist.
Beispiele:
- Eine Krankenpflegerin ist psychisch überlastet und wird wegen des Burn-Outs gekündigt.
- Einem LKW-Fahrer wird die Fahrerlaubnis entzogen, sodass er nicht mehr fahren darf.
Eine personenbedingte Kündigung kann aber rechtswidrig sein, wenn Sie trotz dieser Eigenschaft zukünftig Ihre Arbeit erbringen können, betriebliche Interessen nicht stark beeinträchtigt werden, eine angemessene Weiterbeschäftigungsmöglichkeit für Sie im Betrieb besteht oder Ihre Interessen, z.B. wegen Ihres hohen Alters oder der Dauer des Beschäftigungsverhältnisses, überwiegen.
Beispiel:
Die an einem Burn-Out erkrankte Krankenpflegerin kann ggf. auf einer weniger arbeitsintensiven Station eingesetzt werden.
Der Arbeitgeber ist gut beraten, Ihnen vor Ausspruch einer krankheitsbedingten Kündigung ein betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) anzubieten. Dabei suchen Sie gemeinsam nach Möglichkeiten, wie Sie im Betrieb leidensgerecht weiterbeschäftigt werden können. Wenn der Arbeitgeber Ihnen kein BEM anbietet, muss er im Prozess darlegen und beweisen, dass keine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit im Unternehmen bestand.
Betriebsbedingte Kündigung
Von einer betriebsbedingten Kündigung spricht man, wenn der Arbeitgeber Sie aus betrieblichen Gründen nicht mehr weiterbeschäftigen kann. Wegen der Häufigkeit betriebsbedingter Kündigungen gehen wir in einem eigenen Abschnitt darauf ein (s. sogleich).
Keine betriebsbedingte Kündigung ohne Grund
Der Arbeitgeber darf Ihnen auch nicht betriebsbedingt ohne Grund kündigen. Er hat zwar hier etwas mehr Freiheiten als im Rahmen der personen- oder verhaltensbedingten Kündigung. Dennoch muss er auch eine betriebsbedingte Kündigung gut begründen können.

Keine betriebsbedingte Kündigung ohne Grund
Insbesondere hat der Arbeitgeber dringende betriebliche Gründe und den dauerhaften Entfall des Beschäftigungsbedarfs darzulegen, die eine Weiterbeschäftigung ausschließen.
Beispiel:
- Der Arbeitgeber hat zu wenig Arbeit.
- Der Betrieb soll verkleinert werden, um ihn vor der Insolvenz zu retten.
Der Arbeitgeber darf nicht willkürlich aussuchen, wenn er entlässt, sondern muss eine sog. Sozialauswahl treffen. Sinn dieser Sozialauswahl ist, dass sowohl die Interessen des Arbeitgebers als auch der sozial schutzbedürftigen Arbeitnehmer angemessen berücksichtigt werden. Hier hat der Arbeitgeber Kriterien wie die Dauer der Zugehörigkeit zum Betrieb, eine Schwerbehinderung, Unterhaltspflichten und das Alter des Arbeitnehmers heranzuziehen. Häufig beachtet er die oben genannten Kriterien nicht in ausreichendem Maße, sodass die Sozialauswahl fehlerhaft wird.
Daher haben Sie gute Chancen, eine angemessene Abfindung auszuhandeln oder mit einer Klage die Wiedereingliederung in den Betrieb durchzusetzen.
Fristlose Kündigung ohne Grund ist angreifbar
Eine fristlose Kündigung beendet Ihr Arbeitsverhältnis mit sofortiger Wirkung. Da die Folgen für den betroffenen Arbeitnehmer umso gravierender sind, muss der Arbeitgeber in jedem Fall nach § 626 I BGB einen wichtigen Grund vorweisen können, wonach es ihm unzumutbar ist, den Arbeitsvertrag bis zum Ablauf der Kündigungsfrist fortzuführen. Den Grund für die fristlose Kündigung muss er Ihnen erst vor Gericht nennen oder auf Verlangen schon vorher schriftlich mitteilen.
Beispiele:
- Sie belästigen Ihre Kollegen/innen sexuell.
- Sie verletzen vorsätzlich jemanden auf dem Betriebsgelände.
- Sie brechen eine Verschwiegenheitsvereinbarung mit schweren Folgen für das Unternehmen.
Die Interessenabwägung ergibt oft, dass der Grund, auf den sich Ihr Arbeitgeber bezieht, nicht so schwerwiegend ist, dass die Zusammenarbeit unzumutbar wird. Dann liegt dem Arbeitgeber kein wichtiger Grund vor und eine Klage dagegen ist erfolgversprechend.
Dieses Risiko ist dem Arbeitgeber bewusst, sodass Sie auch hier oft eine hohe Abfindung aushandeln können.
Achten Sie auch darauf, ob Ihr Arbeitgeber zeitnah nach Ihrem angeblichen Fehlverhalten kündigt. Er muss Ihnen innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis über die Pflichtverletzung kündigen. Sonst ist die außerordentliche Kündigung ausgeschlossen. In Betracht kommt dann nur noch eine ordentliche Kündigung mit Frist.
Kann der Arbeitnehmer ohne Grund fristlos kündigen?
Auch Sie als Arbeitnehmer dürfen nicht ohne Grund fristlos kündigen. Diese Möglichkeit haben Sie nur, wenn Ihnen ein wichtiger Grund vorliegt. In aller Regel kommt die fristlose Eigenkündigung nur in Betracht, wenn der Arbeitgeber massiv gegen seine Pflichten verstoßen hat (z.B. umfangreiche Lohnrückstände, massive Verstöße gegen Unfallverhütung). Achten Sie allerdings darauf, dass Sie den wichtigen Grund später beweisen können, um mögliche Schadensersatzansprüche gegen Sie abzuwehren.
Beispiele:
- Sie werden auf der Arbeit belästigt oder gemobbt durch Ihren Vorgesetzten. Auch in seinen E-Mails greift er Sie verbal an. Speichern Sie diese E-Mails als Beweise ab.
- Die Bedingungen, unter denen Sie arbeiten, gefährden Ihre Gesundheit. Lassen Sie sich dies vom Arzt attestieren.
Sicherer ist die ordentliche Eigenkündigung, die ihnen jederzeit möglich ist. Allerdings müssen Sie dann noch während der Kündigungsfrist weiterarbeiten.
Kündigung ohne Grund im Kleinbetrieb und während der Probezeit
Falls die Mitarbeiterzahl im Betrieb zehn Personen oder weniger beträgt (Kleinbetrieb) oder Sie weniger als sechs Monate im Unternehmen arbeiten (Probezeit), gilt das Kündigungsschutzgesetz nicht. Ihr Arbeitgeber muss daher für eine fristgerechte ordentliche Kündigung keine der oben genannten Gründe vorweisen, um Sie zu entlassen.
Hier schützt Sie aber das Antidiskriminierungsgesetz und der Mindestschutz des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Ihr Arbeitgeber darf Ihnen etwa nicht aus diskriminierenden Absichten, z.B. wegen Ihres Geschlechts, Ihrer sexuellen Orientierung oder Ihrer politischen Ansicht, kündigen.
Eine fristlose Kündigung muss dahingegen immer aus einem wichtigen Grund erfolgen. Es gelten die gewöhnlichen Anforderungen, s.o.
Fazit
- Eine grundlose Kündigung ist in aller Regel angreifbar. Sie sollten so schnell wie möglich Klage erheben lassen, weil die Kündigung sonst bereits drei Wochen nach Zugang wirksam wird.
- Der Arbeitgeber benötigt einen Kündigungsgrund. In Betracht kommen verhaltens-, personen- und betriebsbedingte Umstände. Allerdings muss er den Grund der Kündigung nicht bereits im Kündigungsschreiben nennen.
- Insbesondere bei einer betriebsbedingten Kündigung muss Ihr Arbeitgeber dringende betriebliche Erfordernisse und den dauerhaften Entfall des Beschäftigungsbedarfs darlegen und eine korrekte Sozialauswahl treffen.
- Auch eine fristlose Kündigung ist ohne Grund nicht möglich. Die Anforderungen liegen hoch.
- Um einen kosten- und zeitaufwendigen Gerichtsprozess zu verhindern, sind Arbeitgeber häufig bereit, eine attraktive Abfindung zu zahlen.
- In Kleinbetrieben und während der Probezeit gilt das Kündigungsschutzgesetz nicht, sodass der Arbeitgeber auch grundlos kündigen kann. Sie sind zumindest aber durch das BGB und das Antidiskriminierungsgesetz geschützt, wenn auch geringer als andere Arbeitnehmer.
- Arbeitnehmer dürfen fristlos kündigen, wenn Ihnen ein wichtiger Grund vorliegt.
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